Neustart für Primacom

Nach dem Verkauf des operativen Geschäfts übernehmen die Gläubiger das Ruder bei dem regionalen Kabelnetzbetreiber und lassen neu aufflammende Verkaufsgerüchte beharrlich dementieren.

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Die Neuaufstellung des Kabelnetzbetreibers Primacom steht kurz vor dem Abschluss. Den Beteiligungsfirmen Alcentra, Tennenbaum Capital und Avenue Capital sowie die niederländische Bank ING gehört dann zu etwa gleichen Teilen die luxemburgische Investmentgesellschaft Medfort, die im Juli 2010 das operative Geschäft der insolventen Primacom AG übernommen hatte. Mit einem Abschluss des Geschäfts sei in der kommenden Woche zu rechnen, erfuhr heise online aus Investorenkreisen, die gleichzeitig Medienberichte über akute Verkaufspläne als reine Spekulation zurückwiesen.

Der regionale Kabelnetzbetreiber war im vergangenen Jahr unter seiner Schuldenlast von insgesamt rund 340 Millionen Euro zusammengebrochen. Als einer der Gläubiger Verbindlichkeiten von fast 30 Millionen Euro einforderte, musste Primacom die Zahlungsunfähigkeit erklären. Im Laufe des Insolvenzverfahrens der Primacom AG wurde das in einer GmbH gebündelte operative Geschäft an die luxemburgische Medfort S.a.r.l. verkauft, hinter der von Beginn an die Gläubiger vermutet wurden. Die verzichten im Gegenzug für die Beteiligung auf einen Großteil der Verbindlichkeiten. Der Schuldenstand des Kabelnetzbetreibers reduziere sich damit auf rund 100 Millionen, heißt es aus Investorenkreisen, das Unternehmen sei wieder funktionsfähig.

Das Schicksal der Primacom gleicht damit dem der ehemaligen Schwestergesellschaft Tele Columbus. Beide Kabelnetzbetreiber waren von der dem Finanzinvestor Escaline gehörenden Orion-Gruppe übernommen und mit erheblichen Schulden belastet worden, unter denen die Unternehmen trotz eines soliden operativen Geschäfts zu kollabieren drohten. Bei der von Insolvenz bedrohten Tele Columbus hatten die Gläubiger Anfang 2010 das Ruder übernommen. Beide ehemaligen Orion-Schwestern haben durchaus etwas zu bieten: Regionale Kabelnetze, die das Interesse von Branchengrößen wie Kabel Deutschland oder Kabel BW geweckt haben.

Trotz anhaltender Übernahmegerüchte um Tele Columbus und Primacom hat sich – abgesehen von der Übernahme kleinerer Teilnetze – bisher keiner der größeren Kabelnetzbetreiber aus der Deckung gewagt. Die neuen Primacom-Eigner hätten ohnehin keine konkreten Verkaufsabsichten, sagt ein Insider - "weder kurz- noch mittelfristig". Auch Spekulationen um eine mögliche Wiedervereinigung der ehemaligen Orion-Schwestern seien unrealistisch, das Ziel sei derzeit eine "Standalone-Lösung".

Unterdessen haben offenbar Medienberichte über die bevorstehende Neuaufstellung des Kabelnetzbetreibers am Donnerstag für einen Boom der Primacom-Aktie gesorgt. Das Papier der Primacom AG hatte am Donnerstag von 0,19 Euro auf 1,66 zugelegt – zeitweise lag der Kurs sogar über 2,70 Euro. Dabei ist die insolvente Aktiengesellschaft eine weitgehend leere Holding. Das operative Geschäft gehört inzwischen Medfort, die Restrukturierung des Kabelnetzbetreibers hat mit der AG nichts mehr zu tun. (vbr)