AMD: Im Barcelona steckt K10
Der lange in der Presse als K8L bezeichnete Nachfolger der aktuellen K8-Generation von AMD64-Prozessoren heiĂźt offenbar doch K10 und debĂĽtiert als "Barcelona"-Vierkern.
So wie Intel im letzten Jahr die Erwartungen vor der Core-2-Duo-Vorstellung schürte, bereitet AMD zurzeit den Boden für die kommenden Doppel- und Vierkernprozessoren mit überarbeiteter AMD64-Architektur: Häppchenweise verrät der CPU-Hersteller alle paar Wochen einige neue Details zu den Neulingen, die aber erst zur Jahresmitte (Barcelona-Vierkern für Server und Workstations) beziehungsweise im Herbst (Dual- und Quad-Core-Prozessoren Kuma und Agena/Agena FX für Desktop-Rechner) oder gar erst 2008 (Doppelkern Griffin für Notebooks) erwartet werden. Guiseppe Amato, bei AMD technischer Vertriebschef für Europa, den Nahen Osten und Afrika, ließ wieder ein paar Katzen aus dem Sack: So stellte er etwa klar, dass AMD die von der Presse seit einiger Zeit mit dem Codenamen "K8L" bezeichnete, kommende AMD64-Generation intern als K10 bezeichne. Die erste Inkarnation soll der Server-Vierkern Barcelona sein, über den AMD in den letzten Monaten oft spricht.
Er bestätigte, dass auch Dual-Core-Prozessoren für Desktop-Rechner mit je 2 MByte shared L3-Cache auf den Markt kommen sollen. Diese Kuma-Doppelkerne werden in Gehäusen stecken, die in die aktuellen AM2-Prozessorfassungen passen. Neue Funktionen wie HyperTransport 3.0 sind aber nur in Mainboards mit neuen Chipsätzen und "AM2+"-Steckfassung nutzbar. Man erwartet 2008 die Einführung einer AM3-Fassung für kommende Prozessoren mit integriertem Speichercontroller für DDR3-SDRAM.
Herr Amato sprach wieder vor allem über den für AMD extrem wichtigen Server-Vierkern Barcelona. Er geht davon aus, dass dieser "echte" Vierkern erheblich schneller sein wird als die aus zwei Dual-Core-Dice zusammengefügten Quad-Core-Xeons von Intel. Zum Beleg verwies er unter anderem auf Benchmarks des kürzlich vorgestellten 3-GHz-Doppelkerns Opteron 2222SE, in denen dieser einen aktuellen 3-GHz-Dual-Core-Xeon auch beim Integer-Durchsatz knapp schlägt. Die zahlreichen Verbesserungen der K10-Architektur würden die kommenden Prozessoren deutlich effizienter und damit noch wesentlich potenter machen, wobei Amato allerdings immer noch keine konkreten Taktfrequenzen und Starttermine nennen konnte.
Herr Amato erläuterte einige K10-Details sehr genau, die etwa den dreistufigen Cache, den Speichercontroller und die überarbeiteten Virtualisierungsfunktionen betrafen. Dank Nested Page Tables, Tagged Translation Look-aside Buffer (Tagged TLB) und Device Exclusion Vector (DEV) sowie des deutlich beschleunigten (und bereits für kommende Achtkern-CPUs vorbereiteten) internen Crossbar-Switch sollen virtuelle Maschinen auf AMD64-K10-Prozessoren deutlich schneller laufen als auf Xeons. Die angekündigte IOMMU zur I/O-Virtualisierung kommt aber erst 2008, also wohl mit dem Barcelona-Nachfolger Shanghai. Dieser spricht dann auch HyperTransport 3.0, zugehörige Server-Chipsätze dürften dann – wie bei Intel – PCI Express 2.0 bringen.
Den Datentransfer zwischen den Rechenwerken in den Kernen, deren L1- und L2-Caches, dem gemeinsamen L3-Cache und den Speichercontrollern will AMD beim K10 wesentlich optimiert haben, etwa durch ausgefeiltes Prefetching und verbesserte Koordination der verschiedenen Pufferstufen und des Speichercontrollers bei der Verarbeitung von Zugriffsbefehlen.
Die K10-Architektur des Barcelona steckt auch in den Desktop-Prozessoren, sowohl in den Vierkernen (Agena FX für die Quad-FX-Plattform und Agena für AM2-Boards) als auch in den Kuma-Doppelkernen, weshalb also auch diese Prozessoren bei gleicher Taktfrequenz deutlich schneller rechnen sollen als aktuelle K8-AMD64-CPUs. Dass die kommenden K10-Prozessoren trotz höherer Rechenleistung und mehr Kernen (teilweise) den gleichen Energiebedarf wie die aktuellen K8-Doppelkerne haben werden, verdanken sie laut Amato auch ausgefeilteren Stromspar-Funktionen, etwa einer sparsamen Schaltungstechnik für den L3-Cache, der pro Kern unterschiedlich einstellbaren Taktfrequenz oder auch dem verstärkten Einsatz von Clock Gating, also dem gezielten Abschalten aktuell ungenutzter Funktionsblöcke.
Wieder einmal hob Amato hervor, dass die kommenden Barcelonas problemlos nach einem BIOS-Update auf aktuellen Boards mit Socket-F-/LGA1207-Fassungen laufen; einige neue Stromspar-Funktionen des Barcelona sind aber nur auf Mainboards nutzbar, die getrennte Spannungsversorgungen für die vier Rechenkerne einerseits sowie andererseits die Northbridge mit dem integrierten Speichercontroller liefern. Ähnliches gilt für die Desktop-Prozessoren, hier bringen wohl die erwähnten AM2+-Boards eine optimierte Spannungsversorgung. Das zusätzliche Sparpotenzial der neuen Stromspar-Tricks veranschlagte Guiseppe Amato auf etwa 10 Prozent.
Notebooks sollen erst 2008 von den Vorzügen der K10-Generation profitieren, dann kommen die ersten Griffin-Doppelkerne mit abgewandelter K10-Technik – zwecks niedrigerem Energiebedarf wahrscheinlich ohne L3-Cache und laut Amato mit weniger potenten Gleitkomma-Recheneinheiten, dafür aber mit weiter optimierten Stromsparfunktionen. Mit Griffin stellt AMD erstmals einen speziell für Notebooks entwickelten Prozessor vor, der dann ebenfalls die "Split-Power-Plane"-Technik nutzen soll. Zunächst kommt aber noch "Hawk", also die 65-nm-Version des Turion 64 X2 mit K8-Innenleben – wohl ohne Split Power Plane, wie im Juni 2006 für Mitte 2007 versprochen. Längere Akku-Laufzeit sollen Verbesserungen der Plattform und des Chipsatzes (etwa beim AMD M690) bringen, was AMD mit Referenzplattformen wie Yamato den Notebook-Herstellern nahebringt. (ciw)