Kommentar zu KI-Regulierung: OpenAI wird zum Torwächter

OpenAI dominiert KI via Microsoft & Apple. Der DMA greift zu kurz – Europa braucht Regeln, Wahlfreiheit und echte Alternativen, meint Hartmut Gieselmann.

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(Bild: Shutterstock.com; bearbeitet durch c't)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Tech-Konzerne aus den USA sind Weltmeister darin, Konkurrenten aus dem Markt zu drängen und Torwächterpositionen einzunehmen. In der EU versucht man deshalb, ihre Marktmacht mit dem Digital Markets Act (DMA) ein wenig einzudämmen. Beispielsweise muss Googles Browser Chrome den Nutzer nun beim ersten Aufruf fragen, welche Suchmaschine er nutzen möchte – ein netter Versuch, an der Dominanz von Google Search zu rütteln.

Ein Kommentar von Hartmut Gieselmann
Ein Kommentar von Hartmut Gieselmann

Redakteur Hartmut Gieselmann, Jahrgang 1971, ist seit 2001 bei c't. Er leitet das Ressort Anwendungen, Datenschutz & Internet und bearbeitet unter anderem aktuelle Themen rund um die Bereiche Medizin-IT, Netzpolitik und Datenschutz.

Einen Bereich spart der DMA bislang allerdings komplett aus: KI. Denn der Aufschrei der Lobbyisten und Marktradikalen ist groß, man dürfe Innovationen nicht "kaputtregulieren". Dabei ist es gerade der unregulierte Markt, in dem die Marktriesen jedes kleine Start-up aufkaufen oder aus dem Markt drängen, das mit einer innovativen Idee ihr Geschäftsmodell gefährden könnte. Dieser Marktradikalismus ist die wahre Innovationsbremse, nicht eine um fairen Wettbewerb bemühte Regulierung. Letztere wirkt nur hilflos, wenn es darum geht, Quasimonopole tatsächlich erst dann zu brechen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

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Im Bereich der KI hat OpenAI inzwischen eine marktbeherrschende Stellung erreicht. Weil dessen KI-Modelle das Rückgrat von Microsofts Copilot und Apple Intelligence bilden, sind sie künftig in über 95 Prozent aller Desktoprechner eingebaut und auf Knopfdruck abrufbar. Microsofts Copilot wird von einem OpenAI-Dienst in der Azure-Cloud angetrieben. macOS und iOS leiten alle Anfragen, die Siri überfordern, an ChatGPT weiter – und das sind eine ganze Menge. So bekommt OpenAI unzählige Daten, Texte und Bilder frei Haus geliefert, ohne die Nutzer dafür zu bezahlen. Beim Abschöpfen von Trainingsdaten liegt der US-Konzern damit uneinholbar vor der Konkurrenz.

Nutzer haben derzeit keine Möglichkeit, Alternativen aus Europa (Mistral), China (DeepSeek) oder tatsächlich quelloffene Modelle (Ai2) ähnlich tief in ihr Betriebssystem zu integrieren. Das Mindeste, was die EU-Kommission tun könnte, wäre, OpenAI auf die Gatekeeper-Liste zu setzen und den Betriebssystemen per DMA ähnliche Wahlmöglichkeiten wie bei Browsern und Suchmaschinen zu verordnen. Ein weiterer Schritt wäre eine KI-Steuer, um mit den Einnahmen die Entwicklung und den Betrieb echter Open-Source-Modelle mit voller Datentransparenz in Europa zu fördern. Anwender haben derzeit nur eine Alternative: Schalten Sie Copilot und Apple Intelligence aus.

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(hag)