Cookie-Einwilligung: Deutsche Datenschützer wegen "Untätigkeit" verklagt

2021 reichte Noyb Datenschutzbeschwerden gegen redaktionelle Angebote mit "Pur-Abo-Modellen" ein. Die Datenschützer in Hessen und NRW lassen sich Zeit.

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(Bild: Datenschutz-Stockfoto/Shutterstock.com)

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Die Pay-or-Consent-Angebote (auch "Pur"-Abo) von Verlagen im Internet sind erneut ein Fall für deutsche Gerichte. Im Namen eines ungenannten Beschwerdeführers hat die österreichische Datenschutzorganisation Noyb die Datenschutzbehörden von Hessen und Nordrhein-Westfalen verklagt, weil die bisher nicht auf zwei vorangegangene Beschwerden reagiert haben.

Schon im August 2021 hatte Noyb Beschwerden gegen "Pay or OK"-Banner auf verschiedenen deutschen Nachrichtenportalen eingelegt, darunter auch heise.de. In zwei Fällen – faz.net und t-online.de – haben die zuständigen Aufsichtsbehörden von Hessen und Nordrhein-Westfalen (NRW) dazu noch immer nicht entschieden.

Die betroffenen Banner stellten Nutzer vor die Wahl, den Verlagsangeboten entweder die Verarbeitung und Weitergabe von persönlichen Daten zu Werbezwecken zu erlauben oder ein kostenpflichtiges Abo abzuschließen.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) besage ausdrücklich, dass eine Einwilligung freiwillig erteilt werden müsse, begründet Noyb den Gang vor Gericht. Doch 99 Prozent der Nutzer, die sich mit Pay-or-OK-Bannern konfrontiert sähen, stimmten der damit verknüpften gezielten Werbung zu. Dabei wollten nur drei bis zehn Prozent der Online-User tatsächlich getrackt werden. In einem Verfahren gegen die Facebook- und Instagram-Mutter Meta habe daher mittlerweile sogar die EU-Kommission diesen Ansatz für rechtswidrig erklärt.

Die Beschwerde bei der NRW-Datenschutzbehörde sei über ein Jahr verschollen gewesen, moniert Noyb. Die hessische Aufsicht wiederum verwies demnach auf die Komplexität des Falls und die laufende Ausarbeitung neuer Richtlinien dazu.

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Die Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern erklärte "Pur-Abo-Ansätze" 2023 grundsätzlich für zulässig. Demnach müssen für Tracking aber alle Anforderungen an eine informierte, wirksame Zustimmung nach der DSGVO erfüllt sein. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat dazu bereits Leitlinien aufgestellt. Das Gremium sieht Pay-or-Consent kritisch und brütet über einen dritten Weg, gegen den Verlegerverbände Sturm laufen.

Jonas Breyer, Anwalt des Beschwerdeführers, bezeichnete die Verzögerung als "äußerst bedauerlich". Leider sei das kein Einzelfall. Der Jurist fragt sich, "was die Behörden mit dem Geld der Steuerzahlenden eigentlich tun". Noyb verklagte auch schon die Hamburgische Datenschutzbehörde, weil sie das Pay-or-OK-Modell vom Spiegel nicht beanstandete. Viele relevante Tatsachen seien in dem Fall nie untersucht worden.

Ein Sprecher der NRW-Datenschutzbeauftragten Bettina Gayk erklärte gegenüber heise online, dass diese die Klage bislang nicht kenne. Die Behörde sei in der Sache "keineswegs inaktiv" gewesen, sondern habe sich intensiv mit der Datenschutzkonformität auch von t-online.de auseinandergesetzt. Durch "wiederholten Austausch und zahlreiche Gespräche mit der Verantwortlichen" habe inzwischen erreicht werden können, dass diese die Struktur der Nachrichtenseite verbessert habe. So würden Nutzer nicht mehr schon bei Aufruf des Angebots getrackt und hätten zudem auf zweiter Cookie-Banner-Ebene die Option, einige Verarbeitungszwecke abzulehnen.

Allerdings sei das Verfahren, dem "sehr komplexe Rechtsfragen zugrunde liegen", keineswegs abgeschlossen, so der Sprecher weiter. Gayk habe sowohl der Website-Betreiberin als auch Noyb mitgeteilt, "dass sie weiterhin datenschutzrechtliche Probleme sieht, allein aufgrund der Anzahl und Art der Verarbeitungen von Nutzerdaten zu Werbezwecken". Die Kontrolleurin habe sich daher – etwa auch im Lichte der aktuellen Rechtsprechung – "ein weiteres Vorgehen explizit vorbehalten".

Update

Stellungnahme der Landesdatenschützerin NRW ergänzt.

Transparenzhinweis: heise online bietet selbst ein Pur-Abo an. Nach Beanstandung wurde das Consent-Banner in Rücksprache mit der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen überarbeitet.

(dahe)