Verleger: Googles neuer KI-Suchmodus entspricht "der Definition von Diebstahl"

Google integriert leistungsstarke KI direkt in die Suche. Verleger bezeichnen das als dreisten Diebstahl, da Inhalte ohne echte Vergütung verwendet würden.

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Metallisch glänzendes Logo von Google

(Bild: CryptoFX/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die vergleichsweise neue Funktion "Übersicht mit KI" in der Google-Suche, die der Internetriese bereits weitflächig für US-Nutzer und Ende März mit etwas Verzögerung in Deutschland und anderen europäischen Staaten eingeführt hat, sorgt bereits seit Längerem für Unruhe. Jetzt testet Google jenseits des Atlantiks zusätzlich die Funktion "KI-Modus" (AI Mode). Sie soll es Nutzern ermöglichen, direkt mit der Suchmaschine zu interagieren, als wäre diese ein Chatbot. Die News/Media Alliance (NMA), eine Lobby-Organisation mit fast 2000 Mitgliedern aus dem Mediensektor in den USA und Kanada, findet das gar nicht gut. Sie moniert: "Jetzt nimmt sich Google einfach mit Gewalt Inhalte und verwendet sie, ohne dafür zu zahlen. Das ist die Definition von Diebstahl."

Links in den Google-Trefferlisten seien "die letzte positive Eigenschaft" der Suchmaschinen gewesen, "die den Herausgebern Traffic und Umsatz bescherte", erklärte Danielle Coffey, Präsidentin der News/Media Alliance, diese Woche. Der neue AI Mode biete Nutzern nun Informationen und Antworten auf ihre Fragen, "ohne dass ihnen die Vielzahl an Links der herkömmlichen Google-Suche zur Verfügung" stehe. Dadurch würden den Verlegern noch mehr Originalinhalte sowie Verkehr auf ihren Seiten und Einnahmen vorenthalten.

Googles KI-Modus "stehle" seine Antworten, beklagt die NMA. Der Suchmaschinenkonzern generiere diese mit Publisher-Inhalten, ohne dafür eine Vergütung zu leisten und ohne eine effiziente Opt-out-Möglichkeit anzubieten. Verleger könnten ihre Inhalte nur komplett aus dem Training der KI-Modelle herausnehmen, würden dann aber gar nicht mehr in den Suchergebnissen auftauchen. Dies sei eine untaugliche Lösung, insbesondere für kleinere Medienunternehmen. Die NMA verweist auch auf die laufenden Kartellverfahren gegen Google. Sie fordert das US-Justizministerium auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Dominanz des Unternehmens im Internet zu brechen.

Den AI Mode erläuterte Google vor wenigen Tagen auf seiner Entwicklerkonferenz. Dieser intelligente Zusatz zur Suche wird zunächst nur in den USA verfügbar sein. Dahinter stecken sogenannte Reasoning-Fähigkeiten. Damit sollen komplexere Fragen direkt in der Suche beantwortet werden können. Google nutzt dazu Inhalte aus dem Web und den eigenen Knowledge Graph, also jenes Wissen, das die Firma in einer gigantischen Datenbank gesammelt hat.

Die EU-Kommission untersucht derweil Googles KI-Übersichten. Sie prüft, wie "Google AI Overviews" in der Praxis funktioniert und wie die automatisch generierten Fließtexte auf komplexere Suchanfragen mit den EU-Urheberrechtsvorschriften zusammenspielen. Auch die verschärften Wettbewerbsvorgaben nach dem Digital Markets Act (DMA) für "Torwächter", die weiteren Plattform-Auflagen nach dem Digital Services Act (DSA) sowie die schon älteren Regeln gegen unlauteren Wettbewerb könnten relevant sein.

Aus geleakten Dokumenten geht hervor, dass Google mehrere Optionen hinsichtlich der Möglichkeit für Herausgeber abgewogen hat, um sich von AI Overviews abzumelden. Das Unternehmen entschied sich demnach letztlich gegen diese Ansätze, berichtet Bloomberg. Die Optionen von Google reichen demnach von keinerlei Änderungen an den Kontrollfunktionen für Herausgeber bis hin zu einer expliziten Trennung zwischen den eigenen KI-Tools und dem Rest der Suche. Der Konzern bezeichnete letzteres als "harte rote Linie" und zog diesen Ansatz nicht weiter in Betracht.

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Aus den Dokumenten lässt sich auch ablesen, dass Google sich bewusst dazu entschieden hat, diese Überlegungen nicht öffentlich zu machen. Das Unternehmen wollte so unter den Tisch kehren, lautet ein Vorwurf, dass Herausgeber durch die Änderungen nicht mehr mitbekommen, ob und inwiefern ihre geschützten Werke als Trainingsdaten verwendet werden. Viele Verleger sollen bereits nach der Einführung der weniger einschneidenden KI-Übersichten einen drastischen Rückgang des Datenverkehrs verzeichnet haben.

Google hält dagegen, dass es weiterhin eine enorme Menge an Traffic zu den Webseiten von Publishern leite. Liz Reid, Leiterin von Google Search, hat die "Alles oder Nichts"-Strategie zu verlegerischen Inhalten damit verteidigt, dass das Zulassen eines selektiven Opt-outs für einzelne KI-Übersichten bei gleichzeitiger Beibehaltung des Traffics von traditionellen Google-Links "enorm komplex" wäre. Sollte Google die Verlage ausbluten lassen, stünden diese vor dem Aus oder stiegen auf billige und schlecht produzierte Inhalte um, geben die Suchmaschinen-Experten von 9to5Google zu bedenken. Der Konzern müsse sich damit befassen, da sich sonst das Internet für alle verschlechtere. Der Deutsche Kulturrat hält es für unerlässlich, Urheber und Rechteinhaber wie Verlage an den Umsätzen von Anbietern generativer Künstlicher Intelligenz (KI) zu beteiligen.

(nie)