VW Tiguan eHybrid: Probefahrt mit der nächsten Generation

Im Herbst stellt VW die dritte Auflage des Bestsellers Tiguan vor. Ertüchtigt wurde vor allem der Plug-in-Hybrid. Ein erster Eindruck

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VW Tiguan 2024

Der dritte VW Tiguan wird vermutlich auf der IAA im September offiziell vorgestellt. In der Verkauf kommt er ab Anfang 2024.

(Bild: VW)

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Die Anpreisung des bisherigen Tiguan eHybrid auf der Volkswagen-Webseite hat inzwischen etwas unfreiwillig Komisches. Unter der Überschrift „Vollladen muss nicht lange dauern“ heißt es weiter: Mit einer Ladeleistung von 3,6 kW sei die Batterie sogar innerhalb von ca. 3:40 Stunden wieder voll. Die Reichweite liegt selbst unter den entgegenkommenden Bedingungen des WLTP nur bei maximal 49 km. Offiziell bestellen kann man diesen Tiguan schon seit geraumer Zeit nicht mehr, und bei VW wissen sie natürlich, dass ein Plug-in-Hybrid mit diesen Eckwerten spätestens mittelfristig keine Chance mehr auf dem Markt haben wird.

Andererseits ist der Tiguan global derzeit VWs Bestseller, was eher dem Format als dem Auto an sich zuzuschreiben ist. Die zweite Generation ist seit 2016 auf dem Markt und abgesehen von einer kleinen Auffrischung im Herbst 2020 hat sich seitdem am Tiguan nichts wirklich dramatisch verändert. Nach acht Jahren soll im nächsten Jahr die dritte Auflage auf den Markt kommen, die vermutlich auf der IAA in München vorgestellt wird. Ihr fällt in doppelter Hinsicht eine besondere Rolle zu: Einerseits hofft VW natürlich, an die Erfolge des bisherigen Modells anknüpfen zu können, andererseits bedeutet der nächste Tiguan einen Abschied. Es wird voraussichtlich das letzte Modell der Kernmarke sein, das mit einem Verbrenner neu auf den Markt kommt. Wir konnten uns einen ersten Eindruck vom 2024er-Tiguan verschaffen.

Äußerlich, so viel lässt sich trotz der tarnenden Folien schon erkennen, strebt VW keine Revolution an. Das Design bleibt konservativ und ähnelt gerade an der Front dem VW ID.4. In der Länge legt der Tiguan minimal auf 4,51 m zu, die Höhe schrumpft etwas. An den Platzverhältnissen im Innenraum ändert sich damit nichts: Für ein SUV dieser Größe bietet auch der nächste Tiguan ein ordentliches Platzangebot. Nochmals etwas größer wird der Kofferraum. Entscheidend verbessert haben will VW den Luftwiderstandswert, der von 0,34 auf 0,29 gesunken sein soll.

Wesentlich umfangreicher als außen greift VW im Innenraum ein. Hart war die Kritik, die VW für die margenoptimierten Innenräume einstecken musste. Im von uns gefahrenen Vorserienmodell war der Eindruck ein gänzlich anderer: Die Materialien erschienen hochwertig, die Verarbeitung solide. Das Kombiinstrument ist im Armaturenbrett integriert, der riesige Bildschirm in der Mitte wirkt wie ein angeklebtes Tablet. Je nach Ausstattung soll es zwischen 12,9 und 15 Zoll groß sein. Die Menüführung ist intuitiver aufgebaut als bislang in neueren VW-Modellen, die Software lief im Vorserienmodell stabil.

Interessanterweise war ein Lenkrad ohne Wischflächen verbaut. Die mechanischen Tasten mögen weniger modisch erscheinen, machen aber stets schon beim ersten Betätigen genau das, was sie sollen. Hoffentlich setzen sich die Pragmatiker durch und das zieht in dieser Form auch ins Serienmodell ein. Was schon feststeht, ist die Entsorgung der kleinen Kunststoffscheibe, auf der bisher das optionale Head-up-Display seine Information ausspielte. Hier macht der Tiguan gewissermaßen zwei Schritte vorwärts, denn wie in den ID-Modellen wird es wohl auch hier eine Ausführung mit Augmented Reality geben.

Den Innenraum hat VW stärker verändert als das Äußere.

(Bild: VW)

Unterwegs fällt auf, dass VW die Spreizung der Fahrmodi spürbar vergrößert hat. Der Comfort-Modus filtert in Verbindung mit dem adaptiven Fahrwerk mehr Unebenheiten heraus als bisher. Deutlich straffer wird der Sport-Modus. Die Lenkung erschien uns direkter ausgelegt als im noch aktuellen Tiguan. Verbessert scheint auch die Geräuschdämmung. Optional will Volkswagen mit einem Akustikpaket in dieser Hinsicht nachlegen.

Das Motorenangebot wird künftig aus den schon bekannten Benzinern und Dieselmotoren und zwei Plug-in-Hybriden bestehen. Zum Start Anfang nächsten Jahres sind der 1.5 TSI mit 110 kW und zwei Diesel mit 110 und 142 kW geplant. Etwas später folgend die beiden Plug-in-Hybride. In beiden arbeiten ein Benziner mit 115 kW und ein E-Motor mit 96 kW zusammen. Je nach Ausführung liegt die Systemleistung bei 150 oder 200 kW, das maximale Drehmoment des Verbunds immer bei 400 Nm. Bisher lag die Systemleistung im Tiguan eHybrid bei 180 kW.

Unter anderem zwei Plug-in-Hybride will VW im Tiguan künftig anbieten. Sie laden deutlich schneller als das bisherige Modell und erreichen dank größerer Batterie auch mehr Reichweite.

(Bild: VW)

Wichtiger ist aber wohl, dass VW an zwei anderen Stellen aufrüstet. Mit einem Energiegehalt von 18 kWh sollen im WLTP bis zu 100 km möglich sein. In der Praxis dürfte ein Plug-in-Hybrid, der weiterhin den E-Motor zwischen Verbrenner und Getriebe unterbringt, mit diesem Energiegehalt in der Regel eher rund 70 km schaffen, was gegenüber dem bisherigen Modell immer noch ein großer Fortschritt wäre.

Bislang war die maximale Ladeleistung bei 3,6 kW an Wechselstrom erreicht. Wie schnell es auf diesem Weg künftig geht, wollte VW noch nicht verraten. Wir vermuten aber, dass VW zumindest gegen Aufpreis dreiphasiges Laden mit 11 kW ermöglichen wird. Nochmals sehr viel schneller wird es an Gleichstrom. Hier sollen bis zu 50 kW möglich sein. Die kleine Batterie sollte auch bei einer fallenden Ladekurve in weniger als einer halben Stunde wieder gefüllt sein. In Plug-in-Hybriden ist diese Option die absolute Ausnahme.

Das aktuelle Basismodell des Tiguan kostet 32.930 Euro. Mit nur geringfügig höheren Ansprüchen steigt der Listenpreis steil an. Allein der Wunsch nach einem Automatikgetriebe hebt die Schwelle auf 37.355 Euro, der am wenigsten teure Diesel kostet 35.550 Euro. Mit einem Ausstattungsumfang, den die meisten Tiguan-Käufer wählen, sind 40.000 Euro sicher überschritten. Mit dem Nachfolger werden die Preise ziemlich sicher nochmals steigen. Doch übertreiben kann Volkswagen das Spiel nicht, wenn der Tiguan weiterhin globaler Bestseller bleiben soll. Mit dem Gespann aus ID.4 und ID.5 hat er interne Konkurrenz, die an die Tiguan-Verkaufszahlen insgesamt bislang allerdings nicht heranreichen.

(mfz)