Patentstreit um Brokkoli

Am 21. Juli entscheidet das Europäische Patentamt darüber, ob Züchtungsverfahren für Pflanzen patentierbar sind. Es sollte die Gelegenheit nutzen, die Regeln dafür endlich klarer zu formulieren.

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Brokkoli gehört nicht unbedingt zu den beliebtesten Gemüsesorten. Doch die Pflanze erhitzt dieser Tage auch weitab der Esstische die Gemüter: Am 21. Juli will die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPO) über die Frage entscheiden, ob das Züchtungsverfahren für eine bestimmte Brokkoli-Sorte mit einem stark erhöhten Anteil an Glucosinolat – einem als krebsvorbeugend geltenden natürlichen Bestandteil der Pflanze – patentierbar ist oder nicht.

Das vom britischen Unternehmen Plant Bioscience entwickelte Verfahren ist bereits seit 2002 patentgeschützt. Doch  zwei Unternehmen aus Frankreich und der Schweiz haben 2003 Beschwerde dagegen eingelegt, weil die Methode die Patentierungsrichtlinien nicht (erfülle): Sie fuße weitgehend auf klassischen Züchtungsverfahren wie Kreuzung und Selektion. Das Erzeugen von neuen Pflanzensorten und Tierrassen allein mittels solcher Methoden ist in der Tat nicht patentwürdig.

Sobald aber eine neuartige technische Verfahrenskomponente hinzukommt, sieht die Sache schon wieder anders aus. So hat es wohl auch Plant Bioscience geschafft, die EPO zu überzeugen: Die fraglichen Brokkolipflanzen enthalten einen sogenannten biochemischen Marker, der schon frühzeitig –ohne dass man erst aussähen und dann ernsten muss – im Rahmen einer DNA-Untersuchung verrät, welche Pflanzen tatsächlich eine erhöhte Menge an Glucosinolat enthalten. Offenbar sind die Verfahrenspatent-Richtlinien tatsächlich so schwammig formuliert, dass sie beide Interpretationen zulassen.

Nun hat das Patentsystem durchaus seinen Sinn und soll Unternehmen, die viel Geld in neue Entwicklungen stecken, für diese Mühe damit belohnen, dass sie für eine gewisse Zeit die alleinigen Nutznießer der neuen Technik sind. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Aber wie schon bei den medizinisch motivierten Genpatenten wird auch hier unlogisch geurteilt. Denn das Brokkoli-Patent schützt nicht nur den Einsatz des Markers selbst, sondern stellt gleich die ganze Pflanzensorte nebst Samen unter Schutz.

Damit ist aber effektiv das ganze Genom der Pflanze geschützt, das bis auf den Marker mit klassischen Methoden entstanden ist und einem natürlichen Prozess entstammt. Das Glucosinolat-Gen ist ein natürlicher Bestandteil des Brokkolis und stellt damit keine technische Neuerung dar. Es wird Zeit, dass das EPA bei seinen Patentrichtlinien endlich Ordnung schafft und tatsächlich nur technische Neuerung unter Schutz stellt. Es kann nicht sein, dass Gene und ganze Genome patentierbar werden, nur weil es eine neue Methode für ihre Untersuchung oder Extraktion gibt.



(wst)