Die Milliarden-Klage gegen Getty Images: Eine Analyse

Seite 3: Auch in Deutschland möglich?

Inhaltsverzeichnis

Getty Images ist auch in Deutschland dafür bekannt, Urheberrechte aggressiv mit Abmahnungen und im Rahmen von Gerichtsverfahren zu verteidigen. Allerdings sind keine Fälle bekannt, in denen das Unternehmen auf Basis von tatsächlich nicht vorhandenen Nutzungsrechten gegen Nutzer vorgegangen wäre.

Ein Fotograf, dessen Bilder ohne seine Zustimmung etwa im Rahmen von Stock-Market-Angeboten vertrieben werden, hätte grundsätzlich auch nach deutschem Recht die Möglichkeit, dagegen vorzugehen und Schadensersatz zu verlangen. Zentrale Vorschrift ist hier Paragraf 97 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Danach kann der Betroffene zunächst verlangen, dass die rechtswidrige Verwendung der Bilder sofort und dauerhaft unterlassen werden muss.

Handelt der unberechtigte Anbieter der Bilder dabei vorsätzlich oder fahrlässig, so ist er dem Verletzten „zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“. Bei der Berechnung des Schadensersatzes hat er ein Wahlrecht aus drei verschiedenen Möglichkeiten: Er kann den tatsächlich durch den Rechtsbruch erzielten Gewinn verlangen, den entgangenen Gewinn oder den Betrag verlangen, den der Verletzer als „angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte“. Die letzte Möglichkeit ist die in der Praxis gebräuchlichste.

Hätte sich der Fall von Frau Highsmith in Deutschland ereignet, so hätte sich ein möglicher Schadensersatz nach Paragraf 97 UrhG bestimmt. Würde man hier für jede Lizenz eines Bildes in der Qualität der Highsmith’schen Aufnahmen etwa 500 Euro ansetzen, so käme man hierzulande bei 18.755 Bildern auf einen Betrag von immerhin rund 9,3 Millionen Euro. Im Falle von nicht ordnungsgemäßen Hinweis auf den Urheber kann sich der Betrag jeweils für die einzelnen Bilder verdoppeln.

Schließlich hätten sich die Verantwortlichen für die Abmahnungen und die unerlaubte Nutzung der Bilder sogar strafbar gemacht. Paragraf 106 UrhG regelt die unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke. Danach macht sich derjenige strafbar, der „ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt“. Es droht immerhin eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Handeln die Täter gewerbsmäßig, so geht der Strafrahmen des Paragraf 108a sogar bis zu fünf Jahre. (keh)