Kein Linkverbot, keine Provision: Apple verliert Kontrolle ĂĽber den App Store
Strikte Regeln für App-Anbieter sicherten Apple Milliardenumsätze mit Provisionen. In den USA und in der EU sind diese nicht länger erlaubt.
Apples App-Store-Geschäftsmodell beginnt zu bröckeln. Eine "Cease & Desist"-Anordnung zwingt den Konzern in der EU dazu, bis Ende Juni umstrittene Regeln für App-Anbieter zu streichen. Auf dem Heimatmarkt USA ist das jüngst schon passiert. Apple muss zulassen, dass Entwickler und App-Macher künftig auf eigene Angebote verweisen dürfen; eine hohe Provision darf der iPhone-Konzern dabei nicht mehr kassieren. Das geht aus der am Montag veröffentlichten Non-Compliance-Entscheidung der EU-Kommission hervor. Die Regulierer hatten bereits Ende April mitgeteilt, dass bestimmte App-Store-Regeln gegen das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) verstoßen.
EU: Apples DMA-Verstöße "zumindest fahrlässig"
Dass Apple die Vorgaben des neuen EU-Wettbewerbsgesetzes seit über einem Jahr praktisch ignoriert, bezeichnete die Kommission diplomatisch als "zumindest fahrlässig". Sie hat deswegen eine Strafe in Höhe von 500 Millionen Euro gegen Apple verhängt. Sollte das Unternehmen der Unterlassungsanordnung jetzt nicht fristgerecht nachkommen, droht zudem ein wiederkehrendes Zwangsgeld in noch unbekannter Höhe.
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Um dem DMA zu folgen, hat Apple zwar Entwicklern im vergangenen Jahr erlaubt, Links auf eigene Angebote zu setzen – legt dabei aber viele Steine in den Weg. Anbieter müssen neue Geschäftsbedingungen akzeptieren, dürfen nur sehr begrenzt Links setzen und müssen einen vollflächigen sowie abschreckend formulierten Warndialog einblenden. Obendrein verlangt Apple letztlich eine nahezu unverändert hohe – und bei Abonnements wiederkehrende – Provision auf externe Käufe, die Kunden etwa im Web tätigen. Dieses Vorgehen verstoße klar gegen den Digital Markets Act, so die EU-Kommission.
Sogenannte Kernplattformdienste von Gatekeepern – dazu gehört auch der App Store – müssen es Anbietern erlauben, mit ihren Kunden "gebührenfrei" zu kommunizieren und diese etwa auf eigene Angebote hinzuweisen. Für die "erste Akquise" dürfe Apple allerdings eine Vergütung veranschlagen – jedoch nur einmalig, betonten die Wettbewerbshüter. Wie sich eine solche Vergütung konkret gestalten könnte, müsse das Unternehmen selbst ausarbeiten.
Externe Käufe in US-App-Store
In den USA hat die Richterin im großen Kartellstreit zwischen Epic Games und Apple den iPhone-Konzern jüngst bereits genau zu dieser Öffnung gezwungen. Große wie kleinere Anbieter nutzten die neuen Möglichkeiten unmittelbar: Amazon verkauft dort nun E-Books in der Kindle-App, Spotify verlinkt auf eigene Abo-Angebote und selbst Fortnite ist zurück im App Store – mitsamt einer Web-Einkaufsmöglichkeit, mit der Epic vor fünf Jahren den Rauswurf durch Apple erst provozierte.
Apple hat damit einen zentralen Teil der Kontrolle über sein App-Store-Geschäftsmodell verloren: Regeln wie das Linkverbot stellten lange sicher, dass möglichst viele App-Anbieter die dafür vorgeschriebene In-App-Kaufschnittstelle des Konzerns nutzten. Für die darüber gekauften digitalen Inhalte behält Apple automatisch bis zu 30 Prozent Provision ein. Der Konzern warnt vor Milliardeneinbußen und kämpft gegen beide Entscheidungen und hat in den USA bereits Berufung eingelegt. Auch die EU-Entscheidung, die Apple als "unfair" bezeichnete, will das Unternehmen anfechten.
Die nun veröffentlichte Entscheidung enthalte nichts, "was die gezielten Maßnahmen der Europäischen Kommission gegen Apple rechtfertigt, die die Privatsphäre und Sicherheit unserer Nutzer:innen in Europa gefährden und uns zwingen, unsere Technologie kostenlos weiterzugeben", teilte das Unternehmen gegenüber Mac & i in einer Stellungnahme mit. Die Kommission habe die "die Anforderungen an die Einhaltung der Vorschriften immer wieder geändert und Apples monatelange Bemühungen um die Umsetzung einer neuen Lösung wiederholt blockiert". Apple werde aber "weiterhin mit der Kommission zusammenarbeiten".
(lbe)