Bundesanstalt für Digitalfunk der Behörden liegt auf Eis

Der unionsdominierte Bundesrat hat im Streit um die Errichtung einer Bundesanstalt für den digitalen Behördenfunk in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag den Vermittlungsausschuss angerufen.

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Der unionsdominierte Bundesrat hat im Streit um die Errichtung einer Bundesanstalt für den digitalen Behördenfunk in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag den Vermittlungsausschuss angerufen. Eine Einigung vor möglichen, für den 18. September angestrebten Neuwahlen zeichnet sich so momentan nicht ab. Das rot-grüne, vom Bundestag vergangene Woche verabschiedete Vorhaben, über die geplante Koordinationsstelle von Bund und Ländern die Einführung des Digitalfunks zu beschleunigen, wird damit zumindest deutlich abgebremst. Anwender wie der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) hatten im Vorfeld noch einmal Druck gemacht, die geplante Behörde zur einfacheren Abstimmung zwischen dem Bund und kommunalen Stellen nicht zu verhindern. Sie drängen vor allem darauf, mit dem Digitalfunk zumindest in einem Rumpfnetz bereits zur Fußballweltmeisterschaft 2006 loszulegen. Die unionsregierten Bundesländer sprachen sich trotzdem jetzt dafür aus, die Bundesanstalt auf Eis zu legen.

Bundesinnenminister Otto Schily reagierte empört auf die Blockadetaktik der CDU/CSU im Bundesrat. "Die Länder haben sich ihrer Verantwortung nicht gestellt, den Weg für die Einführung des Digitalfunks freizumachen", moniert der SPD-Politiker. Die Länderkammer handele damit "gegen die operativen Notwendigkeiten der Polizei und gegen die Sicherheitsinteressen der Bürger." Die Errichtung der Bundesanstalt sei jetzt erforderlich, "weil das Vergabeverfahren für die Systemtechnik bereits in vollem Gang ist." Auch die Länder hätten zunächst eine einheitliche Anlaufstelle für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Form einer Anstalt öffentlichen Rechts gefordert.

Laut der Opposition gibt es starke Bedenken gegen die Errichtung der Bundesbehörde. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Ernst Burgbacher, etwa kritisiert, dass die Koalitionsfraktionen "völlig überstürzt" hätten vorgehen wollen. Jetzt werde die Möglichkeit geschaffen, "über die Strukturen eines Lenkungsgremiums in aller Ruhe nachzudenken." Dies würde dem Mitglied des Innenausschusses zufolge aber "nichts an der Notwendigkeit ändern, den BOS-Digitalfunk so schnell wie möglich einzuführen." Gerade der Terroranschlag in London habe gezeigt, "dass wir die technischen Voraussetzungen für unsere Sicherheitsorgane auf den neuesten Stand bringen müssen." Er rief Schily und die Innenminister der Länder auf, die Einführung des Digitalfunks ohne die Zwischenschaltung der Bundesanstalt sofort zu beschleunigen.

Theoretisch könnte es für die neue Behörde trotz des Signals des Bundesrats noch grünes Licht geben: Der Vermittlungsausschuss soll Anfang September tagen, sodass der Bundestag in seinen letzten beiden Sitzungstagen vor den im Raum stehenden Neuwahlen kurz darauf die Errichtung der Anstalt auch ohne erzielte Einigung mit den Ländern noch durchdrücken könnte. Offiziell zustimmungspflichtig ist der Bundesrat bei dem rot-grünen Gesetz nicht, auch wenn der Aufbau der Behörde angesichts der Sicherheitshoheiten der Länder ohne deren Wohlwollen wenig Sinn machen würde.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch:

(Stefan Krempl) / (ssu)