Langer Streik kostet Boeing Milliarden
Zu lange hat Boeing den Streik im Herbst hinausgezögert. Die Geschäftszahlen sind tiefrot.
(Bild: Trevor Mogg/ Shutterstock.com)
53 Tage lang hat Boeings Management den Streik in der Produktion laufen lassen, bis es 33.000 Mitarbeitern 44 Prozent mehr Gehalt gewährt hat. Jetzt läuft die Produktion wieder; sie soll weiter gesteigert und dabei sicherer und besser werden, wie Boeing-Chef Kelly Ortberg am Dienstag gesagt hat. Das ließ Anleger zugreifen, die Boeing-Aktie legte 1,5 Prozent zu.
Die von Ortberg vorgelegten Quartals- und Jahreszahlen sind allerdings tiefrot. Im vierten Quartal 2024 hat vor allem die lange stillstehende Produktion das Ergebnis belastet. Der Quartalsumsatz ist im Vergleich zum vierten Quartal 2023 um 31 Prozent auf 15,2 Milliarden US-Dollar gefallen. Aus dem Betriebsgewinn von 283 Millionen Dollar vor einem Jahr ist ein Minus von 3,8 Milliarden Dollar geworden. Anders ausgedrĂĽckt: Von jedem Umsatzdollar hat Boeing 125 Cent abziehen mĂĽssen.
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Der operative Cashflow ist sogar von plus 3,4 Milliarden auf minus 3,5 Milliarden Dollar abgestürzt. Der Nettoquartalsverlust hat sich von 30 Millionen auf 3,9 Milliarden Dollar verhundertneunundzwanzigfacht. Zurückzuführen ist dieser rasante Sinkflug laut Unternehmensangaben auf die Arbeitsniederlegung, die schließlich mit der Gewerkschaft getroffene Vereinbarung, Abschreibungen auf verlustträchtige Militäraufträge und Kosten der Kündigungswelle im Herbst, bei der Boeing 17.000 Mitarbeitern den Weisel gegeben hat.
Verlustreiches Jahr 2024
Für das Gesamtjahr 2024 sind Boeing Geschäftszahlen wenig besser. Der Jahresumsatz ist um 14 Prozent auf 66,5 Milliarden Dollar gefallen. Der Betriebsverlust hat sich fast vervierzehnfacht, auf 10,7 Milliarden Dollar. Der operative Cashflow hat überhaupt von plus sechs Milliarden auf minus 12,1 Milliarden Dollar gedreht. Und der Nettoverlust ist auf mehr als das Fünffache angeschwollen (11,8 Milliarden Dollar).
Trotz alledem hatte Boeing zum Jahreswechsel 26,3 Milliarden Dollar in der Kasse, bei 53,9 Milliarden Dollar Schulden. Denn der Konzern hat im Herbst neue Aktien gedruckt und Wandelschuldverschreibungen ausgegeben, was rund 21,1 Milliarden Dollar eingebracht hat. Zusätzlich hat Boeing noch einen ungenutzten Kreditrahmen in Höhe von zehn Milliarden Dollar.
Nur eine Sparte ist profitabel
Die Zivilluftfahrtsparte hat 2024 nur 348 Flugzeuge ausgeliefert, 180 StĂĽck oder ein Drittel weniger als 2023. Ebenfalls ein Drittel gefallen sind die Einnahmen. Der Betriebsverlust der Abteilung hat sich hingegen auf acht Milliarden Dollar fast verfĂĽnffacht.
Steigenden Betriebsverlust meldet auch die Abteilung für Aufträge von Militärs, Geheimdiensten und der Raumfahrt. Der Jahresumsatz ist dort zwar nur um vier Prozent auf 23,9 Milliarden Dollar gefallen, doch hat sich der Betriebsverlust auf 5,4 Milliarden Dollar annähernd verfünffacht. Profitabel ist einzig die Dienstleistungssparte des Konzerns. Deren Jahresumsatz ist um vier Prozent auf 20 Milliarden Dollar geklettert, der Betriebsgewinn um neun Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar. Sonstige Einnahmen sind mit 1,2 Milliarden Dollar gleich geblieben, während der jährliche Schuldendienst um elf Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar schwerer geworden ist.
Eine Prognose wagt das Management nicht. Aufgrund der schweren Sicherheitsdefizite bei Boeing-Flugzeugen des Typs 737 Max hat die US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Authority) die Produktion auf 38 Stück pro Monat begrenzt. Das hat Boeing 2024 aber ohnehin nicht geschafft. 2025 möchte Ortberg diesen Ausstoß erreichen, und dann die FAA erweichen, damit Boeing 2026 wieder mehr bauen darf. Diese Aussichten dürften den Aktienkurs am Dienstag beflügelt haben.
(ds)