Siemens prüft weitere Zahlungen an BenQ

Siemens-Finanzvorstand Kaeser wendet sich gegen den Verdacht, die Schließung nach nur einem Jahr sei ein abgekartetes Spiel zwischen Siemens und BenQ gewesen.

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  • dpa

Siemens will nach der Pleite von BenQ Mobile in Deutschland gekündigte Mitarbeiter seiner früheren Handysparte nicht im Regen stehen lassen und weitere Zahlungen an den taiwanesischen BenQ-Konzern genau prüfen. "Wir sind wirklich betroffen von der Entwicklung und wollen uns jetzt darauf konzentrieren, wie wir die deutschen BenQ-Mobile-Beschäftigten unterstützen können", sagte Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in München. Der Konzern habe beim Verkauf vor einem Jahr an BenQ an eine langfristige Perspektive geglaubt. "Dass BenQ bei dem ersten stärkeren Gegenwind gleich umfällt, ist sehr bedauerlich." Die scharfe öffentliche Kritik an Siemens wies Kaeser zurück.

BenQ hatte vor einem Jahr das Siemens-Handygeschäft weltweit übernommen und dabei eine Mitgift in dreistelliger Millionenhöhe bekommen. Am Donnerstag drehte der taiwanesische Konzern seiner deutschen Tochter den Geldhahn zu. BenQ Mobile mit 3000 Beschäftigten in Deutschland musste daraufhin Insolvenzantrag stellen. "Wir sind überrascht, dass uns BenQ vorher nicht rechtzeitig konsultiert hat", sagte Kaeser. Vor einer Woche habe BenQ darum gebeten, dass Siemens zwei noch anstehende Raten in Höhe von insgesamt rund 150 Millionen Euro sofort zahlt. Zudem sollte Siemens das Geld entgegen den Absprachen komplett nach Taiwan überweisen und nicht teilweise an die deutsche OHG. "Das hat uns schon etwas verwundert", sagte Kaeser.

Siemens will die Zahlungen, die im Oktober und Dezember ausstehen, zwar nicht auf Eis legen. "Wir halten uns an die Vereinbarungen", sagte Kaeser. Man werde aber genau prüfen, ob das Geld nach Taiwan überwiesen werden muss oder dem insolventen deutschen Tochterunternehmen ausgezahlt werden kann. Die BenQ-Beschäftigten sollten, soweit dies arbeitsrechtlich möglich ist, bei der Vergabe von offenen Stellen bevorzugt – wie interne Mitarbeiter bei einer Versetzung – behandelt werden. Derzeit gibt es bei Siemens in Deutschland mehr als 2000 offene Stellen.

Den Verdacht, die Schließung nach nur einem Jahr sei ein abgekartetes Spiel zwischen Siemens und BenQ, wies Kaeser entschieden zurück. "Aus rein wirtschaftlicher Sicht hätte es damals attraktivere Wege gegeben als den Verkauf an BenQ." So hätte Siemens an andere Interessenten verkaufen können, die weniger Geld mitbekommen, aber im Anschluss zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut hätten. Auch eine Schließung der deutschen Standorte wäre den Konzern nach Angaben des Finanzvorstands deutlich billiger gekommen. "Die Schließungskosten einschließlich Abfindungen hätten grob geschätzt 250 bis 300 Millionen Euro betragen."

Der Verkauf an BenQ kam wesentlich teurer. Zwar zahlten die Taiwanesen einen Kaufpreis von 285 Millionen Euro an Siemens für Gebäude und andere Vermögenswerte. Gleichzeitig sagte Siemens aber die Zahlung von fast 700 Millionen Euro zu. Damit sollten unter anderem der Wechsel der Produktplattformen, die notwendige Werbeoffensive für den neuen Namen Siemens-BenQ, Abfindungen und sowie die Absicherung gegen Patentstreitigkeiten finanziert werden.

Bei Siemens wundert man sich, dass BenQ trotz der Mitgift die deutsche Tochter nach nur einem Jahr in die Pleite schickt. Siemens habe neben dem Geld auch über 1750, zum Teil weltweit bedeutende Patente gegeben, betonte Kaeser. Auch zeige die Tatsache, dass Siemens für fünf Jahre seine Marke zur Verfügung stellte, dass man von der langfristigen Perspektive überzeugt war. Das Vorgehen BenQs sei nicht absehbar gewesen. "Wenn das vorhersehbar gewesen wäre, hätte man sich mit anderen Lösungen befassen können."

Die öffentliche Kritik an Siemens kann Kaeser nur teilweise nachvollziehen. "Ich verstehe zwar die Betroffenheit der Mitarbeiter", sagte er. "Polemik und Trillerpfeifen alleine lösen aber die Probleme nicht." Siemens sei der drittgrößte Steuerzahler unter den DAX-Werten in Deutschland und fühle sich dem Land verpflichtet. "Es ist absurd zu sagen, wir seien nicht patriotisch." Allein im vergangenen Jahr sei die Zahl der Arbeitsplätze im Inland um 4000 Stellen gestiegen, weltweit seien es 37000 gewesen. 80 Prozent des Geschäfts von Siemens eilten derzeit "von einem Rekord zum nächsten". Das Management müsse sich bei der Entwicklung des Unternehmens auf die Dinge konzentrieren, die den meisten Erfolg versprächen. "Nur der nachhaltige Erfolg eines Unternehmens sichert langfristig die Arbeitsplätze." Siehe dazu auch:

(dpa)/ (cp)