Digitaler Behördenfunk startet 2007 in Niederösterreich
Für den Aufbau von 230 Sendestandorten werden 10 Millionen Euro veranschlagt. Nach der Pleite des Adonis-Netzes setzt die Alpenrepublik wieder auf Tetra, aber auf eine andere Kostenverteilung.
Sicherheitskräfte im Bundesland Niederösterreich sollen ab 2007 gemeinsam ein Digitalfunknetz im Tetra-Standard nutzen -- dies sieht eine heute von dem zuständigen Landesrat Josef Plank und der österreichischen Bundesinnenministerin Liese Prokop (beide ÖVP) unterzeichnete Vereinbarung vor. Die Errichtung von 230 Sendestandorten in Niederösterreich kostet laut Landesregierung Niederösterreich rund 10 Millionen Euro, wovon das Land lediglich 20 Prozent trägt -- die übrigen 80 Prozent gehen zu Lasten des Bundeshaushalts. Für ganz Österreich sind für den Aufbau der Netzinfrastruktur 133 Millionen Euro projektiert. Das neue Blaulichtfunknetz soll laut einer Meldung des ORF insgesamt neun bis elf Millionen Euro kosten. Die jährlichen Betriebskosten werden der Rundfunkanstalt zufolge auf 300.000 bis 400.000 Euro geschätzt.
In Österreich wird der Behördenfunk allgemeinverständlich als "Blaulichtfunk" apostrophiert, Fachleute bevorzugen die sperrige Abkürzung BOS für "Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben". Interessant erscheint aus deutscher Sicht, dass NÖ zum Kreis der Nutzer des neuen BOS-Netzes über Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz und weitere Rettungsorganisationen auch das Bundesheer -- mithin die Armee -- zählt. Nach Auskünften der niederösterreichischen Landesregierung soll etwa im Fall eines Hochwassers sichergestellt sein, dass alle Helfer unabhängig von der Organisationszugehörigkeit dasselbe für die BOS reservierte Netz nutzen. Im Katastrophenfall sollen alle behördlichen Fachabteilungen mitfunken, deren Mitwirkung im Katastrophenschutz unerlässlich ist -- dazu zählen die Katastrophenschutzabteilungen der Bezirkshauptmannschaften und der niederösterreichischen Landesregierung, der niederösterreichische Straßendienst und die Energieversorger.
Damit fassen die Österreicher den Nutzerkreis ähnlich weit wie die Finnen in ihrem VIRVE-Netz, das inzwischen landesweit ausgebaut und zum Beispiel auch von Geldtransportfirmen, die für die Staatsbank unterwegs sind, genutzt wird. Dank der relativ hohen Nutzerzahl und des Betreibermodells ist es in Finnland gelungen, die Kosten für Aufbau und Betrieb eines eigenständigen BOS-Netzes in einem für die öffentlichen Haushalte vertretbaren Rahmen zu halten.
Umgesetzt wird das Projekt in Niederösterreich von einem Konsortium der Unternehmen Motorola und Alcatel. Laut der heute von der niederösterreichischen Landesregierung verbreiteten Mitteilung ist für die Realisierung die Einbindung aller Bundesländer "vorgesehen". Die vorsichtige Formulierung ist auf das Scheitern des ersten österreichischen Versuchs zurückzuführen, unter dem Namen Adonis ein BOS-Netz einzuführen. Mit Vorschusslorbeeren wie "Tetra-Netz des Jahres" versehen, scheiterte das Projekt im Juni 2003. Als Gründe für den Misserfolg lassen sich zum einen Abstimmungsfehler zwischen den beauftragtgten Unternehmen identifizieren, zum anderen scheiterte Adonis an einem strukturell falschen Kostenmodell: Da sich weniger Nutzer als geplant für die Teilnahme am Digitalnetz entschieden, schossen die laufenden Kosten für die übrigen Nutzer in die Höhe.
Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)
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