Kupfer-Glas-Migration: "Voraussetzungen nicht vorhanden"
Die Bundesnetzagentur will bei der Kupfer-Glas-Migration nicht vorsorglich eingreifen. Wettbewerber der Telekom sehen das kritisch und fordern klare Regeln.
Hatten durchaus konträre Ansichten zu den Eckpfeilern der Kupfer-Glas-Migration (v. l. n. r.): Ute Dreger (BNetzA), Cara Schwarz-Schilling (WIK) und Franziska Löw (Anga).
(Bild: heise online/Marc Hankmann)
Der Übergang von der alten Kupfer- auf eine moderne Glaser-Infrastruktur wird kommen, doch über die Rahmenbedingungen wird in der Branche weiter heftig debattiert. Der Glasfaserbranche brennt das Thema unter den Fingernägeln, denn sie verspricht sich von einem Masterplan für diesen Übergang eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus. Wer dafür zuständig ist, darüber scheiden sich die Geister.
"Wir können die Kupfernetze nicht kurzfristig abschalten", bremste Ute Dreger, Leiterin der Abteilung Gigabit-Ausbau, Marktregulierung und Telekommunikation bei der Bundesnetzagentur (BNetzA), auf der Breitbandmesse Anga Com am Mittwoch in Köln die Erwartungen. "Dafür sind die Voraussetzungen nicht vorhanden." Diese zu schaffen ist jedoch nach Auffassung der ausbauenden Unternehmen die Aufgabe der BNetzA.
Die Bundesnetzagentur hat zuletzt ein Impulspapier veröffentlicht, mit dem sie die Debatte in der Branche konstruktiv gestalten will. Darin setzt die Regulierungsbehörde auf Konsens und Kooperation zwischen den Marktteilnehmern. Überrascht sei sie gewesen, wie groß das Feedback auf das Impulspapier ausgefallen sei, sagte Dreger. "Auch aus Kreisen, von denen wir es gar nicht vermutet hatten".
Der Gesetzgeber ist gefragt
Laut Dreger ist die BNetzA mit dem Impulspapier so weit gegangen, wie es ihr möglich war. Die Beschlusskammern der Bundesnetzagentur sind unabhängig. "Wir dürfen ihnen nicht vorgreifen", erklärte Dreger in Köln. Die BNetzA sei eine nachgeordnete Behörde. Viele der Fragen, die jetzt gestellt würden, müsste der Gesetzgeber beantworten.
Franziska Löw sieht das hingegen ganz anders. "Die BNetzA schöpft ihren Gestaltungsspielraum nicht aus", kritisierte die Leiterin Regulierung des Breitbandverbands Anga. "Mir ist schleierhaft, wie bei unserer Marktsituation ein Konsens hergestellt werden soll."
Löw bezog sich auf eine Studie des Anga Breitbandverbands, der zufolge erst ab einer Auslastung unter 20 Prozent für die Telekom rentabler wäre als der weitere Betrieb. "Die Studie zeigt sehr deutlich, das die fortgesetzte Vermarktung von DSL-Anschlüssen die Migration von Kunden auf moderne Netze hemmt", sagte Löw in Köln. Daher genügt ihr eine moderierende Rolle der Bundesnetzagentur nicht. Sie hätte sich ein beherzteres Eingreifen gewünscht.
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Zu frĂĽh fĂĽr konkrete Regelungen?
Eine Gesetzesänderung seit dafür nicht nötig, sagte Löw, lediglich der Willen, die vorhandenen Werkzeuge zu nutzen. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) regelt die Verfahren zur Abschaltung von Kupfernetzen. Auch hier verweist Dreger auf die Beschlusskammern der BNetzA, die über diese Verfahren bestimmten. Sie warnte auch davor, zu früh Regelungen zu treffen. "Es ist ein sehr dynamischer Markt", sagte Dreger.
Die Kupfer-Glas-Migration kommt für Deutschland damit etwas früh, weil die Rahmenbedingungen noch gar nicht stehen. Cara Schwarz-Schilling, Geschäftsführerin WIK-Instituts verwies auf der Anga Com auf die Erfahrungen anderer EU-Länder, die diesen Übergang schon hinter sich haben oder gerade durchlaufen. Diese Länder haben frühzeitig Regelungen zum Übergang auf Glasfaser getroffen.
FĂĽr die Kupfer-Glas-Migration hierzulande empfahl sie vor allem eines: Transparenz. Und: "Die Migration kann es nur geben, wenn Wettbewerb auf den Glasfasernetzen herrscht", sagte Schwarz-Schilling. Die Netzbetreiber mĂĽssten sich mit ihren Kooperationen beeilen. "Sonst kriegen sie die Netze nie voll", mahnte Schwarz-Schilling an.
(vbr)