Zwei Millionen Jahre alt: Älteste DNA in Grönland entdeckt und sequenziert

In Grönland fanden Forschende DNA von Mammuts. Sie könnten Hinweise darauf enthalten, wie die Natur auf Erderwärmung reagieren kann.

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(Bild: Aunt Spray / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Antonio Regalado

Acht Jahre haben sie es versucht, nun ist es ihnen gelungen: Forscherinnen und Forscher konnten Genfragmente von alten Fischen, Pflanzen und sogar einem Mammut sequenzieren, das vor zwei Millionen Jahren im Inneren Grönlands lebte. Es handelt sich um die älteste jemals gefundene DNA, die noch einmal die erst im vergangenen Jahr von einem anderen Team aus einem Mammutzahn geborgene DNA übertrifft.

Das neu entdeckte genetische Material stammt von Dutzenden von Arten und wurde vor langer Zeit, als es in Grönland viel wärmer war als heute, in Sedimentschichten abgelagert. "Man bekommt einen Einblick in das gesamte Ökosystem", sagt Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen, der das Projekt leitet. "Man weiß genau, dass diese Organismen zu dieser Zeit und an diesem Ort zusammen lebten."

Die genetischen Erkenntnisse, die ein Bild von einer Zeit zeichnen, in der Grönland mit blühenden Pflanzen und Pappeln bedeckt war, könnten Aufschluss darüber geben, wie sich die Ökosysteme in der Vergangenheit an ein wärmeres Klima angepasst haben.

"Wir haben hier eine Karte, die zeigt, wo und wie man die Genetik von Pflanzen verändern kann, um sie widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen", sagt Willerslev. Die uralte DNA liefere gewissermaßen einen "Fahrplan" für die Anpassung von Pflanzenarten an ein sich sehr schnell erwärmendes Klima. In dem heutigen Gebiet Grönlands leben außer einigen Flechten und Moschusochsen kaum noch Arten. Vor Millionen von Jahren sah das noch anders aus.

"Es war ein Ökosystem, für das es keine moderne Entsprechung gibt, eine Mischung aus arktischen Arten und Arten der gemäßigten Zonen", sagt Willerslev auf einer Online-Pressekonferenz der Fachzeitschrift Nature. "Es ist ein Klima, das dem ähnelt, das wir aufgrund der globalen Erwärmung auf der Erde erwarten. Somit gibt es uns eine Vorstellung davon, wie die Natur auf steigende Temperaturen reagieren kann".

Einige Forschende haben vorgeschlagen, alte DNA zu nutzen, um ausgestorbene Säugetiere wie das Wollhaarmammut zurückzubringen, aber Willerslev sagt, dass Pflanzen "viel wichtiger sein werden", auch wenn sie "nicht so sexy" wie ein Dickhäuter seien. Die Forschung an DNA von ausgestorbenen Tieren und Pflanzen begann 1984, als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lesbare Gene von einem Quagga, einer ausgestorbenen Zebraart, entdeckten. Seitdem ermöglichen neue Methoden und spezielle Geräte für Gensequenzierung, immer tiefer in die Vergangenheit vorzudringen.

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Mit dem Alter kommen aber auch neue Herausforderungen. DNA bricht nämlich mit der Zeit auseinander. Je älter sie ist, desto kleiner werden die Stücke – bis nichts mehr zu erkennen ist. Und je kürzer die Fragmente sind, desto schwieriger ist es, sie einer bestimmten Pflanzen- oder Tiergruppe zuzuordnen.

"Das riesige Schadensmuster macht deutlich, dass es sich bei den vorliegenden Funden um uralte DNA handelt", sagt der Evolutionsbiologe Willerslev. Er und seine Kollegen arbeiten seit 2006 mit grönländischen Proben. Die gefundene DNA sei durch Gefriertemperaturen und durch die Bindung an Ton und Quarz konserviert worden, was den Abbauprozess verlangsamte.

Wie weit genau die Wissenschaft in die Vergangenheit zurückblicken kann, bleibt eine offene Frage. "Wahrscheinlich sind wir nahe an der Grenze, aber wer weiß", sagt Tyler Murchie, Postdoktorand an der McMaster University im kanadischen Hamilton, der Methoden zur Untersuchung alter DNA entwickelt. Er merkt an, dass es den dänischen Forschenden gelungen sei, mehrere Techniken zu kombinieren, um "eine robuste Rekonstruktion des Ökosystems zu erstellen".

Eske Willerslev selbst war vor einigen Jahren noch der Ansicht, dass es unmöglich sei, DNA von Lebewesen zu finden, die vor mehr als einer Million Jahren gelebt haben. Jetzt, da er den Rekord gebrochen hat, muss er seine Einschätzung überdenken. "Es würde mich nicht überraschen, wenn wir doppelt so weit zurückgehen könnten", sagt er. "Aber ich würde es nicht garantieren."

(jle)