Verhandlungsstrategien für den Einkauf

Welche Marge Sie an Produkten und Dienstleistungen erwirtschaften können, hängt nicht nur davon ab, wie gut Ihre Vertriebsmannschaft ist. Auch in Ihrem eigenen Einkauf lässt sich sicher nochmal an der Preisschraube drehen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wann haben Sie eigentlich das letzte Gespräch mit dem Distributor oder dem Hersteller geführt, bei dem es um Preise, Boni und Rabatte ging? Wenn die Antwort "erst kürzlich. Ich mache das regelmäßig" lautet, dann haben Sie schon mal die wichtigste Regel im Einkauf erfolgreich umgesetzt. Denn wachsam zu bleiben und die Konditionen regelmäßig auf den Prüfstand zustellen, das fällt vielen Firmen bzw. den zuständigen Mitarbeitern schwer. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier und hat es gern bequem. Das ist schön, wenn es sich ihr Kunde gemütlich bei Ihnen eingerichtet hat. Betrifft diese harmonische Beziehung aber Ihren eigenen Einkauf, dann haben Sie ein Problem.

Optimale Preise werden Sie nur bekommen, wenn Sie diese auch fordern und zudem Zeit in die vergleichende Recherche investieren. Und vor allem, in dem Sie dem Lieferanten klar machen, dass er jederzeit austauschbar ist. Das geht natürlich nicht so einfach, wenn man dem Hersteller gegenübersitzt, an den man sich exklusiv gebunden hat. Aber bei Distributoren, Verpackungslieferanten oder Subdienstleistern geht es durchaus. Wenn Sie den optimalen Preis rausholen wollen, sollten Sie die folgenden Punkte beachten.

1. Der Lieferant ist nicht Ihr Freund

Zu den psychologischen Tricks in einem Verkaufsgespräch gehört die Herstellung der persönlichen Atmosphäre. Es ist gar nicht so einfach, knallhart zu verhandeln, wenn man den anderen persönlich schätzt und vielleicht auch noch weiß, dass er vom Bonus das neue Rad seiner Tochter finanzieren wollte. Tun Sie sich den Gefallen und lassen Sie sich nicht darauf ein. Sagen Sie, dass Sie gerne erst das Geschäftliche erledigen und dann zum gemütlichen Teil übergehen möchten.

2. Behalten Sie die Fäden in der Hand

Bei Verkaufsverhandlungen versucht jede Seite die Gesprächsführung an sich zu reißen. Denn dann steuert man auch, welche Themen zuerst auf den Tisch kommen und wie viel Zeit man mit den einzelnen Punkten verbringt. Sie sind der, der das Geld mitbringt, also geben Sie auch das Thema vor. Wenn Ihr Gegenüber in dieser Hinsicht ein schwieriger Fall ist, dann schicken Sie ihm vor dem Gespräch doch eine Agenda. Er kann dann gerne vorab Vorschläge für weitere Punkte einbringen. Die werden Sie berücksichtigen – falls sich noch Zeit dafür findet.

3. Blicken Sie über den Tellerrand

Auch wenn Sie mit dem Service des Lieferanten eigentlich zufrieden sind, sollten Sie nicht faul werden. Behalten Sie den Markt im Auge, dann merken Sie auch, wenn die Produkte überall anders plötzlich deutlich günstiger zu haben sind. Sie sollten die Angebote der Wettbewerber jedenfalls präsent haben und diese auch im Gespräch benennen können. Sie müssen nicht damit drohen, dass Sie wechseln könnten. Die Tatsache, dass Sie den Markt beobachten und Informationen einholen, signalisiert das zu genüge.

4. Führen Sie Protokoll über die Zusammenarbeit

Um zu entscheiden, ob sich die Zusammenarbeit noch rechnet, sollten Sie nicht nur die Preise, sondern auch Service und Zuverlässigkeit in Ihre Überlegungen mit einbeziehen. Leider vergißt man solche Sachen aber schnell. Daher sollten Sie sich Dinge, die aus dem üblichen Rahmen fallen, unbedingt notieren. Die positiven können vielleicht den Ausschlag dafür geben, dass Sie trotz einer minimalen Kostenersparnis doch lieber bei diesem Lieferanten bleiben wollen. Die negativen Erfahrungen sind Geld wert: will Ihr Lieferant die Preise erhöhen oder zickt beim Rabatt herum, können Sie diesen "Schaden" mit in die Waagschale werfen. Dann ist der Lieferant Ihnen nämlich etwas "schuldig".

5. Bleiben Sie flexibel

Wenn Ihr Lieferant Ihnen seine Software zur Abwicklung und Verwaltung der Bestellungen anbietet, sollten Sie vorsichtig sein. Vielleicht sparen Sie sich mit dieser "kostenlosen" Variante erst mal Geld, aber Sie verlieren auch einen Teil Ihrer Freiheit. Denn hat sich das System erst mal bei Ihnen etabliert, werden Sie die Mühe scheuen, ein anderes einrichten zu müssen. Ihre Software darf nicht für den Lieferanten, sondern muss für Sie arbeiten. Das bedeutet, dass auch hier die Voraussetzungen für einen schnellen Wechsel immer gegeben sein müssen.

6. Bleiben Sie locker

Erwarten Sie nicht, dass Sie bei diesem Gespräch sofort mit einem gigantischen Preisnachlass rausgehen. Fordern Sie mehr, als Sie wirklich wollen und lassen Sie sich runterhandeln. Dann hat der Lieferant den Eindruck, er hätte für sich auch noch was rausgeholt. Und geben Sie dem Partner Zeit, sich von diesem Schock zu erholen. Sagen Sie ihm, dass er Ihnen nicht sofort antworten muss. Setzen Sie ein zeitliches Limit. Und prüfen Sie in der Zwischenzeit ernsthaft die anderen Optionen. Denn wenn sich Ihre Wechseldrohung als leeres Geschwätz entpuppt, haben Sie für immer verloren. Wer die besten Preise haben will, darf nicht nur mit Lieferantenwechsel drohen, sondern muss bereit sein, diesen Schritt tatsächlich zu gehen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)