Viele Brandherde nach FTX-Kollaps im Krypto-Winter

Ein CSS (Cascading Shit Storm) ergreift die Welt der Crypto-Zocker. Immer mehr Projekte müssen Auszahlungen "pausieren".

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Schwelende Holzscheite eines Lagerfeuers mitten im tiefen Schnee

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der Insolvenzantrag der Kryptobörse FTX entfacht laufend neue Brandherde. Fast stündlich kommen neue schlechte Nachrichten für jene, die auf Kryptocoins, NFT oder Kryptoderivate gewettet haben. Das Konglomerat FTX/Alameda-Research selbst umfasst rund 140 Firmen, die Insolvenz angemeldet haben. Weil ein erheblicher Teil der Kryptowelt dort irgendwie die Finger drin hatte, führt das zu einem Dominoeffekt.

Besonders betroffen sind Krypto-Kreditvermittler. Sie nehmen Kryptomünzen einerseits als Sicherheit für Kredite in echtem Geld oder in anderen Kryptowährungen, andererseits als verzinste Einlage entgegen, um diese Münzen Dritten gegen Zinsen zur Verfügung zu stellen. Nicht selten werden Zinsen nicht in echtem Geld, sondern in selbst ausgegebenen Kryptomünzen ausgeschüttet, deren Wert verfallen mag.

Krypto-Kreditvermittler BlockFi, der im März des Vorjahres von Wagniskapitalgebern noch mit drei Milliarden Dollar bewertet wurde, bereitet jetzt seinen Konkursantrag vor und kündigt Mitarbeitern. Eigentlich stand BlockFi schon im Juni vor dem Aus, doch FTX sprang als Retter ein: FTX gewährte Kredit im Ausmaß mehrerer hundert Millionen US-Dollar und erwarb die Option für eine Übernahme BlockFis im kommenden Jahr.

Die Pleite von FTX und Alameda Research bedeutet jetzt das endgültige Ende für BlockFi, das seinerseits Alameda Kredite gewährt hat, die jetzt nicht bedient werden, Guthaben bei FTX hat, das nicht behoben werden kann, und eine noch offene Kreditlinie von FTX nicht ausschöpfen kann. Immerhin gibt BlockFi an, noch genügend Mittel für eine geordnete Abwicklung zu haben – anders als bei der Kryptobörse AAX, die ebenfalls die Guthaben eingefroren hat.

Die Abteilung für Krypto-Kredite bei Genesis kann eingezahlte Coins ebenfalls nicht mehr auszahlen. Die gesamte Firma kann "nur" 175 Millionen Dollar bei FTX nicht abrufen. Den genauen Grund für den Auszahlungsstopp legt Genesis nicht dar. Besonders gelackmeiert sind Kreditnehmer, die ihre Sicherheiten gerade erst hinterlegt haben, den dafür gewährten Kredit jetzt aber nicht mehr ausgezahlt erhalten.

Jedenfalls trifft der Genesis-Stopp auch die Kreditvermittlung Circle, die auf Genesis aufsetzt. Gleichfalls betroffen ist die Krypto-Kreditvermittlung Gemini Earn der Winklevoss-Zwillinge, aber nicht deren anderen Gemini-Angebote. Gemini Trading hat laut eigenen Angaben "nur" virtuelle Münzen mit einem Gesamtkurswert von 175 Millionen Dollar bei FTX festgefroren.

Krypto-Kreditvermittler SALT Blockchain hat ebenfalls die Auszahlungen eingestellt und rät von Einlagen ab – in einem Rundmail an Kunden. Auf der Webseite ist davon nichts zu lesen. Als Begründung wird nur vage von "Auswirkungen des FTX-Kollaps" gesprochen. Eigentlich sollte SALT Blockchain gerade von der Krypto-Plattform Bnk to the Future übernommen werden. Bnk to the Future hat den Kauf am Dienstag abgeblasen.

Kreditvermittler Celsius Network, der bereits im Juli Gläubigerschutz beantragt hat, ist durch die FTX-Pleite noch tiefer in die Krise gerutscht. Der angestrebte Ausgleich wird nun noch schwieriger zu bewerkstelligen sein. Eine Zivilklage bezichtigt Celsius, ein Pyramidenspiel gewesen zu sein – ein Vorwurf, dem sich die Kryptobranche generell stellen muss.

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Ähnlich die Situation beim bereits zuvor zahlungsunfähigen Kreditvermittler Voyager Digital: Diese Firma hat theoretisch Guthaben im Gegenwert von drei Millionen Dollar, die es von FTX nicht abheben kann. Eigentlich hat FTX im September eine Versteigerung der Voyager-Konkursmasse gewonnen, doch stufte der Masseverwalter das Höchstgebot als zu niedrig ein, weshalb die Versteigerung wiederholt werden sollte. Ob sich jetzt noch jemand findet, der so viel zahlt, ist ungewiss.