Bundesarchiv warnt vor Löschen von E-Mails von Ex-Regierungsmitgliedern

Das Bundesarchiv hat das Kanzleramt und viele Ministerien an ihre gesetzliche Pflicht erinnert, Dateien zur Aufbewahrung anzubieten. Das stößt auf taube Ohren.

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(Bild: Pavel Ignatov/Shutterstock.com)

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Die Bundesregierung hält offenbar an ihrer umstrittenen Praxis fest, wonach die Verwaltung regelmäßig E-Mails, ganze E-Postfächer und sonstige Nachrichten wie SMS ehemaliger Amtsinhaber wie Bundesminister löscht. Nach dem Ende der Ampel-Koalition geht diese eigenwillige Inanspruchnahme des Rechts auf Vergessenwerden offenbar weiter.

Eigentlich ist die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet, Kommunikation inklusive E-Mails früherer Amtsträger dem Bundesarchiv zur Aufbewahrung zumindest anzubieten. Dies geschah bei E-Postfächern bisher gar nicht, auch vor einer geplanten Löschung wurden die Archivare nicht einbezogen. Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann warnte schon 2023 vor einer wachsenden Gefahr, "dass wichtige Informationen verloren gehen".

Inzwischen hat das Bundesarchiv angesichts des Ampel-Aus seine Mahnungen verschärft. In gleichlautenden Schreiben habe die Koblenzer Behörde im Februar das Kanzleramt und einen Großteil der Ministerien an ihre gesetzliche Pflicht erinnert, ihr Dateien zur Aufbewahrung anzubieten, berichtet Correctiv. In einer zweiten Serie von Briefen an Regierungsmitglieder hat das Bundesarchiv laut dem Bericht am 13. März seine Forderung bekräftigt.

Die Bundesregierung gab bisher die vage Parole aus: "Alle aktenrelevanten Unterlagen werden zu gegebener Zeit" dem Bundesarchiv angeboten. Der Einbezug kompletter Mailfächer sei dabei nicht nötig. Minister, Staatssekretäre und ihre Mitarbeiter sorgten schon während ihrer Amtszeit dafür, dass alle relevanten Informationen aus Mails und Chats zu den offiziellen Akten gegeben würden. Damit würden die gesetzlichen Auflagen erfüllt.

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Das Bundesarchiv bestätigte Correctiv, bislang weder Mailfächer noch Messenger-Konten, Kalender und Dateiablagen von Lindner und Stark-Watzinger erhalten zu haben. Vom früheren Justizminister Buschmann seien Ende 2024 nur die Kalenderdaten mit offiziellen Treffen und Terminen eingegangen. Selbst aus diesen machten die übrigen Regierungsvertreter weiterhin ein Geheimnis. Buschmanns Mailfächer dürften dagegen bereits gelöscht sein, heißt es in dem Bericht. Nach internen Vorgaben des Ressorts, die unter der Ägide des Liberalen in Kraft getreten seien, sollte eine Vernichtung drei Monate nach seinem Ausscheiden erfolgen.

Das gleiche Schicksal dräut auch Lindners E-Post. Das von ihm geführte Finanzministerium verfügte Correctiv zufolge am 29. November 2023 für alle Personalabgänge, dass "das E-Mail-Postfach (inklusive Kalender)" mit dem Ausscheiden "zu deaktivieren" sei. 180 Tage später sollten die Datensätze "automatisiert und unwiderruflich" gelöscht werden. Diese Frist läuft in diesen Tagen ab. Die drei früheren FDP-Häuser sowie die liberale Partei wollten sich gegenüber Correctiv nicht dazu äußern.

Das mittlerweile von Alexander Dobrindt (CSU) geführte Bundesinnenministerium betonte, die Einschätzung des Bundesarchivs nicht zu teilen. Es bleibe dabei, dass nur Akten archiviert werden und nicht die Postfächer, Kalender oder Chats. Auch die SPD-geführten Ministerien für Umwelt und Arbeit wollen das laut Bericht weiter so handhaben.

(vbr)