Internetzensur in Iran: Wie das Regime IT und Netzkontrolle gegen Proteste nutzt

IP-Infrastruktur, Mobilfunknetze und viele iranische IT-Firmen sind staatlich kompromittiert. Der Staat nutzt diese Strukturen, um die Proteste kleinzuhalten.

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, Michael Vogt

(Bild: Michael Vogt)

Lesezeit: 17 Min.
Von
  • Marcus Michaelsen
  • Maryam Mirza
Inhaltsverzeichnis

Nik Yousefi meldete Anfang Oktober 2022 in seinem bislang letzten Tweet: "Gestern haben sie meine Wohnung gestürmt." Kurz zuvor hatte der in Teheran lebende Filmemacher auf Instagram ein Video zur Unterstützung der landesweiten Proteste gegen die iranische Regierung veröffentlicht, das sich in den sozialen Medien rasant verbreitete. Dann war er untergetaucht, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen. Nachdem die Beamten ihn nicht aufgefunden hatten, seien sie direkt zum Haus seiner Freunde gefahren, so Yousefi. An deren Adresse konnten sie nur über den Lieferdienst Snap Food gelangt sein, bei dem er einmal Essen dorthin bestellt habe.

Wenig später wurde Nik Yousefi aufgegriffen und sitzt seitdem im berüchtigten Evin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran ein. Und er ist längst nicht der einzige Dissident, dem Regime-Agenten mithilfe der Daten von Snap Food nachspürten. Seit mehr als drei Monaten unternimmt die iranische Regierung viel, um die Protestbewegung zu unterdrücken – und das Internet ist sowohl für die Protestierenden als auch für das Regime zu einem entscheidenden Werkzeug geworden.

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Auslöser der Unruhen war der Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini. Die junge Frau aus der kurdischen Provinzstadt Saqqez wurde am 13. September 2022 während einer Besuchsreise in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen, weil ihr Kopftuch angeblich nicht korrekt saß. In der Haft hat man sie geschlagen. Sie starb drei Tage später an ihren Verletzungen.