CO₂ schrumpft die Atmosphäre: Bald viel weniger Platz für Satelliten im Orbit

Dass die Erdatmosphäre infolge des Klimawandels schrumpft, war bekannt. Nun wurde ermittelt, wie viele Satelliten im Jahr 2100 in den niedrigen Erdorbit passen.

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Teile der ISS, darunter die langzeitbelichtete Erde

Die ISS ist genau in jenem Orbit unterwegs, in dem es immer voller wird.

(Bild: NASA)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Aufgrund der Treibhausgasemissionen wird der bei Satellitenbetreibern populärste Bereich der Erdumlaufbahn im Jahr 2100 weniger als halb so viele Objekte aufnehmen können wie heute. Das hat ein Forschungsteam ermittelt und damit die Folgen einer bereits bekannten Entwicklung quantifiziert. Schon jetzt seien bestimmte Ebenen in der Erdumlaufbahn überfüllt, vor allem wegen der Internetsatelliten von Starlink. Ende des Jahrhunderts könnte der niedrige Erdorbit (LEO) aber 50 bis 66 Prozent weniger Satelliten aufnehmen als heute, ohne dass die Gefahr verheerender Kollisionen zu groß wird. Bislang gibt es keine Maßnahmen, um die Raumfahrt darauf vorzubereiten.

Dass sich die Erdatmosphäre im Zuge des menschengemachten Klimawandels zusammenzieht, was merkliche Folgen für den Betrieb von Satelliten haben wird, war bereits bekannt. Schon seit dem Jahr 2000 hat die Dichte der Ausläufer der Atmosphäre in 400 Kilometern Höhe merklich abgenommen, weshalb Satelliten dort weniger stark abgebremst werden. Das bedeutet, dass sich ihre Lebenszeit erhöht und die Menge an gefährlichem Weltraumschrott steigt. Je voller es dadurch wird, desto größer wird auch die Gefahr, dass durch eine Kollision eine unaufhaltbare Kettenreaktion in Gang gesetzt wird, in deren Verlauf ganze Umlaufbahnen leer gefegt werden.

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Mit Simulationen hat das Team um William Parker vom Massachusetts Institute of Technology nun die Kapazität für Satelliten in der niedrigen Erdumlaufbahn ermittelt, schreibt das MIT. Dort kreist unter anderem die Internationale Raumstation ISS. Herausgekommen ist dabei, dass die Gesamtkapazität infolge der Treibhausgasemissionen in den nächsten 75 Jahren um bis zu zwei Drittel abnehmen wird. Wenn wir die schädlichen Emissionen nicht reduzieren oder uns auf die Veränderungen im Orbit vorbereiten, könnte es deshalb dort zu voll werden, warnt Parker: Denn "der Himmel stürzt buchstäblich ab", und zwar mit einer Geschwindigkeit, die man in Jahrzehnten angeben könne.

In den vergangenen fünf Jahren wurden mehr Satelliten gestartet als in den 60 Jahren davor, erklärt das Team noch. Das liegt vor allem an Starlink von SpaceX, die Megakonstellation besteht inzwischen aus mehr als 7000 Satelliten. Wir seien aber "auf die Atmosphäre angewiesen, um unseren Weltraumschrott aufzuräumen", schreibt Parker. Wenn wir die verändern, funktioniert das nicht mehr. Vor diesem Hintergrund müsse man herausfinden, ob der Weg, auf dem wir uns befinden, nachhaltig sei. Deutlich gemacht haben die Simulationen damit auch, dass es in der Erdumlaufbahn gar nicht genug Platz für all die Konstellationen gibt, die gegenwärtig geplant werden. Erschienen ist die Forschungsarbeit im Fachmagazin Nature Sustainability.

(mho)