"Wirklich schlecht für KI-Branche": KI-Firma verliert in erstem US-Rechtsstreit
In den USA sind dutzende Gerichtsverfahren anhängig, weil KI mit nicht lizenziertem Material trainiert wurde. Jetzt gibt es einen Rückschlag für die KI-Branche.
(Bild: Alexander Supertramp/Shutterstock.com)
In den USA hat sich erstmals ein Medienkonzern gerichtlich gegen einen KI-Konzern durchgesetzt, der dessen Inhalte zum Training seiner Algorithmen verwendet hat. Sollten sich andere Gerichte der Einschätzung anschließen, wäre das "wirklich schlecht für die Branche der generativen KI", zitiert Wired einen Experten für IT-Recht. Dabei ging es in dem jetzt entschiedenen Rechtsstreit zwischen Thomson Reuters und dem längst dichtgemachten KI-Start-up Ross Intelligence gar nicht um generative KI, eingereicht wurde er bereits 2020. Wie in vielen weiteren Gerichtsverfahren lag ihm aber die Frage zugrunde, ob das Training einer KI mit nicht lizenziertem Material unter Fair Use fällt. Genau das wurde nun aber entschieden verneint.
In dem Fall geht um Westlaw, eine Konzerntochter von Thomson Reuters. Die unterhält unter anderem Datenbanken mit sogenannten Headnotes oder Orientierungssätzen, das sind kurze Zusammenfassungen juristischer Texte, also etwa Gerichtsentscheidungen. Als Konkurrent wollte Ross Intelligence eine KI-basierte Suchmaschine genau für diese Kurztexte erstellen, fasst Richter Stephanos Bibas aus Delaware zusammen. Für das Training wollte das Start-up die Inhalte von Westlaw lizenzieren, was der Konzern aber ablehnte. Daraufhin engagierte Ross Intelligence demnach ein anderes Unternehmen, das die Trainingsdaten letztlich aber unter Rückgriff auf genau die Inhalte von Westlaw erstellte.
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Als die KI-Firma 2020 vor Gericht gezogen wurde, verteidigte sie das Vorgehen auf Basis der Fair-Use-Doktrin. Die ermöglicht unter bestimmten Regeln die nicht autorisierte Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material und wird auch in anderen Klagen gegen KI-Unternehmen zur Verteidigung vorgebracht. Im konkreten Fall wurde das aber nun nicht akzeptiert, womit der zuständige Richter sogar eine anderslautende vorläufige Entscheidung widerrufen hat. Ausschlaggebend war vor allem, dass ein konkurrierendes Produkt gebaut wurde. Wörtlich heißt es in dem Urteil, "keine der möglichen Verteidigungen von Ross ist stichhaltig – ich lehne sie ab". "Das Kopieren unserer Inhalte war keine 'Fair Use'", gibt sich Thomson Reuters zufrieden.
Für die vielen anhängigen Gerichtsverfahren gegen KI-Unternehmen bedeutet die Entscheidung jetzt nichts Gutes. Sollten andere Gerichte den Verweis auf Fair Use gleichermaßen zurückweisen, würde damit eine entscheidende Grundlage für das Training der Modelle mit immensen Mengen an Inhalten wegfallen. Der IT-Rechtsexperte James Grimmelmann von der Universität Cornell verweist gegenüber Wired darauf, dass Bibas die meisten Gerichtsentscheidungen, auf die sich KI-Unternehmen bislang berufen haben, als "irrelevant" abgelehnt hat. Ross Intelligence selbst war als Folge des Rechtsstreits bereits 2021 dichtgemacht worden.
(mho)