EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen

Hat ein gebuchter Flug mehr als drei Stunden Verspätung, haben Passagiere Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Die Schwelle könnte deutlich angehoben werden.

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Eine Anzeigetafel am Flughafen zeigt annulierte Flüge an.

(Bild: Nuno Andre/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Von Verspätungen betroffene Fluggäste könnten laut Verbraucherschützern in Zukunft deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung haben. Die EU-Staaten beraten derzeit über einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der unter anderem Entschädigungen erst bei deutlich längeren Verspätungen als bisher vorsieht.

Derzeit gilt nach der Fluggastrechteverordnung von 2004 (EG 261), dass Fluggäste ab drei Stunden Verspätung Anspruch auf eine pauschale Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro haben. Nach dem Vorschlag der Kommission soll diese Schwelle auf fünf bis zwölf Stunden angehoben werden und jeweils von der Flugdistanz abhängig sein. Damit würden Verbraucherschützern zufolge rund 80 Prozent der Entschädigungen entfallen.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat sich deutlich gegen die diskutierte Änderung der Entschädigungsvorschriften ausgesprochen. "Verbraucherrechte sind kein Luxus, den man in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten einfach abschaffen kann", sagte die SPD-Politikerin, die in der Bundesregierung für den Verbraucherschutz verantwortlich ist. Sie werde sich deshalb dafür einsetzen, dass Flugreisende auch weiterhin ab einer Verspätung von drei Stunden entschädigt werden.

Die Entschädigungspflicht sei ein zentraler Anreiz für Fluggesellschaften, planmäßig und pünktlich zu operieren, sagte Tomasz Pawliszyn, CEO des Fluggastrechteportals AirHelp. "Sollte die Änderung angenommen werden, werden deutlich mehr und wesentlich längere Verspätungen zur neuen Normalität im europäischen Luftverkehr werden".

Diese Anpassung wäre ein gravierender Rückschritt, sagte die Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland (EVZ), Karolina Wojtal. Die meisten Verspätungen im Luftverkehr lägen zwischen zwei und vier Stunden. "Airlines könnten dazu verleitet werden, Flüge gezielt zu verspäten, anstatt sie zu annullieren, um Entschädigungen zu umgehen."

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Die europäische Lobbyorganisation "Airlines for Europe" (A4E) befürwortet eine Reform mit verlängerten Zeitschwellen. "Wenn etwas schiefgeht, braucht es Zeit, um ein Ersatzflugzeug oder eine Ersatzcrew zu finden", schreibt A4E auf der eigenen Website. Durch verlängerte Schwellenwerte hätten die Airlines gute Chancen, eine Lösung zu finden, die den Flugplan wiederherstelle und Passagiere ans Ziel bringe. Das käme schließlich den Fluggästen entgegen.

Die Reform ist bisher nicht beschlossen. Noch ist unklar, inwieweit die EU-Staaten dem Vorschlag der Kommission folgen oder noch Änderungen vornehmen. Zudem muss ein endgültiger Kompromiss mit dem EU-Parlament gefunden werden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird darüber entscheiden, wie die endgültige Reform aussieht.

Laut geltender Fluggastrechteverordnung besteht für Fluggäste pauschal ab drei Stunden Verspätung Anspruch auf Entschädigung, sofern die Airline diese verschuldet:

  • 250 Euro für Flüge bis 1.500 km
  • 400 Euro für Flüge bis 3.500 km
  • 600 Euro für Langstreckenflüge mit mehr als 3.500 km

Der Reformvorschlag der Kommission sieht unter anderem vor, die Entschädigungshöhe an verschiedenen Zeiten und Strecken festzumachen:

  • 250 Euro erst ab fünf Stunden Verspätung (bis 3.500 km)
  • 400 Euro ab neun Stunden Verspätung (mit mehr als 3.500 km innerhalb der EU)
  • 400 Euro ab neun Stunden Verspätung (mit mehr als 6.000 km bei Flügen außerhalb der EU)
  • 600 Euro ab zwölf Stunden Verspätung (mit mehr als 6.000 km)

Um die Pünktlichkeit ist es hierzulande ohnehin nicht gut bestellt: Nach Erhebungen von AirHelp war Deutschland im vergangenen Jahr eines der Länder in Europa mit den meisten Beeinträchtigungen im Flugverkehr. Mehr Störungen gab es demnach nur in Portugal und Griechenland.

(nen)