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Seite 2: Modularer Akkurahmen

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Die Lösung von Ample ist daher ein modulares System. Anstatt die gesamte Batterie herauszunehmen und eine neue einzuschrauben, plant das Start-up, mehrere kleinere Akkupacks in einen Rahmen zu stecken. Das senkt die Kosten für die Maschinerie, die zum Wechsel der Batterien benötigt wird, da die Bauteile kleiner sind, sagt de Souza.

Und vor allem könnte dieses modulare Design es den Autoherstellern leichter machen, mitzuziehen, hofft de Souza. Die Vision von Ample sei, dass die Fahrzeughersteller ihre E-Autos künftig mit einem passenden Freiraum für den Austauschakkusatz ausliefern. Ample könnte dann die notwendige Hülle für das jeweilige Fahrzeug bauen und so viele Module einsetzen, wie hineinpassen.

Die Anzahl der Module kann sowohl an die Größe des Fahrzeugs (in einen Kleinwagen passen weniger Module als in einen großen Geländewagen) als auch an die Bedürfnisse des Fahrers angepasst werden – so könnte ein Nutzer nur wenige Module für den täglichen Gebrauch einsetzen lassen und mehr, wenn er auf eine lange Reise geht, sagt de Souza.

Bislang sind die Wechselstationen von Ample mit zwei Fahrzeugmodellen kompatibel, in denen die Spezialbatterien des Unternehmens installiert sind: dem Nissan Leaf und dem Kia Niro. Laut de Souza funktioniert das System mit 13 Fahrzeugmodellen, obwohl noch keine weiteren Automobilhersteller als Partner bekannt gegeben wurden.

Beobachter sind allerdings skeptisch, dass diese abgewandelte Vision des schnellen Batteriewechsels für E-Autos praktikabel ist. "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dies die primäre Art und Weise sein wird, wie wir die Batterien künftig für unsere Fahrzeugflotten managen werden", sagt Jeremy Michalek, Professor für Technik und Public Policy an der Carnegie Mellon University.

Jede Marke und jedes Modell eines Elektrofahrzeugs, das heute auf den Straßen unterwegs ist, hat ein anderes Batteriedesign, eine anderen Aufbau und oft auch eine andere Akkuchemie. Der Austausch erfordert eine Standardisierung – und selbst wenn die Module eine gewisse Anpassung ermöglichen, wäre das immer noch ein großes Hindernis für die Autohersteller. "Es ist eine große Einschränkung, Module gleicher Größe in verschiedene Fahrzeuge einzubauen", sagt der Experte.

Während Anbieter wie Ample darauf abzielen, ein standardisiertes Ökosystem für den Austausch von Modulen zu schaffen, bauen einige Automobilhersteller ihre eigene Infrastruktur auf, die ihnen mehr Kontrolle über die Details gibt. In China hat sich etwa Nio als einer der Hauptakteure beim schnellen Batteriewechsel etabliert. Der Autohersteller hat etwa 1.400 kommerzielle Stationen im Einsatz, die meisten davon in seiner Heimat, aber das Unternehmen hat auch damit begonnen, die Aktivitäten auf europäische Länder wie Norwegen und die Niederlande auszuweiten. Das Ziel ist es, bis Ende 2023 bis zu 2.300 Stationen zu installieren.

Das Hauptargument für die Kunden sei die Bequemlichkeit, sagt Fei Shen, Senior Vice President of Power Management bei Nio. "Wenn wir die Batterien tauschen, ist die Zeit gut so lang wie beim Tanken", sagt er. Mit den Wechselstationen von Nio können die Akkus in einem Stück getauscht werden. Das Unternehmen bietet drei verschiedene Batterieoptionen mit unterschiedlichen Kapazitäten an, die jeweils in alle von ihm hergestellten Fahrzeuge passen.

Die Kunden von Nio müssen die Batterien aber nicht wechseln – die Fahrzeuge können auch an Schnellladestationen, die Nio ebenfalls baut, aufgeladen werden. Aber die Option ist da – und die Leute nutzten sie, sagt Shen. Der Autohersteller hat 300.000 Fahrzeuge auf der Straße, und nach Angaben des Unternehmens haben etwa 60 Prozent der Fahrer die Wechselstationen bereits genutzt. Insgesamt haben die Stationen des Unternehmens 20 Millionen Tauschvorgänge durchgeführt. Die neuesten Modelle können 400 pro Tag durchführen.

Nio ist nicht das einzige Unternehmen, das sich in China um das Thema bemüht. Insgesamt planen sechs chinesische Firmen, Nio eingeschlossen, bis zum Jahr 2025 rund 26.000 Batteriewechselstationen im Land zu installieren, so die Prognosen des Researchunternehmens BNEF.

Diese Bemühungen könnten im oberen Segment des Marktes erfolgreich sein, doch es ist wohl unwahrscheinlich, dass Unternehmen wie Nio in der Lage sind, die große Mehrheit der Autofahrer zu bedienen, sagt Gil Tal, Direktor des Forschungszentrums für Plug-in-Hybrid- und Elektrofahrzeuge an der University of California, Davis. "Ich denke, es ist eine sehr teure Lösung", sagt er. Die Unternehmen, die das Geschäft betreiben, müssen nicht nur teure Wechselstationen bauen (die nach ersten Schätzungen etwa doppelt so teuer sind wie eine entsprechende Schnellladestation), sondern auch eine komplizierte Technik warten. Shen von Nio räumt ein, dass das ein Problem sein kann und es teuer ist, die Anlagen zuverlässig zu betreiben.

Nio und einige andere Unternehmen, die Batterien tauschen, planen daher, ihren Kunden eine monatliche Gebühr für Batterien und die Wechselprivilegien zu berechnen. In Norwegen belaufen sich die Kosten für die Nio-Batterie mit der geringsten Kapazität auf etwa 135 Dollar pro Monat (der Komplettkauf der Batterie würde rund 8.500 Dollar kosten).

Die relativ kleine Zeitersparnis, die ein Batteriewechsel mit sich bringt, ist diese zusätzlichen Kosten und Mühen möglicherweise nicht wert. "Die meisten Fahrer von Elektroautos fahren nicht mehr als die Reichweite des Fahrzeugs", sagt Tal. Für die wenigen, die das nicht tun, sei der 15- bis 20-minütige Aufenthalt an einem Schnelllader kein größeres Hindernis als der Wechsel der Batterie. Moderne Ladestationen werden immer flotter. Das Tesla-Supercharging-Netz bietet heute eine Ladeleistung von bis zu 250 Kilowatt – genug, um die Reichweite in 15 Minuten auf 320 Kilometer zu bringen. Noch modernere Systeme, die heute schon eingesetzt werden, erreichen 350 Kilowatt.

Es gibt aber Bereiche, in denen der schnelle Batteriewechsel mit seiner Geschwindigkeit den Nutzern etwas wert ist: Etwa bei Fahrzeugen der Luxusklasse, Lieferwagenflotten oder Taxis. Im Privatkundenbereich dürfte die Ladesäule der Normalfall bleiben.

(jle)