Softline-Vorstand Löschke: "Wir bauen hier keine neue PC-Ware."

Für die Firma Softline waren die vergangenen Jahre kein Zuckerschlecken. Genau genommen ist es nicht einmal eine Selbstverständlichkeit, dass es das Unternehmen heute noch gibt. Doch mit frischen Köpfen, frischen Konzepten und frischem Kapital haben die Leipziger jetzt wieder Träume, Ziele und Visionen.

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Von
  • Damian Sicking

Softline-Vorstand Dr. Knut Löschke

(Bild: PC-Ware)

Lieber Softline-Vorstand Prof. Dr. Knut Löschke,

am kommenden Mittwoch, dem 20 Oktober, um 15:30 Uhr, halten Sie an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig Ihre Antrittsvorlesung als Honorarprofessor. Thema: "Kultur und Ethik des Unternehmertums." Ihre Studenten können froh sein. Denn Sie haben wirklich etwas zu sagen. Und zwar nicht nur das, was in den Lehrbüchern steht, sondern was Sie zu erzählen haben, sind Geschichten, die das Leben schreibt, wie man zu sagen pflegt. Als Gründer und langjähriger Vorstandsvorsitzender der PC-Ware AG kennen Sie sich mit dem Thema "Unternehmertum" und all seinen Facetten ohne Zweifel bestens aus. Und zum Thema "Ethik" fällt Ihnen nach den interessanten Erlebnissen mit dem PC-Ware-Käufer Raiffeisen Informatik sicher eine ganze Menge ein, stimmt´s?

Bereits am vergangenen Mittwoch hatte ich das Privileg einer, wenn man so will, privaten Lehrstunde bei Ihnen. Eigentlich ging es bei dem Meeting ja um die Firma Softline, der Sie zusammen mit Christoph Michel seit ein paar Monaten vorstehen, aber manchmal muss man auch etwas Grundsätzliches erläutern. So erklärten Sie im Zusammenhang mit der jüngsten Kapitalerhöhung der Softline AG: "Ich sage meinen Studenten immer, dass man für die Gründung und den Aufbau eines Unternehmens vor allem drei Dinge braucht: 1. Kapital, 2. Kapital und 3. Kapital." Na ja, warf ich ein, vielleicht sind Menschen auch nicht ganz unwichtig, vor allem wenn man ein Geschäft wie die Softline AG mit ihren beiden operativen Töchtern Softline Solutions GmbH (Leipzig, derzeit rund 60 Mitarbeiter) und Prometheus GmbH (München, etwa 50 Mitarbeiter), betreibt. Das Geschäft basiert nämlich fast ausschließlich auf Menschen und ihren Fähigkeiten.

Lieber Herr Dr. Löschke, als Sie sehr überraschend zunächst als Aktionär, dann als Vorstand bei Softline auftauchten – übrigens vielleicht der größte Coup des bis dahin allein amtierenden Vorstands Christoph Michel, Sie dafür zu begeistern –, war natürlich für viele Branchenkenner klar, was Sie vorhaben. Doch sie irrten. "Wir wollen ganz bestimmt keine neue PC-Ware aufbauen", stellten Sie vergangene Woche noch einmal klar. Wichtigstes Unterscheidungskriterium: Softline handelt nicht, weder mit Hardware noch mit Software. (Minimale Umsätze werden noch über den Online-Shop erzielt, doch dieses Geschäft ist nicht strategisch und läuft aus.) Die "Assets", wie man heute sagt, die Assets der Softline-Unternehmungen bestehen ausschließlich in dem Wissen und Können der Menschen, die man beschäftigt, der fest angestellten (Softline Solutions) sowie der freiberuflich tätigen (Prometheus). Das Angebot besteht ausschließlich aus Dienstleistungen, angefangen von der Beratung über Software Asset Management, Multivendor Premier Support, Infrastruktur-Consulting, Managed Services bis hin zur Lizenzberatung und zur Beschaffungsoptimierung. Bei der Beschaffung beschränkt sich Softline Solutions auf die Beratung und Vermittlung, bewegt selbst aber keine Pakete. Die Prometheus versteht sich wie bisher schon als "Dienstleister der Dienstleister" und stellt Systemhäusern, Hard- und Softwareherstellern und Distributoren Freelancer und/oder eigene Spezialisten zur Verfügung (Arbeitnehmerüberlassung/“Bodyleasing“).

Nachdem Ihr Kollege Christoph Michel – er übernahm im Frühjahr 2008 das Amt bei dem damals angeschlagenen Softwareanbieter – in den vergangenen Jahren das Unternehmen auf ein neues Fundament stellte (Verkauf des Distributors TradeMail, zeitweilige Ausgliederung von Prometheus an einen Finanzinvestor, Verlegung des Firmensitzes nach Leipzig) und man daher sehr stark mit sich selbst beschäftigt war, haben die Sachsen nun wieder Ziele und Visionen und wollen sich auch stärker wieder in den Medien zeigen. Zwar haben Sie nicht wie damals bei PC-Ware einen 30-Jahres-Plan (!), aber was Sie wollen, das wissen Sie und Michel genau, nämlich Spezialist im europäischen Mark für Software Asset Management zu werden. Den Sprung über die deutsche Grenze hat das Unternehmen mit der Gründung der Softline Solutions Netherland B.V. in Utrecht gerade getan. Weitere Auslandsniederlassungen sollen folgen, teils in Form von Neugründungen, teils durch Übernahmen.

Für diese Expansion braucht man Geld, ist ja klar, und damit sind wir wieder bei den drei wichtigsten Dingen der Unternehmensführung, die Sie Ihren Wirtschaftsstudenten an der HTWK Leipzig eintrichtern (1. Kapital, 2. Kapital, 3. Kapital). Aber dass es so ganz ohne Menschen dann doch nicht geht, ist natürlich auch dem Firmengründer Löschke klar. "Wir sind auf der Suche nach den besten Leuten", sagten Sie zum Schluss unseres Gesprächs. Rund zwei Dutzend von diesen besten sind bereits von PC-Ware zu Softline gekommen. Auch der Geschäftsführer der Softline Solutions, Gerhard Lindemann, hatte bis Ende 2009 eine PC-Ware-Visitenkarte. Aber trotzdem bleiben Sie dabei: "Wir bauen hier keine neue PC-Ware auf."

Beste Grüße

Damian Sicking

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