Tschechisches Brüderchen: Skoda Citigo im Fahrbericht

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Lissabon, 20. Februar 2012 – Wenn ein Auto, ein bisschen kosmetisch korrigiert, gleich von drei Herstellern verkauft wird, werden die Fahrpräsentationen zwei und drei zwangsläufig zu einer Art Déja-vu-Erlebnis. Denn technisch unterschieden sich die drei Konzernbrüder VW Up, Seat Mii und Skoda Citigo so gut wie gar nicht. Sie kommen sogar aus demselben Werk im slowakischen Bratislava. Der Skoda wird wie der Seat eben ein bisschen günstiger angeboten werden als der VW, die Front und die Instrumententafel etwas anders gestaltet, das war´s. Oder doch nicht? Ein paar kleine Unterschiede fanden wir dann doch bei unseren Testfahrten mit dem tschechischen Vertreter des Trios.

In der Stadt reichen 60 PS

Wie der Up wird der Citigo zunächst ausschließlich mit zwei Einliter-Dreizylinder-Benzinern angeboten, die 60 und 75 PS leisten. Der Unterschied zwischen den beiden Aggregaten besteht nur in der anders programmierten Motorsteuerung. Bei unserer Testfahrt stellte sich bald heraus: Der 60-PS-Benziner ist für den Stadtverkehr völlig ausreichend. Im Vergleich zum 75-PS-Motor fühlt sich das Basisaggregat dort meist nicht schwächer an.

Per Software gedrosselt

Das wird verständlich, wenn man die Drehmomentkurven vergleicht: Bis 4500 Touren unterscheiden sie sich kaum. Die unterschiedliche Maximalleistung ergibt sich hauptsächlich dadurch, dass die Kurve beim schwächeren Aggregat danach bald absinkt. Die 60-PS-Version erreicht ihr Leistungsmaximum bei 5000 Touren, der 75-PS-Motor erst bei 6200 U/min. Im Stadtverkehr dreht man den Motor aber nur selten so hoch aus. Das Maximaldrehmoment ist bei den zwei Aggregaten identisch: 95 Nm. Es steht bei beiden zwischen 3000 und 4300 Touren zur Verfügung.

In 14,4 Sekunden auf Tempo 100

Anders sieht es außerorts bei hohem Tempo aus, vor allem, wenn es dann noch bergauf geht. Dann ist bei dem 60-PS-Motörchen öfter auch mal das Zurückschalten in den zweiten oder dritten Gang angesagt, während der 75-PS-Kollege hier besser klarkommt. Die Daten verraten jedoch, dass man bei beiden Versionen keine Wunder erwarten darf: Der Sprint dauert beim 60-PS-Citigo 14,4 Sekunden, bei 160 km/h ist Schluss. Die stärkere Variante sprintet in 13,2 Sekunden und wird bis zu 171 km/h schnell.

Dafür bleibt der Verbrauch bescheiden. Beim 60-PS-Aggregat wird er mit 4,5 Liter auf 100 Kilometer angegeben. Auf unserer Ausfahrt bei maximal 120 km/h zeigte der Bordcomputer einen Durchschnitt von 5,5 Liter an. Weniger verbraucht die Spritsparversion, die hier nicht Greenline heißt wie sonst bei Skoda, sondern Green tec. Durch eine Start-Stopp-Automatik, Bremsenergierückgewinnung und Leichtlaufreifen sinkt der Herstellerverbrauch bei dieser Version um 0,4 Liter.

Zuverlässiges Anti-Kollisionssystem

Das Fahrwerk des Citigo scheint etwas härter abgestimmt zu sein als beim Up, jedenfalls rumpelt es zuweilen auf schlechten Straßen. Vom Up her bekannt ist das Anti-Kollisionssystem, das den Aufprall auf stehende Hindernisse bei 5 bis 30 km/h vermeiden kann. Bei unserem Test des VW Up funktionierte das in unserem Testwagen – als einzigem von rund zwei Dutzend Autos – nicht hundertprozentig: Wir prallten stets auf das Aufblas-Hindernis auf. Die Erklärung von VW: Ein Mechaniker hatte das Bremssystem nicht richtig entlüftet. Deswegen erprobten wir das System beim Citigo erneut. Resultat: Bei vier Anläufen stoppte das Auto stets zuverlässig etwa zehn Zentimeter vor dem Plastikhindernis.

Tristes Armaturenbrett

Im Innenraum gibt es deutliche Unterschiede zum Up. Wir fuhren eine Elegance-Ausstattung – das ist die Topvariante. Dennoch sieht das Interieur im Vergleich zu den höherwertigen Up-Versionen wie White Up oder Black Up enttäuschend aus. Das Armaturenbrett ist aus Hartplastik, dessen Oberfläche die Struktur von Leder nachahmt. Während das in Schwarz noch ganz okay aussieht, ist es in Beige hässlich – kein Vergleich zu den blanken, farbigen "Dash Pads" im Up. Außerdem zeigen Bordcomputer und Bordradio ihre Daten auf dunkelgrünen LCD-Feldern an, die etwas trist und altmodisch wirken.

Wie beim Up gibt es ein Mobilnavi, das auf einer Halterung in der Mitte des Armaturenbretts thront - ein schönes Detail. Das Navi funktioniert gut, ist gut ablesbar und leicht bedienbar. Hier lassen sich auch die Bordcomputer-Daten ablesen. Doch das bleibt Spielerei, denn man kann die Zahlen für Momentan- und Durchschnittverbrauch und dergleichen genauso gut im LCD-Display der Hauptinstrumente ablesen.

Kein Kofferraum-Einlegeboden

Schmerzlich aufgefallen ist uns das Fehlen des Einlegebodens im Kofferraum – einem sehr praktischen Detail, das im Up erhältlich ist. Im Citigo präsentiert sich der Kofferraum stattdessen als tiefes Loch mit hohem Rand. Nach dem Umlegen ergibt sich so auch kein planer Ladeboden. Da mag dann der Kofferraum – er misst ähnlich wie im Up 251 bis 959 Liter – der größte seiner Klasse sein, aber die Nutzbarkeit ist eingeschränkt. Die von Skoda gerühmten cleveren Details, wie ein Fotohalter am Armaturenbrett, ein Taschenhaken am Handschuhfach oder Gepäcknetze für den Kofferraum, können das aus unserer Sicht nicht aufwiegen. Ebenso bedauerlich, aber beim Up genauso: Im Fond gibt es Ausstellfenster statt versenkbarer Scheiben, und zwar beim Fünftürer genauso wie beim Dreitürer.

Noch keine Preise

Die Preise und Ausstattungen für den Citigo lagen bis Redaktionsschluss noch nicht vor. In Tschechien ist der Citigo für umgerechnet 7200 Euro zu haben, allerdings ohne ESP. Der VW Up kostet in Deutschland mindestens 9850 Euro. Zwischen diesen beiden Extremen wird der Preis wohl liegen. Unser Tipp wäre ein Betrag um die 9000 Euro. Das wäre ein marktkonformer Preis. Damit läge das Auto gleichauf mit dem Kia Picanto, der in der Basis ebenfalls als Dreitürer mit einem Dreizylinder-Benziner daherkommt. Er ist allerdings mit 69 PS etwas stärker als unser 60-PS-Modell. Die Fahrleistungen sind praktisch identisch, und auch beim Verbrauch liegen beide Fahrzeuge eng beieinander: Kia gibt 4,2 Liter an, Skoda 4,5 Liter. Die Preise für den Citigo werden zum Genfer Autosalon im März 2012 bekannt gegeben. Markteinführung in Deutschland ist in der ersten Juniwoche.