Neue Kupplung für Europas Güterbahnen: Zwischen Fortschritt und Kritik
Die Digitale Automatische Kupplung soll 100 Jahre alte Technologie ablösen. Doch ihre flächendeckende Einführung finden nicht alle sinnvoll.
Die Digitale Automatische Kupplung soll den Schienengüterverkehr effizienter machen.
(Bild: DB)
Die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) im Schienengüterverkehr rückt mit der Freigabe zusätzlicher Bundesmittel näher. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zusätzliche 8,25 Millionen für das DAC4EU-Projekt freigegeben. Ab dem Jahr 2026 sollen bis zu 100 Pionierzüge mit der modernen Kupplung in Europa fahren. Doch nicht alle Beteiligten sehen das Vorhaben uneingeschränkt positiv.
Auf den ersten Blick erscheint der Wechsel auf die neue Kupplung logisch oder sogar überfällig. Denn die DAK ersetzt die 100 Jahre alte Schraubenkupplung. Diese muss nicht nur von Hand geschehen und ist infolgedessen gefährlich: Sie gilt auch als störanfällig, erhöht die Kosten und verlangsamt die Zusammenstellung von Zügen. Das neue Verfahren soll erstmals auch eine digitale Überwachung der Zugvollständigkeit ermöglichen, da eine durchgängige Strom- und Datenverbindung hergestellt wird.
Kritik: Für Ganzzüge nicht so wichtig
Ab dem Jahr 2028 sollen 500.000 Güterwaggons in Europa mit der DAK ausgerüstet werden. Mehrere europäische Bahnen arbeiten gemeinsam an dem Projekt. Bereits Anfang 2022 erfolgten Praxistests mit Prototypen. Die DAK verbindet Güterwagen automatisch miteinander. Sie stellt ohne Handarbeit des Rangierpersonals eine mechanische und elektrische Verbindung zwischen den Wagen her und verbindet automatisch die Druckluftleitung für die Bremsen. Zudem soll die elektronische Steuerung der Bremsen den Bremsweg verkürzen und dadurch schnellere Fahrten erlauben.
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Doch es gibt auch skeptische Stimmen: Der Verband der europäischen Güterbahnen (ERFA) sieht die geplante flächendeckende Einführung kritisch, erklärte ERFA-Präsident Dirk Stahl im Gespräch mit der Deutschen Verkehrs-Zeitung. Die Digitale Kupplung nütze hauptsächlich dem Einzelwagenverkehr, argumentiert der Verband. Im Intermodal- und Ganzzugverkehr, der zumeist von den Containerhäfen ausgeht, kämen viele Vorteile der DAK nicht zum Tragen. Und bei Mehrsystemloks gebe es sogar technische Bedenken wegen des Zusatzgewichts der Hybridkupplungen von rund 1,5 Tonnen. Dem Verband wäre es wichtiger, dass sich die Europäische Union auf die europäischen Standards für die Eisenbahnsteuerung, ERTMS (European Rail Traffic Management System) und ETCS (European Train Control System), konzentriere.
(mki)