Kommentar: Apple und der M3 – Mission Resthaushaltsabdeckung

Apple prescht mit neuen Macs bei den 3-Nanometer-Chips vor. Warum es Apple so eilig hat und wer besonders angesprochen wird. Ein Kommentar von Malte Kirchner.

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2 Hände an eine kleinen Laptop, auf dem ein Computerspiel läuft

Das neue MacBook Pro mit M3 nach seiner Vorstellung bei einem Medientermin von Apple in New York.

(Bild: mki / heise online)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bei Zeitungen gibt es in der Vermarktung von Prospektbeilagen einen schönen, typisch deutsch anmutenden Begriff: Resthaushaltsabdeckung. Werbekunden können damit buchen, dass ihr Werbeprospekt nicht nur bei den Zeitungsabonnenten landet, sondern Zusteller diesen auch in die Briefkästen derer stecken, die die Zeitung nicht abonniert haben. Es geht dabei um Reichweite.

Ein Kommentar von Malte Kirchner

Malte Kirchner ist seit 2022 Redakteur bei heise online. Neben der Technik selbst beschäftigt ihn die Frage, wie diese die Gesellschaft verändert. Sein besonderes Augenmerk gilt Neuigkeiten aus dem Hause Apple. Daneben befasst er sich mit Entwicklung und Podcasten.

Um selbige dürfte es auch Apple bei der Vorstellung seiner ersten 3-Nanometer-Chips für den Mac gehen. Zumindest war das eine der Botschaften, die ausgewählte Medienvertreter – darunter auch der Autor – im herbstlichen New York City vernahmen. Dort fand parallel zum Online-Streaming der Veranstaltung ein Vor-Ort-Termin statt, wo die neu vorgestellten MacBook Pros und der iMac in Augenschein genommen werden konnten.

Die neuen M3-Chips, das erste Mal gleichzeitig in den drei Ausführungen Standard (ohne Beinamen), Pro und Max vorgestellt, sollen neben der üblichen Käuferschaft offenbar besonders jene ansprechen, die kein sprichwörtliches Abo auf die technischen Entwicklungen aus Cupertino haben. In diesem konkreten Fall sind es jene, die noch Intel-Macs besitzen und Pro-User aus Branchen, die gar nicht ahnen, dass ihre komplexen Anwendungen aus Medizin und Architektur nicht mehr nur auf großen Workstations, sondern sogar auf einem Laptop nutzbar sind.

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Um es gleich vorwegzusagen: Unbedingt nötig hat das Apple angesichts der vorgestellten Neuerungen nicht. Die beschriebenen Leistungszuwächse, höhere Akkulaufzeiten, effizienteres Speichermanagement für die Grafik, Hardware-Raytracing – und ja, auch der neue Gehäusefarbton "Space Black" – liefern Besitzern eines Macs aus der M1- oder M2-Reihe einige Gründe, ins Nachdenken zu geraten, ob sie sich nicht in der Weihnachtszeit einen frühen Wechsel gönnen. Die Vorteile sind für diese Nutzer aber – und das ist bei technischen Geräten heute alles anderes als ungewöhnlich – in hohem Maße von der tatsächlichen Nutzung abhängig. Sprich: Wer nicht spielt oder etwas anderes nutzt, das von Hardware-Raytracing profitiert, braucht natürlich nicht unbedingt einen M3. Zumindest nicht sofort. Für viele Nutzer der ersten beiden Generationen dürften die M1- und M2-Macs noch lange ausreichen.

Das weiß auch Apple und möchte lieber jene für einen Wechsel begeistern, die in jedem Fall signifikante Unterschiede sehen – aber von ihrem Glück (offenbar) noch nichts wissen. Einen Intel-Mac in Rente zu schicken, war schon beim M1 und M2 angesichts der deutlichen Vorteile eine Entscheidung, die wenige bereuen dürften. Jetzt, mit dem M3, ist Apples Eigenentwicklung so weit fortgeschritten, dass es noch mehr Gründe gibt, etwa im Spielebereich – auch, wenn das angesichts des übersichtlichen Angebots halb Hoffnung, halb Fakt ist. Im professionellen Bereich – CAD, Architekten, Filmemacher, KI-Entwickler etc. – will Apple unterdessen neue Kunden gewinnen, wissend, dass es natürlich eine sehr kleine, aber umsatzträchtige Zielgruppe ist.

Bei den Chips in 3-Nanometer-Bauweise hat Apple einen zeitlichen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern. Diesen will man in Cupertino offenbar nutzen. Nicht nur beim iPhone, das zuerst mit dem A17 Pro einen 3-nm-Chip einführte, sondern auch bei den Macs, die laut Gerüchteküche wegen begrenzter Produktionskapazitäten drohten, erst nächstes Jahr veröffentlicht zu werden. Spürbar ist dies daran, dass der M3 Max zum Beispiel nicht sofort verfügbar ist und Apple erstmal nur vier Macs umstellt. Das Unternehmen versucht offenbar so schnell und so umfassend wie möglich, die Plätze zu besetzen, bevor andere etwas Gleichwertiges im Angebot haben. Für Apple erscheint das als optimale Gelegenheit, das Mac-Modell-Palette aufzuräumen und das 13-Zoll-MacBook Pro mit Touch Bar in Rente zu schicken. Das mit dem M3 ausgestattete MacBook Pro ist künftig auch 14 Zoll groß.

"Scary Fast" ("Unheimlich schnell"), das Motto des Onlineevents, beschreibt nach Apples Lesart natürlich vor allem die neuen Produkte und spielt auf das Halloween-Fest an, das die USA Ende Oktober feiern. Unheimlich schnell ist aber auch Apples Tempo beim Apple Silicon. Die Mission Resthaushaltabdeckung im vermutlich letzten großen Firmenereignis dieses Jahres ist in gewisser Weise ein Cliffhanger ins Jahr 2024. Wie bei einer Fernsehserie darf man gespannt sein, wie es in der neuen Staffel weitergeht. Einige Fragen, die sich aufdrängen, lauten: Wird die Vision Pro als erster räumlicher Computer nächstes Jahr jetzt noch mit M2 oder doch mit M3 erscheinen? Und was ist mit den anderen Pro-Macs?

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(bsc)