Einkauf mit Hindernissen

Oft vernachlässigen Onlineshops grundlegende Erkenntnisse in Sachen Benutzerführung und verlieren dadurch Umsatz. Und die Schwierigkeiten werden durch die allgemeine Mobilisierung der Hardware in Form von iPads und Smartphones immer größer.

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Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Matthias Parbel
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"Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut." Wenn Webdesigner und Onlineberater Markus P. über einen seiner großen Kunden aus der Touristikbranche spricht, gerät er in Rage. "Wir messen alles, aber die Zahlen liest kaum einer und die richtigen Schlüsse werden sowieso nicht gezogen". Markus P. spricht eines der größten Ärgernisse beim Entwickeln transaktionsorientierter Websites an, den Verzicht auf strategische Webanalyse und Usability-Tests.

Beim Launch eines neuen Onlineshops gerät das Testen durch Zeitprobleme schnell ins Hintertreffen. Wenn überhaupt, wird mit halbfertigen Prototypen hantiert. Dort stehen allerlei Blindtexte auf den entscheidenden Buttons, von den Programmierern als Platzhalter angefertigt. Dumm nur, wenn die Designer hinterher vergessen, die Platzhalter in kaufanreizende Schlüsseltexte umzuwandeln. Das passiert auch bei großen Shops, etwa dem von Reno.

Im November 2009 rollte das Unternehmen den Schuhladen mit viel PR-Getöse aus, und bis Ende 2010 hieß der Button, der zum Versand einer Bestellung führt, nicht "Bestellen" oder "Jetzt kaufen", sondern schlicht "Weiter". Fehlbestellungen sind so vorprogrammiert und führen zum Supergau des Onlinehandels, einer hohen Retourenquote. Inzwischen wurde der Fehler erkannt und beseitigt. Auf dem Button steht heute "Bestellung abschließen". Im laufenden Betrieb eines Webshops scheitert der Benutzertest nicht selten am Budget. Allerdings können die unterschiedlich verteilten Zuständigkeiten ebenfalls Probleme verursachen, wenn etwa die Marketingabteilung die Anrisstexte schreibt, der Vertrieb die Produktseiten optimiert und die IT an der internen Suche arbeitet.

Dabei war es für die Shopbetreiber bisher noch recht einfach. In den letzten Jahren glichen sich die Browser-Landschaft, die verfügbare Bandbreite und die Rechnerleistung über die gesamte Nutzerschaft hinweg an. Das Optimieren für einzelne Browsertypen – das große Usability-Dilemma aus den Neunzigern – hatte sich weitgehend erledigt. Das bewog sogar den als Nörgler bekannten Usability-Papst Jakob Nielsen zu der Aussage: "Unterm Strich ist die Usability in den Onlineshops deutlich besser geworden". Wer Zalando kopiert, ist schon weit vorn.

2011 kommt der Wind jedoch wieder von vorn. Der Grund hierfür liegt in der schnellen Verbreitung von Tablet-Computern und internetfähigen Smartphones. Jedes Gerät weist eigene Spezifikationen auf in Sachen Bildschirmgröße, Rechnerleistung und Browserausstattung (Flash, Video et cetera). Ein- und dasselbe Gerät lässt sich mit unterschiedlichen Bandbreiten betreiben, je nach Einsatzzweck. Zuhause läuft das iPad mit voller Geschwindigkeit, im Zug nur mit tröpfelnder und nicht selten kostenpflichtiger GPRS-Verbindung. Die Mehrzahl aller in Deutschland verkauften Flatrates drosseln den Datendurchsatz nach einem definierten Volumen. Jedes zusätzliche Kilobyte kostet Geld.

Allmählich scheint sich die Hoffnung zu zerschlagen, man könne diesem Trend mit speziell für die jeweiligen Endgeräte entwickelten Apps begegnen. Außer den Großen – eBay, Amazon, vielleicht Otto – sowie einigen starken Marken wie Deutsche Bahn, Lufthansa oder Sixt dürften nur wenige Onlinehändler den direkten Weg auf das Smartphone schaffen. Betrachtet man beispielsweise den aktuellen iPad-Katalog von Manufactum, wird klar, dass sich die Installation via App Store nicht lohnt. Die große Mehrheit der Apps dürfte von der Darstellung im iPad-Browser abhängen und hier machen viele Webshops keine gute Figur. Der folgende Text beschreibt zehn grobe Schnitzer und einige Varianten. Als Grundlage dient die bekannte Liste von Jakob Nielsen. Sie baut auf der Kritik schlechten WebDesigns auf, hier wird sie um Shop-spezifische Eigenschaften ergänzt. Die dargestellten Schwierigkeiten stammen nicht aus der Vergangenheit, sondern sind im Mai 2011 so zu sehen gewesen. Und es handelt sich nicht um kleine Garagenshops, sondern um zumeist große Anbieter. Allerdings dürften die offensichtlichen Macken nur in wenigen Fällen eine Bestellung verhindern.