Autonomes Fahren: Wo stehen deutsche Hersteller und Zulieferer aktuell?

Seit etwa 20 Jahren beschäftigt die Autoindustrie ein neuer Vorstoß in Richtung des Computer-chauffierten Autos. Was taten die deutschen Hersteller?​

Artikel verschenken
In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 116 Kommentare lesen
autonomes Fahren

Tetris im Stau auf der Mittelkonsole spielen: Das Auto kommt auch mal kurz allein klar.

(Bild: Mercedes-Benz)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Im ersten Teil dieser Betrachtung beschäftigten wir uns mit der Geschichte des Hype Cycles autonomer Vehikel (AV) ab dem Jahr 2005. Wir beleuchteten dort zudem die Versuche, gleich auf SAE-Level 4 oder 5 vorzuspringen. In diesem zweiten Teil geht es um die Fahrzeughersteller, die aus Finanzierungsgründen oft den Weg kleinerer Verbesserungsschritte gingen, auch wenn zu den höchsten Hype-Zeiten natürlich jeder Hersteller mindestens ein Pseudo-AV zeigte.

Der Anspruch der deutschen Fahrzeugindustrie war stets, technologisch ganz vorne mitzumischen, und das betraf natürlich auch die Fahrautomatisierung. Während jedoch Investoren in Amerika auch mal 20 Jahre lang Geld zur Verbrennung bereitstellen, sieht das in Europa schon ganz anders aus und in Deutschland wirkt es oft ganz besonders mager, wie deutsche Start-ups bitter erleben müssen. Deshalb war deutschen Automanagern von Anfang an klar, dass Fahrautomatisierung in der Breite mit niedrigeren Schwellen zwischen Investitionen und Produkten stattfinden muss, um finanzierbar zu sein. Nachdem einige sehr entspannende Level-2-Fahrhilfen am Markt etabliert waren, ging es daran, den nächsten Schritt zu tun.

Lassen wir Hondas mit 100 Einheiten eher bescheidenen Level-3-Versuch von 2021 einmal außen vor und gehen zum ersten Großserien-Produkt von Mercedes-Benz, dem "Drive Pilot". Die Stuttgarter boten in wie immer enger Zusammenarbeit mit den Behörden Baden-Württembergs 2022 das erste Level-3-System an, das bis 60 km/h auf entsprechend kartographierten Strecken durch den Stau fuhr und dabei komplett die Kontrolle übernahm. Wir durften also auf dem Fahrersitz Filme gucken, natürlich von Kameras überwacht, denn statt eine Leitzentrale rufen Level-3-Systeme den Fahrer zu Hilfe, wenn sie überfordert werden. Das System übernimmt nur auf bestimmten Strecken und nur bei gutem Wetter. Schon eine nasse Fahrbahn (ermittelt durch einen Feuchtesensor im Radkasten) schaltet die Zustandsmaschine auf "Computer sagt nein".