c't-Podcast: "Der Informationskrieg ist schon da"

Deutschland nimmt die Manipulationsversuche Russlands nicht ernst genug, sagt Julia Smirnova im Podcast "Frauen und Technik"

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Svea Eckert
  • Eva Wolfangel

Deutschland gehe gegen Einflussnahmeversuche von Russland nicht entschieden genug vor, sagt Julia Smirnova, Expertin für russische Desinformation und Analystin beim ThinkTank Cemas, im c't-Podcast Frauen und Technik. Der russische Geheimdienst sei im Vorfeld der Bundestagswahlen in Deutschland aktiv, um unter anderem in den sozialen Medien die öffentliche Meinung zu manipulieren. "Auf politischer Ebene könnte noch deutlich konsequenter gehandelt werden", sagt Smirnova.

Spätestens seit interne Dokumente des russischen Geheimdienstes die Hintergründe der sogenannten Doppelgänger-Kampagne zeigten, sei klar, dass Deutschland im Fokus Russlands steht. Das zentrale Element der Kampagne sind gefälschte geklonte Nachrichtenseiten, aber auch eigene Propagandaseiten. Links zu diesen Webseiten werden von einer Vielzahl von Accounts auf Social Media verbreitet. "Und die Kampagne läuft weiter, obwohl sie schon vor zwei Jahren entdeckt wurde", warnt Smirnova.

Dabei gebe es keinen Grund, solche Kampagnen auf die leichte Schulter zu nehmen: "Aus den internen Dokumenten weiß man, dass Deutschland ein zentrales Ziel Russlands in Europa ist." Unter anderem gehe es Russland darum, prorussische Kräfte zu stärken, die Unterstützung für die Ukraine zu schwächen und europäische Demokratien zu destabilisieren. Dafür würden unter anderem Ängste geschürt und Desinformation verbreitet.

Als Korrespondentin hat Smirnova die Anfänge russischer Desinformation selbst miterlebt. Als sich im Winter 2011/2012 russische Oppositionelle über die sozialen Medien organisierten, habe der Kreml diese Entwicklung auch als eine Gefahr für die eigene Macht gesehen. "Diese Technologien machten den Kreml zunehmend nervös, und er entschied, sie für seine eigene Propaganda auszunutzen."

Offenbar mit Erfolg, wie aktuelle Entwicklungen zeigen: Nachdem nun die Präsidentschaftswahl in Rumänien annulliert wurde wegen massiver russischer Einflussnahme unter anderem über TikTok und Russland zudem versucht hatte, die Wahl in Moldau sowie ein EU-Referendum zu kippen, sei es an der Zeit, in Deutschland aktiver zu werden. Andere Länder seien weiter, betont Smirnova: Frankreich beispielsweise habe eine eigene Agentur, und auch in Schweden gibt es die staatliche gegen die hybride Kriegsführung Russlands.

Zur Verteidigung gegen Informationsangriffe müsse man diese genau analysieren und stoppen: "Man muss Kampagnen schnell identifizieren, Sanktionen durchsetzen und Geldflüsse unterbrechen."

Einerseits gehe es um die verdeckte Finanzierung von Parteien, Medien und anderen Akteuren wie Influencern durch Russland. "Dieses Phänomen hat man jetzt in mehreren Ländern gesehen." So haben US-Behörden vor der dortigen Wahl aufgedeckt, dass 10 Millionen US-Dollar aus Russland an eine Firma geflossen sind, die Influencer bezahlt. Und auch in Rumänien wurden Influencer bezahlt, um den Russland-freundlichen Kandidaten Călin Georgescu zu stärken.

Und andererseits müsse man die Kampagnen auf technischer Ebene stören. "Russland darf gar nicht dazu kommen, zehntausende Accounts in den sozialen Medien anzulegen." Zudem sei es wichtig aufzuklären und zu zeigen, wie die hybride Kriegsführung funktioniert und dass Russland dafür bereits in der Bevölkerung vorhandene Ängste ausnutzt und instrumentalisiert.

Einfach wird es nicht, denn Russland habe viel Erfahrung in Informationsoperationen, die oft mit Cyberangriffen und der Veröffentlichung gestohlener Dokumente einhergehen. Haben wir überhaupt noch eine Chance? "Ich würde sagen, es ist noch nicht entschieden", sagt Smirnova, "aber es hängt jetzt von uns ab." Jetzt sollte Deutschland das Thema ernster nehmen und entsprechend auf Informationsangriffe auf Russland reagieren.

"Frauen und Technik" erscheint immer Mittwochs, alle 14 Tage. Svea Eckert und Eva Wolfangel diskutieren ein Tech-Thema und treffen inspirierende Frauen aus und rund um die Tech-Welt.

(mond)