Bundesnetzagentur: Glasfasermodem vom Anbieter keine Pflicht

Die Bundesnetzagentur hat entschieden, dass Kunden auch bei Glasfasernetzen das Endgerät frei wählen dürfen – und erteilt den Netzbetreibern eine Abfuhr.

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Glasfaseranschluss der Deutschen Telekom.

Glasfaser-Netzabschluss der Telekom mit benachbartem Router.

(Bild: heise online)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Entscheidung der Bonner Aufsichtsbehörde für den Telekommunikationsmarkt ist eindeutig: "Die aus VDSL- und Kabelnetzen bekannte freie Wahl des Endgeräts am Netzabschlusspunkt gilt weiter auch für Glasfasernetze", sagt Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller. Damit lehnt die Regulierungsbehörde Begehren von Netzbetreibern ab, die eine Ausnahmeregelung für die Endgerätefreiheit erreichen wollten.

Bei den in Deutschland üblichen passiven Glasfaseranschlüssen (PON) werden von einem Port des Optical Line Terminal (OLT), dem letzten aktiven Gerät beim Anbieter, über einen passiven Splitter normalerweise bis zu 32 oder 64 Kunden mit Lichtwellenleitern versorgt. Das optische Signal geht von dort zu einem beim Kunden installierten Optical Network Terminal (ONT). Das ist entweder ein eigenständiger Signalumwandler, an den dann ein Router angeschlossen wird, oder bereits in einen PON-fähigen Router integriert.

Bei der Entscheidung ging es im Wesentlichen um die Frage, wo das Netz eines Anbieters endet und die Endgerätefreiheit der Kunden beginnt: Ist das ONT noch Teil des Betreibernetzes? Oder gehört es zum Bereich des Hausnetzes, in dem die Endgeräte-Wahlfreiheit für Verbraucher herrscht?

Die Netzbetreiberverbände hatten argumentiert, dass "der ONT als passiver Netzabschlusspunkt aufgefasst werden kann, weil es sich zwar grundsätzlich um ein aktives Gerät handelt, der LAN-Ausgang aber passiv ist." Sprich: Das Glasfaser-Modem sei noch Teil des Betreibernetzes und erst ab dessen LAN-Buchse beginne die Endgerätefreiheit.

"Die Bedenken der Verbände waren zu keinem Zeitpunkt darauf gerichtet, diese Wahlfreiheit aufzuheben", erläutert Frederic Ufer, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Vielmehr sei es um Probleme durch das Anschließen von Geräten mit fehlerhafter Firmware oder von ungeeigneten Endgeräten gegangen.

Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) sieht die Entscheidung der Bundesnetzagentur mit Bedauern: "Eine Definition des ONT als Teil des öffentlichen Telekommunikationsnetzwerks hätte die Behebung durch inkompatible Geräte verursachter Störungen durch den Netzbetreiber erleichtert und beschleunigt."

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Als typische Probleme führten die Netzbetreiber unter anderem an, dass fehlerhafte Endgeräte – etwa mit defekten SFP-Modulen – durch zu starke Lichtsignale dazu führen könnten, dass der Splitter (OLT) sich automatisch abschalten würde. Außerdem könnten Lichtsignale für andere Kunden überstrahlt werden. Ebenfalls sei mit Endgeräten zu rechnen, die sich nicht an die Signalorder im typischen Zeitmultiplexverfahren (TDM) halten.

Insbesondere von möglicherweise auf den Markt strömenden, für Deutschlands Anbieter aber ungeeigneten Glasfaserrouter-Kombinationen befürchteten die Verbände Ungemach und Kundenbeschwerden, für die sie sich nicht verantwortlich sehen – etwa dann, wenn Kunden AON-Endgeräte an GPON-Infrastruktur anschließen.

Mit der am Mittwoch bekanntgegebenen Entscheidung der Bundesnetzagentur ist klargestellt, dass das ein Problem der Kunden bleibt: Wer ungeeignete oder defekte Hardware betreibt und damit das Glasfasernetz stört, muss im schlimmsten Fall damit rechnen, dass der Provider ihn in Regress nimmt, wenn die Nachbarschaft deshalb offline geht. Praktisch sind solche Fälle allerdings bislang nicht bekannt.

Die Bundesnetzagentur fand die vorgetragenen Argumente nicht stichhaltig: Dass es den Anbietern um die Nutzerinteressen gehe, bezweifelt sie – zwar wären Verbraucher "an einer störungsfreien und qualitativ abgesicherten Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen interessiert", allerdings seien die "behaupteten Interoperabilitäts- und Sicherheitsprobleme durch den Zugang am passiven Netzabschlusspunkt nicht belegt" worden.

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Die BNetzA erwartet, dass sich Probleme perspektivisch durch Router mit eingebautem GPON-Modul ausschleichen werden. Das sei die erwartbare Entwicklung im Endkundenmarkt – so wie schon zuvor bei Kabelanschlüssen und DSL.

Damit liegt der Ball somit vorerst wieder bei Glasfasernetzbetreibern und Endgeräteherstellern: Ein Gutteil des Problems liegt vor allem am für Durchschnittsverbraucher kaum überschaubaren Nebeneinander von Standards, Betriebsmodi und kaum für Laien unterscheidbare Eigenschaften.

Wer also einen Glasfaserrouter direkt anschließen will, muss sich derzeit vorher sowohl über die Spezifikationen seines Anbieters als auch die seines Endgerätes sehr genau informieren, wenn eigene Geräte zum Einsatz kommen sollen.

Zufrieden mit der Entscheidung der Bundesnetzagentur zeigt sich der Verbund der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE): Das Bekenntnis zur freien Endgerätewahl sei ein "notwendiges positives Signal". Dem Verband gehört unter anderem "Fritz"-Hersteller AVM, Devolo und Lancom an.

Update

Korrektur der Beziehung OLT/Splitter.

(vbr)