BMW M 1000 RR - das erste Bike von der M GmbH

Das erste von der M GmbH getunte Motorrad basiert auf BMWs Superbike S 1000. Es ist das stärkste und schnellste Bike, das bei BMW auf die Räder gestellt wurde.

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BMW M 1000 RR - das erste Bike von der M GmbH

(Bild: BMW)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Bereits seit Jahrzehnten lässt BMW seine sportlichen Autos bei der hausinternen M GmbH verfeinern, jetzt kommt das erste BMW-Motorrad mit dem M in der Modellbezeichnung. Das ohnehin schon sehr starke Superbike S 1000 RR wurde in jedem Detail verschärft und nun als M 1000 RR präsentiert. Mit 212 PS und 306 km/h ist sie die schnellste Serien-BMW aller Zeiten.

Allen, die mit dieser Bodenrakete im Alltag fahren wollen, sei gesagt: Die BMW M 1000 RR verfügt zwar über eine Straßenzulassung, ist aber kompromisslos auf den Rennstreckenbetrieb ausgelegt. Die M 1000 RR wurde aus zwei Gründen entwickelt: Zum einen für die Kunden, die auf der Rundstrecke maximale Performance haben wollen und zum anderen für BMW selbst, um endlich in der Superbike-WM zu gewinnen.

BMW M 1000 RR Exterieur (8 Bilder)

Die M 1000 RR ist das erste Motorrad, das von der BMW M GmbH entwickelt wurde. Sie basiert auf der S 1000 RR, wurde jedoch in allen Details verfeinert.

Auf den Titel hat seit fünf Jahren die Kawasaki ZX-10 RR mit Johnny Rea im Sattel ein Abo. Markus Schramm, Chef von BMW Motorrad, möchte das dringend ändern. Die M 1000 RR wird das neue Homologationsmodell für den Einsatz von BMW in der Superbike-WM, die Produktion wird aber nicht auf die mindestens erforderliche Stückzahl von 500 begrenzt. Offensichtlich verspricht sich BMW gute Absatzzahlen von der M-Version.

Die M 1000 RR kostet 32.168 Euro (der zurzeit gesenkte Mehrwertsteuersatz auf 16 Prozent verursacht die krumme Summe). Sicher am wichtigsten ist die Überarbeitung des Motors durch die M GmbH. Im mittleren Drehzahlbereich stellt der Reihenvierzylinder mehr Drehmoment zur Verfügung und sein Drehzahllimit wurde von 14.600/min auf 15.100/min angehoben. Die Leistung stieg leicht von 207 auf 212 PS, das maximale Drehmoment von 113 Nm bei 11.000/min bleibt gleich.

Um diese vermeintlich kleinen, aber möglicherweise entscheidenden Steigerungen zu erreichen, musste die M GmbH viel Detailarbeit leisten, denn der Motor der S 1000 RR (Test) ist ja bereits eine ziemlich hochgezüchtete Basis. So kommen nun Titan-Pleuel des österreichischen Herstellers Pankl zum Einsatz, die länger als die Serien-Pleuel sind, aber je 85 Gramm Gewicht sparen. Die Zwei-Ring-Schmiedekolben von Mahle sind je 12 Gramm leichter, reduzieren die Reibung und verfügen über zwei zusätzlich verstärkende Querstege. Der Kolbenboden und die Form des Brennraums wurden optimiert und die Verdichtung auf 13,5:1 erhöht.

Die M 1000 RR verfügt weiterhin über die Shift-Cam-Technik zur Variation von Steuerzeiten und Ventilhub auf der Einlassseite. Beides in Kombination macht den Motor grundsätzlich elastischer, das Drehmoment verteilt sich über einen weiteren Drehzahlbereich. Die variablen Ansaugtrichter sind kürzer als beim Basismodell, die Einlasskanäle wurden überarbeitet und bei der M 1000 RR besitzt nun auch die Auslassseite Federteller aus Aluminium, dazu kommt ein geändertes Ventilfederpaket. Die Schäfte der Titanventile sind hohlgebohrt und die Breite der Schlepphebel von 8 auf 6,5 mm reduziert, sodass sich eine Gewichtsersparnis von 0,45 Gramm pro Schlepphebel ergibt. Das mag wenig klingen, muss bei dem hochdrehenden Renntriebwerk aber nötig gewesen sein, sonst hätten sich die Ingenieure den Aufwand sparen können.

Jede Veränderung in einem Hochleistungsmotor erfordert ihrerseits zahlreiche Nacharbeiten, so mussten etwa die Lagerbrücken der Nockenwellen verstärkt und die Steuerzeiten angepasst werden. Die Anti-Hopping-Kupplung ohne Selbstverstärkung erfordert zwar etwas höhere Handkräfte, aber dafür sind die Rennstarts besser dosierbar. Mit der Abgasanlage von Akrapovic und ihrem Endschalldämpfer aus Titan ist die Maschine laut Datenblatt exakt 3657 Gramm leichter als die S 1000 RR.

Die Summe der Maßnahmen verbessert im Vergleich zur S 1000 RR das Beschleunigungs- und Durchzugsvermögen in allen Bereichen um ein oder mehrere Zehntelsekunden – auf der Rennstrecke sind das Welten. Die Höchstgeschwindigkeit steigt auf 306 km/h und mit der optionalen Rennstreckenübersetzung sind es sogar 315 km/h. Den Sprint von null auf hundert km/h gibt BMW für die M 1000 RR mit 3,1 Sekunden an.

Natürlich erfordert die brachiale Leistung ausgeklügelte elektronische Assistenzsysteme. So bietet die M 1000 RR die Fahrmodi "Rain", "Road", "Dynamic", "Race" und die selbst konfigurierbaren Modi "Race Pro 1-3" sowie die neueste Generation der dynamischen Traktionskontrolle DTC und DTC-Wheelie-Funktion mit einer Sechs-Achsen-Sensorbox. Ein Schaltassistent zum Hoch- und Runterschalten ohne Kupplung und eine Launch-Control für rasante Starts sind ebenfalls an Bord. An die Bedürfnisse der Rennfahrer dachte BMW mit dem Einbau eines Pit-Lane-Limiters für die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit in der Boxengasse. Ob der – hoffentlich – erfahrene Pilot einer M 1000 RR aber wirklich mit der "Hill Start Control Pro" eine Anfahrhilfe an Steigungen benötigt, sei dahingestellt.

Für Rennfahrer oft noch wichtiger als die schiere Kraft ist das Fahrwerk. Der Brückenrahmen aus Aluminium blieb unangetastet, aber die M 1000 RR erhielt eine neue Fahrwerksgeometrie. Der Lenkkopfwinkel wurde mit 66,4 Grad flacher und der Offset der Gabelbrücken um drei auf 26,5 Millimeter reduziert. Dadurch verlängert sich der Nachlauf auf 99,8 Millimeter. Neu ist die einteilige Aluminiumschwinge die auf 618,3 Millimeter verlängert wurde, wodurch auch der Radstand auf 1457 Millimeter wächst.

BMW M 1000 RR Details (7 Bilder)

Für mehr Abtrieb erhielt die M 1000 RR Winglets, wie sie von der Superbike-Konkurrenz schon eingesetzt werden.

Der Schwingendrehpunkt ist nun noch vielfältiger einstellbar. Die voll einstellbare Upside-down-Gabel wurde von der S 1000 RR übernommen, hat aber nun leichtere Gabelbrücken und geänderte Gabelfüße für die Bremszangenaufnahmen. Letzteres war nötig, weil die M GmbH zusammen mit dem japanischen Spezialisten Nissin eigens für die M 1000 RR neue und noch leichtere Bremsen entwickelt hat. BMW behauptet, dass "sie derzeit die Spitze der Bremsenentwicklung" markiert. Das Federbein wurde ebenfalls überarbeitet und die Hebel-Kinematik ist nun auf einer Länge von sechs Millimeter mehrfach einstellbar.

Selbstverständlich hat BMW umfassenden Leichtbau betrieben. Den größten Anteil an der Gewichtsersparnis dürften mit zusammen 1,7 Kilogramm die Carbon-Räder haben. Hier lohnt sich Gewicht sparen gleich doppelt, denn gleichzeitig verbessern die reduzierten ungefederten Massen das Handling. Die Lithium-Polymer-Batterie wiegt nur 1288 Gramm. Insgesamt ist die M 1000 RR mit 192 kg fünf Kilogramm leichter als die S-Version. Vorn lasten nur noch 51,1 Prozent des Gewichts anstatt 53,8 Prozent.

BMW verspricht höchste Fahrpräzision und optimierte Fahrstabilität bei hohen Geschwindigkeiten durch die neuen Winglets an der Vollverkleidung – beides natürlich aus Kohlefaserlaminat. Die M 1000 RR hat viele Stunden im Windkanal verbracht, um die seitlichen Flügel zu gestalten. Sie produzieren bei Tempo 300 einen Abtrieb an der Front um 13,4 Kilogramm, doch auch das Heck wird mit zusätzlichen 2,9 Kilogramm nach unten gedrückt. Der Windschild wuchs in die Höhe, um den Fahrer besser zu schützen. BMW verspricht, dass sich durch die optimierte Aerodynamik die Rundenzeiten um etliche Zehntelsekunden verbessern.

BMW liebt offenbar optionale Pakete und so wird für die M 1000 RR noch das M Competition Paket angeboten, das wiederum zwei Pakete und ein paar Extras umfasst, die auch einzeln bestellt werden können. Im M Competition Paket für 3997 Euro ist die M GPS Laptrigger Software enthalten, die im 6,5 Zoll (16,51 cm) großen TFT-Display alles über Rundenzeiten und Motorradeinstellungen anzeigt. Zudem ist das M Frästeilepaket mit Brems- und Kupplungshebeln, Fußrastenanlage, Bremshebelschutz und Motorprotektor enthalten sowie das M Carbonpaket mit klar lackierten Abdeckungen für Vorder- und Hinterrad und Antriebsritzel, einem Kettenschutz sowie die Seiten- und Tankverkleidungen aus Kohlefaserlaminat. Auch eine silbern eloxierte und 220 Gramm leichtere Schwinge, die wartungsfreie DLC-beschichtete Kette und das Soziuspaket inklusive Höckerabdeckung sind im M Competition Paket enthalten.

Doch damit nicht genug, BMW will schließlich Rennen in den Klassen Superstock und Superbike sowie bei Langstreckenrennen gewinnen und bietet deshalb als Kundensportkonzept interessierten Teams Kit-Motoren, Kit-Elektronik, Race-Abgasanlagen, Tank-Sitzbank-Konfigurationen und Race-Body-Kits an. Die Teile verfügen selbstverständlich nicht über eine Straßenzulassung, dafür aber über noch mehr Race-Performance. Die Kosten teilt BMW nur auf Anfrage mit.

Das erste von der M GmbH entwickelte Motorrad ist gleichzeitig das stärkste und schärfste Bike, das BMW je auf die Räder gestellt hat. Das Superbike wird in den typischen M GmbH-Farben weiß, blau und rot lackiert. Kuriosität am Rande: BMW betreibt zwar einen irrwitzigen Aufwand beim Leichtbau, verbaut aber serienmäßig eine Griffheizung und eine USB-Ladebuchse. Ein bisschen Luxus muss wohl auch auf der Rennstrecke sein.

Hersteller BMW
Modell M 1000 RR
Motor und Antrieb
Motorart Otto
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 999
Leistung in kW (PS) 156 (212)
bei U/min 14.500
Drehmoment in Nm 113
bei U/min 11.000
Antrieb Dichtringkette
Getriebe Sequenzielles Schaltgetriebe
Gänge 6
Fahrwerk
Radaufhängung vorn Upside-down-Gabel; Federweg in mm: 120
Radaufhängung hinten Zweiarmschwinge mit Zentralfederbein; Federweg in mm: 117
Reifengröße vorn 120/70-17
Reifengröße hinten 200/55ZR17
Bremsen vorn Doppelscheibe, 320 mm; Vierkolben-Festsattel
Bremsen hinten Einzelscheibe, 220 mm; Zweikolben-Festsattel
Lenkkopfwinkel in Grad 66,4
Maße und Gewichte
Radstand in mm 1457
Gewicht leer in kg 192
Tankinhalt in Litern 16,5
Sitzhöhe in mm 832

(fpi)