TTIP-Konsultation: EU-Kommissar beschwert sich über "Attacke"
Zehntausende Stellungnahmen sind bei der EU-Konsultation zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP eingegangen. "Das war eine regelrechte Attacke", meint Handelskommissar Karel De Gucht.
Mit so großem Interesse an der geplanten Handels- und Investitionsübereinkunft TTIP zwischen der EU und den USA hat in Brüssel offenbar niemand gerechnet. "Wir haben fast 100.000 Beiträge bekommen, viele davon identisch", erklärte EU-Handelskommissar Karel De Gucht gegenüber der Wirtschaftswoche. "Das war eine regelrechte Attacke."
Verschiedene Bürgerrechtsorganisationen hatten eine Hilfestellung und ein Online-Formular zur Beantwortung der Fragen der Kommission bereitgestellt. De Gucht spricht von einer "konzertierten Aktion" von Widersachern des Abkommens. "Wir mussten die Befragung um eine Woche verlängern, weil das System dem Ansturm nicht gewachsen war", wetterte der Belgier. Die Kommission werde die eingegangenen Beiträge nun auf Dopplungen untersuchen und die Resultate mit dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten besprechen.
In der im März gestarteten öffentlichen Konsultation zu TTIP lag der Schwerpunkt auf dem besonders umstrittenen Schlichtungsverfahren, das ein internationales Schiedsgericht für Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten vorsieht. Gegner kritisieren, dass damit die Interessen von "Firmen über das Recht" gestellt und eine Paralleljustiz geschaffen werde. Die Kommission hält dagegen, dass das Verfahren bereits in über 3000 vergleichbaren Verträgen enthalten sei und künftig "wesentlich klarer" gefasst werden solle.
Anfang April hatte De Gucht erklärt, dass eine Konsultation kein Referendum sei. Wenn beispielsweise 60 Eingaben sich gegen das ISDS aussprächen, heiße das nicht automatisch, dass das Thema gestorben sei. Vor dem EU-Parlament führte der Kommissar vergangene Woche aus, dass es weniger um das Ob als vielmehr um das richtige Wie des Schlichtungsverfahrens gehen müsse. Parallel bedauerte er, dass die USA aktuelle Vertragsentwürfe ihren Abgeordneten nur in geschützten Leseräumen ermögliche und die EU daher über diese Praxis nicht weit hinausgehen könne. (vbr)