Was man beim Entwickeln von iPhone-Apps wissen sollte

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Hat ein Unternehmen beispielsweise nur das Recht zur Nutzung bestimmter Inhalte in Europa, ist der erste Konflikt schon vorhersehbar. Denn die App Stores sind theoretisch von überall aus erreichbar. Der Anbieter hat allerdings das Recht, Apps jederzeit aus dem Store zu entfernen. Brisant ist aber, dass sich Apple für eine Auslaufphase über die Vertragslaufzeit hinaus das Recht zur Verbreitung der Inhalte einräumen lässt. Ist zu diesem Zeitpunkt das Recht des Anbieters zur Nutzung dieser Inhalte aber bereits abgelaufen, kann es Probleme mit dem Rechteinhaber geben.

Apple schreibt vor, dass während der Entwicklungsphase noch unfertige Programme nur auf bestimmten, bei Apple registrierten iPhones betrieben und getestet werden dürfen. Zudem ist strenge Vertraulichkeit zu wahren. Erst wenn die fertige Anwendung umfangreiche Tests durchlaufen hat und sich der Entwickler sicher ist, dass er alle Vorgaben des iDPLA umgesetzt hat, darf er seine Software zur Freigabe und digitalen Signierung an den Konzern schicken. Einen Anspruch auf Freigabe und Aufnahme in den App Store hat er nach dem iDPLA freilich nicht. Nach Einreichung vorgenommene Änderungen, und seien es nur kleine Bugfixes, führen zwingend dazu, dass die App erneut von Apple zu verifizieren und freizugeben ist.

Gerade die inhaltlichen Vorgaben in Abschnitt 3.3 des iDPLA sind für Entwickler relevant. Sie müssen die Interface-Richtlinien nach der Documented API unbedingt einhalten und dürfen keine "privaten APIs" nutzen. In Bezug auf die Benutzerschnittstelle verweist das iDPLA erneut auf die Vereinbarkeit der App mit dem Datenschutzrecht. Das gilt insbesondere, wenn sie standortbezogene Informationen verarbeitet. Hier ist der Nutzer jeweils um Einwilligung zu ersuchen sowie auf die Unzuverlässigkeit von Standortdaten hinzuweisen. Zugriffe auf die Google Mobile Maps (GMM) unterliegen zusätzlich den rechtlichen Nutzungsvorgaben von Google.

Abschnitt 3.3.1 des im April 2010 neu gefassten iDPLA sorgt derzeit für kontroverse Diskussionen. Apps dürfen nach dieser Regelung nur noch in den Programmiersprachen Objective-C, C, C++ und JavaScript entwickelt werden. Dadurch sind beispielsweise im App-Store-Kontext Entwicklungen auf der Basis von Flash oder .NET nicht zulässig, genauso wie deren Code anschließend in eine der zulässigen Sprachen umzuwandeln. Steve Jobs hatte sich in der Vergangenheit häufig abfällig über Flash ausgelassen und es insbesondere als nicht mehr zeitgemäß und fehleranfällig bezeichnet.

Nach Pressemitteilungen und Diskussionen in zahlreichen Foren haben diese Beschränkungen jetzt auch die US-Kartellwächter auf den Plan gerufen, weil sie zu Wettbewerbsbehinderungen führen könnten. Wettbewerber des Marktriesen aus Cupertino hatten sich gegen Apple beschwert. Neben den Beschränkungen auf bestimmte Programmiersprachen bemängeln sie Einschränkungen bei der Übertragung von technischen Daten. Das erschwert es Werbeagenturen, gezielt Werbung zu platzieren. Apple wird vorgeworfen, dadurch seinen eigenen Anzeigendienst iAd vor unliebsamer Konkurrenz schützen zu wollen. Derzeit laufen Voruntersuchungen der Federal Trade Commission und des US-Justizminsteriums.

Für informierte Leser fast schon naiv sind die Aussagen im iDPLA, dass Inhalte in Apps nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen, nicht obszön, pornographisch, anstößig und dergleichen sein dürfen. Selbst wenn Apple ein Programm abnimmt und zur Verteilung zulässt, entbindet das den Anbieter oder den Entwickler nicht davon, das Unternehmen von geltend gemachten Ansprüchen vollumfänglich freizustellen. Übrigens beschränkt Apple selbst etwaige Ansprüche des Partners auf 50 US-Dollar für die gesamte Vertragslaufzeit.

Auch in Bezug auf unternehmensspezifische iPhone-/iPad-Anwendungen möchte Apple für nichts verantwortlich sein, was nicht funktioniert, etwa die Softwareverteilung. Unternehmens-Apps prüft zudem nicht Apple, sondern der Entwickler signiert sie selbst und stellt sie den Berechtigten zur Nutzung zur Verfügung. Kommt der Verteilungsmechanismus "Apple Push Notification Service" zum Einsatz, gelten weitere Vorgaben. Diese Technik darf nicht für Spam, verlangte oder unverlangte Werbung oder gar die Ankündigung neuer Funktionen in der App genutzt werden.

Zusätzliche Vorgaben gelten, wenn eine App auf das Mobilfunknetz zugreift. Insbesondere darf eine App keine Voice-over-IP-Funktion enthalten. Das ist ein Zugeständnis an Apple-Partner wie die Deutsche Telekom, die iPhones vertreiben und der Nutzung von VoIP über ihre Netze kritisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Anbieter müssen für ihre Apps ein eigenes EULA (End User Licence Agreement) – einen Nutzerlizenzvertrag – erstellen, das die Vorgaben von Apple erfüllen muss. Darin muss das Unternehmen als Begünstigter genannt sein, damit es im Bedarfsfall direkt gegen die Nutzer vorgehen kann. Auch muss klar sein, dass Nutzer etwaige Ansprüche nicht gegen Apple durchsetzen können.

Etwas fremd wirkt für nichtamerikanische Anbieter sicher, dass das EULA auf die Einhaltung des US-Exportrechts hinweisen muss. In die Richtung geht zudem das Verbot, Verschlüsselungstechniken zu verwenden – es sei denn, es liegt eine Freigabe der zuständigen US-Behörden vor, die Apple in Kopie zuzuleiten ist. Und schließlich ist der Anbieter dafür verantwortlich, dass er etwaige Jugendschutzvorgaben eingehalten und Altersfreigaben besorgt und angibt.

Für viele Entwickler steht vermutlich die kostenpflichtige iPhone-App-Variante im Vordergrund. Apple verlangt, dass sie generell über den App Store vertrieben werden muss. Das Unternehmen schafft hier einen eigenen, exklusiven Marktplatz für Applikationen und fungiert als Abwickler der finanziellen Transaktionen. Mit dem Anbieter rechnet Apple monatlich ab und schüttet 70 Prozent des Netto-Umsatzes, also nach Abzug aller Steuern und Abgaben, an diesen aus. Den Rest streicht das Unternehmen ein, trägt aber auch die mit den Transaktionen verbundenen Kosten. Der Anbieter muss sich nicht mit Kreditkartenunternehmen, anderen Zahlungsabwicklern und dergleichen herumschlagen und deren Gebühren, Kosten et cetera miteinander vergleichen und einkalkulieren. Auch mit Betrügereien und mangelnder Zahlungsbereitschaft muss er sich nicht beschäftigen. Das mag sich durchaus rechnen.