Für neuen Akku zum nächsten Fenster vorfahren, bitte!

Die Firma Ample will das Aufladen von Elektroautos so leicht machen wie das Auftanken von Benzinern. Hat sie Erfolg, wo andere scheiterten?

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Akkutausch bei Ample

Anlage zum Akkutausch bei Ample. (Video-Screenshot)

(Bild: Ample)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Casey Crownhart
Inhaltsverzeichnis

Wer ein E-Auto hat, weiß: Geht einem der Saft aus, fährt man an eine Stromtankstelle. Das Problem: Es dauert – von Schnellladern einmal abgesehen – vergleichsweise lange. Ein US-Unternehmen plant nun, eine Alternative aufzuzeigen: Sie will volle Akkus gegen leere tauschen. Die Idee ist nicht neu, doch das Start-up Ample aus San Francisco glaubt, mit einem neuen Ansatz punkten zu können.

Das Batteriewechselsystem von Ample reiht sich in eine Reihe von Unternehmen ein, die ähnliche Ideen haben und hatten. Der Batterietausch soll den Komfort und die Schnelligkeit eines Tankstellenbesuchs bieten, was laut seiner Befürworter dazu beitragen könnte, die Reichweite von Elektroautos zu erweitern und damit deren Akzeptanz zu erhöhen. Kritiker sind jedoch skeptisch und betrachten Batteriewechselstationen als eine (zu) teure Lösung, die bestenfalls eine Nische der elektrischen Mobilität bedienen wird.

Die neuen Tauschstationen von Ample sind ein optischer Hingucker: Sie sehen aus wie Autowaschanlagen im Silicon-Valley-Design, in strahlendem Weiß und mit abgerundeten Ecken. "Unsere ganze Vision ist, dass wir ein Erlebnis bieten wollen, das so schnell, erschwinglich und bequem ist wie Benzintanken", meint Hamid Schricker, Produktdirektor von Ample.

Eine Ample-Station hat die Grundfläche von etwa zwei Autoparkplätzen und bietet eine Form von Drive-Through-Service. Sobald ein Fahrzeug zum Tausch bereit ist, fährt der Fahrer an die Station heran. Ein Tor schiebt sich nach oben und gibt den Blick auf eine Plattform im Inneren frei. Auf diese fährt man dann – geleitet durch Lichtzeichen ein bisschen wie bei einer Waschanlage – herauf. Dann betätigt man einen Knopf in der Ample-App und der eigentliche Akkuwechsel beginnt.

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Die Plattform der Station hebt das Fahrzeug und seine Insassen einige Meter an, und dann macht sich die integrierte Mechanik an die Arbeit, entnimmt die verbrauchten Akkumodule aus dem Fahrzeug und setzt neue ein. Wenn der Austausch abgeschlossen ist, senkt die Plattform das Fahrzeug wieder auf die Straße ab, und der Fahrer kann mit frischen Batterien wieder losfahren.

Die entladenen Batterien werden in der Station selbst über mehrere Stunden aufgeladen und können dann später in ein anderes Fahrzeug eingesetzt werden. Man lade extra langsam, um die Akkulebensdauer zu verlängern, sagt John de Souza, Mitbegründer und Präsident von Ample. Die Anzahl der möglichen Tauschvorgänge wird allerdings durch das vorhandene Stromnetz begrenzt. Eine Station mit einem 100-Kilowatt-Anschluss kann so im Laufe eines Tages 48 Batterien mit einer Kapazität von jeweils 50 Kilowattstunden laden und austauschen.

Ample hat bereits ein Dutzend seiner Tauschstationen der ersten Generation in der Umgebung von San Francisco installiert. Zusammen führen sie jeden Tag einige hundert Tauschvorgänge durch, die jeweils etwa 10 Minuten dauern, sagt de Souza. Das Start-up arbeitet dafür mit dem Fahrvermittler Uber zusammen, um zu demonstrieren, dass der Batteriewechsel auch bei anspruchsvollen Anwendungen wie Mietwagen hilfreich sein kann. Die ultimative Vision ist jedoch, ganz normale Pendler oder Reisende mit dem System zu versorgen – als eine Art "Drop-in"-Lösung statt des üblichen Stromtankens.

Der Bau der Tauschstationen ist allerdings teurer als der Bau von Schnellladestationen. Ample selbst macht bislang keine genauen Angaben dazu. Man sei aber unter den aktuell bekannten Preisen der Konkurrenten und Vorbilder, bei denen bis zu einer Halben Million Dollar pro Anlage zusammenkam.

Ample ist bei weitem nicht das erste Unternehmen, das sich mit dem Thema schneller Batteriewechsel beschäftigt. Selbst Tesla erforschte das Konzept einst und demonstrierte die Technologie 2013 in seinem Model S, bevor es den Plan schließlich zugunsten seines Netzwerks aus Superchargern aufgab. Better Place war das wohl bekannteste Unternehmen im Bereich der Akkutauschtechnologie. Die 2007 gegründete Firma arbeitete mit dem Autohersteller Renault zusammen und baute ein Netz von einigen Dutzend Tauschstationen in Israel auf. Trotz der Tatsache, dass Better Place rund 850 Millionen US-Dollar eingeworben hatte, gelang es der Firma aber nicht, ausreichend Autofahrer – und vor allem Autohersteller – an Bord zu holen. Der Konkurs erfolgte 2013.

Das Schreckensvorbild Better Place schwebt heute über allen Bemühungen im Bereich des schnellen Batteriewechsels bei E-Autos. Doch de Souza sagt, dass der Ansatz von Ample all die Probleme angeht, die frühere Versuche der Technologie zu Fall brachten. Damit sich eine Firma wie Better Place oder Ample durchsetzen kann, muss sie zunächst einen Weg finden, um mit den Fahrzeugen, die auf der Straße sind, kompatibel zu sein. Und genau das ist die zentrale Herausforderung: Die Unternehmen entscheiden sich zunehmend für unterschiedliche Batteriedesigns und -chemien für verschiedene Modelle. Und auch ein Austausch außerhalb der Wartung ist nicht vorgesehen.