Brave Mulis: CFMoto UForce 600/1000

Der Powersports-Hersteller CFMoto bedient die Nische "gute Produkte zu einem fairen Preis". Wir schauen uns die aktuellen Nutz-Side-by-Sides an.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Es war der Zufall: Bei der Fahrzeugausgabe des Test-Events war zuerst der kleinere UForce 600 frei, mit dem ich folglich anfing. Testen würde ich eh beide Side-by-Side-Vehicles (SSV). Die kleinere Variante stellte sich wie so oft als Glücksgriff heraus. Anschalten. Der einfache Segment-LCD-Tacho zeigt die Basics. Der Einzylinder-Benziner mit 580 cm3 startet bei -1° C in zwei Kurbelwellenumdrehungen und läuft rund. Die Vibrationen des teiltragend montierten Motors kommen beim Fahrer kaum an. Das sind heute Selbstverständlichkeiten, aber wer vor 20 Jahren zuletzt bei CFMoto gekauft hat, sollte um diese steile Lernkurve wissen. Darum hat sich der chinesische Hersteller in dieser Zeit in vielen Märkten an die Spitze der Verkaufszahlen gesetzt.

CFMoto bietet Fahrzeuge an, die günstiger sind als vergleichbare Konkurrenten, für den Breitenkunden letztlich aber praktisch das Gleiche können. Beispiel: Der UForce 600 kostet ab 15.699 Euro – mit Winch, die bei CFMoto durchgängig serienmäßig verbaut ist. Ich werde hier zum Vergleich immer wieder Can-Am (BRP) heranziehen, weil ich mit diesen Fahrzeugen einige Erfahrung habe. Also: Ein Can-Am Traxter Base HD7 T kostet ab 16.099 Euro, hat aber keine Winch. Mit Winch (Traxter XU HD7 T) sind es bei Can-Am dann ab 18.299 Euro. Vom Mehrpreis spürt der Kunde am ehesten den etwas kräftigeren Motor, der bei Can-Am 38 kW statt 30 kW wie bei CFMoto leistet.

Der UForce 600 federt selbst auf eiskaltem Dämpferöl erfreulich komfortabel. Wenn man ihn prügelt, weil jemand anders die Rechnung bezahlt (hüstel), schlagen die Dämpfer auf buckligen Untergründen schon einmal durch – ein Kompromiss, den ich so jederzeit eingehen würde. Der UForce 1000 kommt mit einer merklich strafferen Feder-Dämpfer-Abstimmung, die folglich mehr Reserven bietet, aber im Alltag bei geringer Beladung eben entsprechend unkomfortabler federt. Wer öfter alleine mit leichter Ladung Strecke macht (z. B. beim Einsatz in der Jagd), wird mit dem 600er wahrscheinlich glücklicher.

CFMoto Uforce 600/1000 (9 Bilder)

It was a rental. I was not gentle. Ich war aber positiv überrascht vom kleinen UForce.
(Bild: CFMoto)

Ähnliches gilt für den Motor. Der kleine Einzylinder spricht gut an und gibt sehr gutmütig Leistung ab. Bei hohem Bedarf tritt man das Pedal voll durch. Sehr steile Passagen mit Ladung erfordern dann eben die Geländeuntersetzung. Das gefiel mir für viele Einsatzbereiche besser als die stärkere Motorisierung. Der UForce 1000 geht sehr viel spitzer ans Gas, sodass sich der 600 einfacher fährt, wenn Gefühl angesagt ist – etwa für die rutschige Waldpassage, auf der man keine Ladung verlieren will. Auch hier wissen, was man braucht: Der Mehrpreis für den 1000-cm3-Zweizylinder lohnt sich dann, wenn häufig große Lasten transportiert werden, denn die Höchstgeschwindigkeit liegt nur geringfügig über dem 600er-Modell.

Beiden Modellen gemein ist der Antrieb: ein stufenloses Getriebe (CVT) mit Geländeuntersetzung, Rückwärtsgang und Fliehkraftkupplung, also wie überall im Bereich ATV/SSV. User können nur die Hinterachse antreiben lassen oder die Vorderachse zuschalten. An der Vorderachse kann man das Querdifferenzial per Knopfdruck sperren. An der Hinterachse verbaut CFMoto serienmäßig ein Torsen-Sperrdifferenzial. Das heißt, man kann im Gartenbau-Einsatz rasenschonend fahren, oder auf Asphalt quietschfrei durch die Kurven. Durch den engen Radstand kommt das Side-by-Side problemlos durch Terrain, in dem bei größeren Fahrzeugen Aufsetzen Thema wird. Das gilt natürlich wie immer nicht für die Langversion, die 2023 neu kam als UForce 1000 XL mit sechs Sitzen und einer Pritsche, auf die eine Standardpalette passt. Der Allradantrieb meistert auch schwierige Passagen problemlos, im 600er mit der einfachen Taktik "Geländeuntersetzung und Vollgas". Der 1000er verlangt wie gesagt etwas mehr Gefühl im Gasfuß im Gummistiefel, verführt dafür aber auch mehr zum fahrerischen Überschwang.

CFMoto hat begriffen, wie wichtig gutes Zubehör für die Kundenbindung ist und baut dort folglich kräftig aus. Das läuft zum großen Teil über die Händler und gemeinsame Zulieferer. CFMoto wirbt zum Beispiel damit, dass die geschlossene Kabine mit Scheibenwischer, Scheibenwaschanlage und Warmwasserheizung in Europa gefertigt wird. In den Zubehörauswahlen enthalten sind dabei auch eine Vielzahl an passenden Anhängern und Aufsätzen für den Einsatz als Kleintraktor: Schneeschild, Mäher, Streuer, Scheibenkultivator. Das Vorgehen hat den großen Vorteil, dass alles so gekaufte Zubehör aus einer Hand kommt und entsprechend passt. Die richtig schicken, fancy Hersteller-originalen Zubehörsachen à la Can-Am Originalzubehör fehlen, sind aber für den Einsatz in Land- und Forstwirtschaft sicherlich auch weniger wichtig als im Sportbereich. Die aktuellen UForce-Fahrzeuge sind sehr solide Angebote, die sich als besser als gedacht herausstellten. Mit einem guten Händler und den aktuellen Garantien gibt es keine Gründe, das nicht zu kaufen, aber viele, das zu tun.

Zuletzt konnte ich durch langes auf-der-Lauer-liegen eine Fahrt im beliebtesten Fahrzeug des gut besuchten Testtages ergattern, im ZForce 1000, CFMotos Sport-SSV. Aufgrund der Nischigkeit dieses Fahrzeugs hänge ich es hier einmal an. Auf dem Papier liest sich das Ding für Straßenfahrer zunächst einmal so mittelspannend: Der bekannte 963-cm3-Zweizylinder leistet 58 kW, die Höchstgeschwindigkeit liegt je nach Zulassung bei 60 oder 120 km/h. Der ZForce kostet ab 21.999 Euro. Gelände-Freaks werden aber die arschlangen Längslenker der Hinterräder auffallen, die gut zugänglichen Luftfilter, und wenn 120 km/h sich zu langsam anfühlen, dann meistens, weil man auf einer Schotterpiste unterwegs ist, auf der ein Opel Corsa (Test) es auch getan hätte.

CFMoto ZForce 1000 Sport R (3 Bilder)

Sehr nischig, aber auch sehr lustig: Der ZForce 1000 produziert Buggy-Gefühle.
(Bild: CFMoto)

Mit der Beschränkung auf 60 dürfen dieses Gerät auch Jugendliche ab 16 mit FS-Klasse T fahren, wenn sie im Auftrag der Forst- oder Landwirtschaft unterwegs sind, wofür sich schon eine Ausflucht finden wird ("Ich bringe Vadder ein Getränk raus zur Weide!" *BRRAAAAPP!*). So etwas kann ihnen die Sucht nach solchen Fahrzeugen frühzeitig und sehr nachhaltig einimpfen. Mit der montierbaren AHK gibt es eine Land- und Forstwirtschafts-Zulassung (LoF), die (um es hier kurz zu halten) einzig gescheite Zulassungsart für solche Fahrzeuge. Kunden müssen da auch nichts weiter tun, die CFMoto-Händler übernehmen für sie die LoF-Zulassung aller Geländefahrzeuge. Und mit dem schlau gestalteten Gepäckträgerbereich über dem Antrieb hinter den Sitzen ist der ZForce gar nicht so unpraktisch, wie er auf den ersten Blick ausschaut.

Der Antriebs-Wahldrehschalter stand auf Hinterradantrieb und hat diese Stellung, glaube ich, den ganzen Tag unter keinem Fahrer lang verlassen. Driften im Gelände ist einfach zu schön, und anders als beim Driften auf Asphalt sind die Lenkrad-Winkelgeschwindigkeiten auch von weniger Geübten leistbar – ähnlich wie beim früher beliebten Straßenauto-Fahren auf dem zugeschneiten Parkplatz. Mit Hinterradantrieb entsteht echtes Buggy-Feeling. Die langen Federwege bügeln alles weg. "Du bringst den nicht zum Durchschlagen", sagte ein Kollege mit einer merkwürdigen Mischung aus Verzweiflung und Extase im Gesicht beim Aussteigen. Challenge accepted! Habs aber auch ned geschafft auf der kurzen Runde der Teststrecke. Ich habe sofort darüber nachgedacht, einen ZForce zu kaufen. Hier stößt jeder jedoch auf die gleichen zwei Fragen: Wo fahre ich damit sozialverträglich? Und: Wo stelle ich den jetzt wieder hin?

(cgl)