Studie „BUDD-e“ von Volkswagen

Der elektrische Kumpel

Die Strandrevolution beginnt in der Wüste von Nevada: Volkswagen stellt auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas den BUDD-e vor. Er ist die Neuinterpretation des Bulli-Themas. Batterie-elektrisch und vernetzt könnte er ab 2019 verkauft werden. Und das sollte er auch

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  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Las Vegas (USA), 6. Januar 2016 – Die Strandrevolution beginnt in der Wüste von Nevada: Volkswagen stellt auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas den BUDD-e vor. Er ist die Neuinterpretation des Bulli-Themas. Batterie-elektrisch und vernetzt könnte er ab 2019 verkauft werden. Und das sollte er auch.

Volkswagen kündigt mit dem BUDD-e eine „Ära der erschwinglichen Langstrecken-Elektromobilität“ an. Lassen wir den Preis vorerst weg und schauen auf die Reisetauglichkeit: Der Wagen zeigt erstmals bei der Marke Volkswagen den modularen Elektrifizierungsbaukasten MEB. Konkret bedeutet das: Im Boden zwischen den Rädern liegt eine Batterie mit einer Kapazität von 92,4 Kilowattstunden (kWh). An der Vorderachse arbeitet ein Elektromotor mit 100 Kilowatt (kW) Leistung und 200 Newtonmetern (Nm) Drehmoment; an der Hinterachse kommt eine E-Maschine mit 125 kW und 290 Nm dazu. Die mechanische Systemleistung gibt Volkswagen mit 225 kW an, in alter Währung: 306 PS. Genug für 180 km/h und sieben Sekunden für den Standardspurt.

Die Entwickler haben den BUDD-e komplett neu konstruiert. Und dabei wird das immense Potenzial des Batterie-elektrischen Antriebs bei der Gesamtgestaltung klar: Mit 4,60 Meter ist das Auto rund 30 Zentimeter kürzer als ein Multivan T6. Beim Radstand aber übertrifft er ihn mit 3,15 Meter um 15 Zentimeter. Nur in der Höhe fehlen im Vergleich zum T6 gut 15 Zentimeter. Diese Raumökonomie regt zum Gedankenspiel an – was ist auf dieser Basis alles möglich? Mindestens ein Familien-Van und ein Transporter für den Handwerker. Und ganz sicher eine Unzahl von Campingvarianten.

Allradantrieb, Allradlenkung

Die Räder sind also weit an die Außenenden der Karosserie gerückt. Ein Blick auf die Reifen zeigt, dass augenscheinlich ähnlich wie beim BMW i3 das „Large & Narrow“-Prinzip zum Tragen kommt: Wenig Breite trifft auf viel Durchmesser, was in Kombination mit erhöhtem Druck zu weniger Rollwiderstand führt. Der Wendekreis liegt bei 11,5 Metern; auch ein Ergebnis der Hinterachslenkung, die zugleich die Dynamik erhöhen soll.

Die Reichweite im NEFZ gibt Volkswagen mit 533 Kilometern an. Nach den Erfahrungen des Autors mit anderen Batterie-elektrischen Autos vom Renault Zoe bis zum Tesla Model S dürften die 92,4 Kilowattstunden des Speichers bei Richtgeschwindigkeit für ungefähr 350 Kilometer reichen. Wer langsamer fährt oder sich gar hinter einen klassischen T3-Camper mit Dieselmotor einreiht, schafft natürlich mehr – aber nein, lieber nicht. Wer will freiwillig Abgase einatmen?

Unklar: Mit 800 Volt auf 350 kW Ladeleistung ausgelegt?

Bei der Ladezeit macht Volkswagen unterschiedliche Angaben: Einmal wird von 30 Minuten bis zu einem State of Charge von 80 Prozent gesprochen und dann perspektivisch von einer Verkürzung auf 15 Minuten. Der erste Wert bezieht sich auf die CCS-Säulen mit einer Leistung von 150 kW. Der zweite Wert, und hier wird es interessant, erklärt sich nur über die mehrfach diskutierte Steigerung auf bis zu 350 kW. Das wiederum aber würde bedeuten, dass der BUDD-e auf 800 statt auf 400 Volt ausgelegt ist. Die Pressemitteilung ist hier nicht eindeutig.

Der Volkswagen-Konzern entwickelt mit dem MEB eine gemeinsame Basis für alle Marken. Vergleicht man die drei zuletzt gezeigten Konzepte, also den Audi e-tron quattro concept, den Porsche Mission E und jetzt den BUDD-e, fallen die grundsätzlichen Elemente auf: Gut 90 kWh Batteriekapazität, Allradantrieb und Allradlenkung, DC-Schnellladung mit mindestens 150 kW und potenziell 350 kW. Vergessen Sie MQB, merken Sie sich MEB.

Ein kurzer Abschluss zum Kapitel Laden: Zu Hause kann entweder mit Kabel oder induktiv Strom getankt werden. Auch das ist in dieser Form bei der Audi-Studie zur IAA präsentiert worden; Fachkreise berichten von 11 kW AC-Ladeleistung im berührungslosen Modus.

Vorbild Tesla Motors

Dieser Beitrag kann nicht geschrieben worden, ohne Tesla Motors zu erwähnen. Das Package des MEB hat Ähnlichkeit mit dem Model S. Es ist eine Spekulation, aber wenn Elon Musk es nicht geschafft hätte, seine Autos in Serie zu produzieren, wäre Volkswagen vielleicht erst Jahre später aktiv geworden. Und genau bei der Schwäche des kalifornischen Herstellers, nämlich dem hohen Preis, sagt Volkswagen, in naher Zukunft könnten die Autos „erschwinglich“ werden.

Die günstigste Version des Tesla Model S mit 90 kWh Batteriekapazität kostet 98.000 Euro. Wenn Wolfsburg den Begriff der Bezahlbarkeit mit Leben füllen will, dürfte ein Grundpreis von 50.000 Euro nicht überschritten werden. Oder was halten Sie für einen realistisch machbaren und annehmbaren Preis? Bitte vergessen Sie dabei nicht: Auch für ein Sharan TDI mit einigen Extras sind leicht 50.000 Euro fällig, und beim Bus ist es eine lange Tradition, freche Kurse aufzurufen.

Bauen, nicht nur zeigen

Zurück zum BUDD-e. Der steht auf der CES, weil diese Messe für die Autoindustrie immer wichtiger wird. Hier verschmelzen IT und Karosserieblech. Die Studie ist darum außerdem mit etlichen Features ausstaffiert, die dem aktuellen digitalen Anspruch gerecht werden. Das reicht von der Fahrautomatisierung über die Abschaffung von Schaltern und Knöpfen durch Gesten-, Berührungs- und Sprachsteuerung bis zur Internetanbindung ans eigene Haus.

Volkswagen sagt, der BUDD-e könnte ab 2019 auf den Straßen fahren. Her damit! Es ist höchste Zeit für die Auslieferung dieses Multifunktionsstromers. An den Surfspots würde er sich schnell durchsetzen. Und vielleicht heißt er dann BULL-e.