Wer ist der vorgesehene neue Digitalminister Karsten Wildberger?

Das neue Digitalministerium soll mit Karsten Wildberger ein im politischen Berlin unerfahrener MediaMarkt-Saturn-Manager fĂĽhren. Die Aufgaben sind groĂź.

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Karsten Wildberger wird neuer Digitalminister.

(Bild: Ceconomy)

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Der 55-jährige Karsten Wildberger leitete seit 2021 die Geschäfte bei der Ceconomy AG, die hinter den Marken Media Markt und Saturn steht. Von ihm sind bislang wenige politische Äußerungen öffentlich bekannt, seit 2017 allerdings engagierte sich Wildberger bereits ehrenamtlich im CDU-Wirtschaftsrat. Bei einer Veranstaltung der CDU-Organisation, die Unternehmerperspektiven in die Partei tragen soll, forderte er vor der Wahl mehr Mut zu langfristigen Innovationen wie sie etwa Mark Zuckerberg mit seinem Engagement in Virtual Reality-Techniken gezeigt habe.

Vor seiner Zeit beim Elektronikhändler war Wildberger unter anderem beim Energieunternehmen E.ON und bei Telstra tätig, einem Telekommunikationsanbieter aus Australien, der in Deutschland unter anderem mit MedionMobile tätig wurde. Der promovierte Physiker Wildberger könnte bei der Verwaltungsmodernisierung neben diesen Erfahrungen vor allem den Kundenbegriff aus seiner bisherigen Laufbahn mitbringen.

Mit der Benennung von Wildberger ist Friedrich Merz eine handfeste Überraschung gelungen: Lange Zeit waren auch andere Namen für das neue Ressort gehandelt worden. Kern des neuen Ministeriums, das erst aufgebaut werden muss, werden die beiden Abteilungen Digitale Verwaltung und Digitale Gesellschaft aus dem Bundesinnenministerium sowie die Abteilungen für Daten- und Digitalpolitik und für Digitale Konnektivität aus dem bisherigen Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Der Koalitionsvertrag sieht dabei als Zielstellung für das Haus unter anderem die umfassende Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen vor. Das schließt unter anderem die Einrichtung eines verpflichtenden Bürgerkontos und einen Wechsel zu "Digital Only" als Verwaltungszugang ein, aber auch den Abschluss der Registermodernisierung und der Neuordnung von Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Länderebene.

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Der Düsseldorfer Thomas Jarzombek und der mecklenburg-vorpommerische Philipp Amthor werden dem politisch wenig bewanderten Wildberger als erfahrene Akteure des politischen Berlins zur Seite gestellt. Jarzombek beschäftigte sich lange Zeit für die CDU mit der Digital- und Foschungspolitik, Amthor dürfte als erfahrener Innenpolitiker vor allem die Verwaltungsreformen mitbehandeln.

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Neue Bundesgesundheitsministerin wird Nina Warken (CDU), die damit auch für die Gesundheitsdigitalisierung und den bundesweiten Rollout der elektronischen Patientenakte zuständig wird. Die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete galt für viele Medien bislang als weitgehend unbeschriebenes Blatt. Heise-Lesern dürfte sie bereits aus der Zeit des NSA-Untersuchungsausschusses in Erinnerung sein: Warken war dort für die CDU/CSU-Fraktion als Obfrau an der teilweisen Aufklärung der Vorwürfe gegen den technischen Nachrichtendienst der USA und gegen den Bundesnachrichtendienst infolge der Snowden-Enthüllungen beteiligt. Auch als Innenpolitikerin hatte Warken immer wieder mit Digitalthemen zu tun – anders als einige der anderen zuvor als potenzielle Gesundheitsminister gehandelte Namen.

Bei den Ressorts die den Christsozialen im Koalitionsvertrag zugeteilt wurden, hat am Mittag CSU-Chef Markus Söder die Namen offiziell bekanntgegeben. Es gehe um einen Richtungswechsel und die Stärkung Deutschlands und Bayerns, sagte der bayerische Ministerpräsident in seiner Parteifunktion. Law and Order, Hightech und Heimat seien die Themen, die die CSU nun vorantreiben wolle. Es gehe ausschließlich um den Erfolg, so Söder.

Das Bundesinnenministerium soll zukünftig Alexander Dobrindt (CSU) leiten, der damit für die Sicherheitsbehörden zuständig wird, abgesehen von Bundesnachrichtendienst (Kanzleramt) und Militärischem Abschirmdienst (Verteidigungsministerium). Dobrindt, der aus Oberbayern kommt, war von 2013 bis 2017 als Bundesminister für Digitales und Verkehr für den Ausbau von Breitbandinternet und Mobilfunk sowie als Verkehrsminister für Reformen der Regeln für automatisierte und autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr verantwortlich. Er blieb medial jedoch vor allem mit der gescheiterten Einführung einer PKW-Maut in Erinnerung. Mit ihm dürfte auch in der Sicherheitspolitik im Haus in Berlin-Moabit eine nochmalige Verschärfung erfahren.

Mit Dorothee Bär übernimmt eine digitalpolitisch alte Bekannte das neu zugeschnittene Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Als "Coup" bezeichnete CSU-Chef Söder, dass die Partei das Ministerium besetzen könne. Die fränkische CSU-Abgeordnete war unter Dobrindt als Parlamentarische Staatssekretärin 2013 bis 2017 im damaligen BMVI tätig. Anschließend arbeitete sie als Beauftragte für Digitalisierung und Staatsministerin im Kanzleramt unter Angela Merkel in vergleichbarer Funktion. Bekanntheit erlangte sie unter anderem mit einer oft hämisch kommentierten Aussage zum Thema Flugtaxis, die sie als Zukunftstechnologie sah, bei der Deutschland eine führende Rolle spielen müsse.

Anders als in den bisherigen Funktionen, in denen Bär vor allem Repräsentationsfunktionen ausübte, ist die neue Rolle für sie nun das erste Mal die direkte Leitung eines Hauses. Es dürfte digitalpolitisch vor allem bei der Forschungsförderung von Chipentwicklung, Quantencomputing und Grundlagenforschung für Künstliche Intelligenz sowie im Raumfahrtbereich bei Bestrebungen zur Unabhängigkeit von Elon Musks SpaceX bei niedrigen (LEO) und mittleren Satellitenkonstellationen (MEO) und damit verbundener Internetkonnektivität eine wesentliche Rolle spielen. Auch für Fusionsreaktoren soll das Haus zuständig sein.

Am Mittwoch will dann auch die SPD die Namen der Ministerinnen und Minister ihrer Ressorts bekannt geben, falls die Mitglieder der Partei dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben.

Digitalpolitisch relevant sind dabei vor allem zwei Häuser: Das Finanzministerium und das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Das Finanzministerium ist für die Frage möglicher Digitalsteuern verantwortlich, die vor allem für den Versandhandel relevanten Zollreformen, für Online-Zahlungsdienstleister und den digitalen Euro sowie die Kryptoregulierung. Aller Voraussicht nach soll es vom SPD-Ko-Parteivorsitzenden und früheren Digitalpolitiker Lars Klingbeil geleitet werden.

Bislang noch unbekannt ist, wer fĂĽr die SPD das Justiz- und Verbraucherschutzressort ĂĽbernimmt. Der Verbraucherteil zieht aus dem bisherigen Umwelt- und Verbraucherschutzministerium zurĂĽck zu dem Haus, in dem der Bereich bereits vor der Ampel-Regierung angeordnet war.

Update

Die Meldung wurde mit der Bekanntgabe der CSU-Minister und einem Ausblick auf die am Mittwoch erwarteten Nominierungen der SPD umfrangreich ergänzt.

(nie)