Unterschätzte Dreier: Der BMW 318is – der M3 des kleinen Mannes

Unsere Kaufberatung über alte, unterschätzte Dreier widmet sich dem nicht mehr ganz geheimen Tipp: Der 318is gilt als "rundestes" Paket der zweiten Generation.

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BMW 318is

(Bild: BMW)

Lesezeit: 8 Min.
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

BMWs Dreier wird in diesem Jahr 50 und ist damit fast die älteste Baureihe der Marke. Sie drückt den Kern der Marke wohl noch immer am besten aus. Für eine Artikelreihe haben wir uns aus verschiedenen Generationen jene Modelle herausgesucht, die heute etwas unter dem Radar laufen, wenn man vor dem Kauf eines gebrauchten Dreiers steht.

Der zweiten Dreier-Generation fliegen bis heute viele Herzen zu, was wohl auch daran liegt, dass alle folgenden optisch viel massiger auftraten. Im Vorfeld dieses Artikels gab es eine lebhafte Debatte in der Redaktion, welcher Antrieb im intern E30 genannten Dreier wohl unterschätzt sei. Kandidaten gab es einige, darunter den "Italien-M3" 320iS, den 325e mit seinem drehmomentstarken Sechszylinder und schließlich den erst spät ins E30-Programm aufgenommene 318is, der letztlich knapp gewonnen hat. Ein Geheimtipp ist er ganz genau genommen nicht, wohl aber einer der besten Motoren in dieser Baureihe.

Der 318is setzt sich bei den Fahrleistungen nicht nur von den Vierzylinder-Zweiventilern merklich ab, sondern auch vom 320i. Obwohl auch sein höchstes Drehmoment von 172 Nm erst bei 4600/min anliegt, wirkt er zwischen 1500 und 3500/min wesentlich lebhafter als die Sechszylinder, ohne oben drehfaul zu werden. Er klingt nicht so schön wie der Sechszylinder und läuft auch etwas rauer als die M40-Vierzylinder in 316i und 318i. Doch er hat spürbar mehr Kraft in allen Lebenslagen, und das ohne deutlich mehr zu verbrauchen.

Der E30 als 318is fährt einem 320i forsch bewegt auf und davon. Dass er nur vier Zylinder hat, macht sich im Handling durch weniger Gewicht auf der Vorderachse positiv bemerkbar. Der einzige Nachteil gegenüber dem Sechszylinder: der Sound.

(Bild: BMW)

In der Praxis mag es ein halber Liter auf 100 km mehr als im 318i sein, wenn überhaupt, und das ist angesichts seiner besseren Fahrleistungen eine faire Entlohnung. Der 320i erscheint im direkten Vergleich, insbesondere wenn er dem 318is folgen soll, regelrecht versoffen. Mit acht bis neun Litern ist der Vierventiler im 318is schon flott bewegt. Für die damaligen Verhältnisse verbindet die Maschine also einen maßvollen Verbrauch, hohe Solidität, akzeptable Laufkultur und flotte Fahrleistungen. Viel geschickter kann man all das im E30 kaum zusammenbringen.

Nachgeschärft wurde gegenüber den zahmeren Vierzylindern auch die Serienausstattung: Sportfahrwerk mit leichter Tieferlegung, Scheibenbremsen und Stabilisator auch hinten, dazu ein schlankes Dreispeichenlenkrad. Die Liste der möglichen Sonderausstattungen war ziemlich lang – wer wollte, konnte den Preis des nur zweitürig lieferbaren 318is locker auf mehr als 40.000 DM heben.

Um die Frage zu beantworten, warum der 318is Favorit dieser Artikelreihe wurde, müssen wir in der E30-Historie zwei Jahre vor die Premiere des Vierventilers zoomen. 1987 stellte BMW die größte Modellpflege der E30-Baureihe vor, die auch eine neue Generation an Vierzylindern (intern M40) mit sich brachte – ab 1987 als 318i, ab 1988 auch als 316i. Die Motorenbasis hatte mit dem Vorgänger, dessen Wurzeln bis in die 1960er-Jahre reichen, nichts mehr zu tun. Alles war neu.

Der 318is hat wie der 318i einen Vierzylinder mit 1,8 Litern Hubraum, aber vier Ventile pro Zylinder, die über zwei Nockenwellen betätigt werden, und statt des Zahnriemens eine solide Duplexkette.

(Bild: BMW)

Wie das mit kompletten Neuentwicklungen hin und wieder passiert, war auch hier aller Anfang nicht optimal, um es einmal freundlich zu formulieren. Die Maschine hat zwei schwere Geburtsfehler. Beim Zahnriemen waren zu wenige Zähne gleichzeitig im Eingriff, die Belastung auf den einzelnen damit zu hoch. Anfangs schrieb BMW einen Wechsel nach 80.000 km vor, was dann rasch auf 60.000 und schließlich auf 40.000 km gesenkt wurde. In meinen beiden E30 warf ich ihn alle 35. bis 40.000 km raus – und war nie viel zu früh damit dran.

Die zweite große Baustelle war die nur unzureichend mit Öl versorgte Nockenwelle. Viele M40 drehten irgendwann nur noch bis 4500/min, weil die Nockenwelle so eingelaufen war, dass die Ventile nicht mehr weit genug öffneten. Einen Motor kalt mit hoher Last zu belegen, ist grundsätzlich nicht außergewöhnlich schlau, hier aber noch denkbar ungünstiger. Kommt dann noch minderwertiges Öl dazu, schreitet der Verschleiß zügig voran.

Obwohl der 318is als E30 nur kurz gebaut wurde, durfte er noch ein Jubiläum mitmachen, weil zufällig der 1.000.000ste Motor ein 318is-Vierzylinder war.

(Bild: BMW)

Ein wenig Abhilfe schafft neben sorgsamem Warmfahren und dünnflüssigem Öl der Tausch der Ölversorgungsleiste über der Nockenwelle bei jedem Zahnriemenwechsel. Es sind nur drei Schrauben zusätzlich, denn der Ventildeckel muss ohnehin runter. Die Leiste (BMW-Teile-Nr. 11 42 1 727 054) selbst kostet bei einigen Händlern allerdings inzwischen rund 60 Euro – vor 25 Jahren waren es noch knapp zehn. Sparfüchse spülen die Leiste beim Zahnriemenwechsel zumindest einmal sehr gründlich durch, sodass wirklich alle Bohrungen frei sind.

Man muss BMW zugutehalten, dass sie aus diesen Schwächen des M40 schnell gelernt haben, und der erste Profiteur war eben der 318is. Er hat ebenfalls einen Vierzylinder mit 1,8 Litern Hubraum, aber vier Ventile pro Zylinder, die über zwei Nockenwellen betätigt werden, und statt des Zahnriemens eine solide Duplexkette. Damit waren nicht alle Probleme aus der Welt, aber die gröbsten Mängel aussortiert. Im Auge behalten muss man die Zylinderkopfdichtung, die im Bereich des Räderkastens hin und wieder undicht wird. Die Steuerkette an sich ist unproblematisch, ab einer Laufleistung von 150.000 km sollte der Kettenspanner überprüft und ggf. getauscht werden. Davon abgesehen ist die Maschine ziemlich solide und bei pfleglichem Umgang gut für sehr hohe Laufleistungen.

Früher war zwar nicht alles besser, aber eine Kombination aus diesem schlanken Lenkrad und einem übersichtlichen Kombiinstrument wie diese, ist besser als vieles, was es heute gibt.

(Bild: BMW)

Natürlich ist nach mindestens 35 Jahren Rost auch beim E30 ein Thema, wenngleich BMW besser vorsorgte als beim Vorgänger. Achten Sie besonders auf die unteren Enden der Kotflügel, Wagenheberaufnahmen samt Schweller, Türkanten, Radläufe und den Bereich rund um die Abschleppöse hinten. Heben Sie unbedingt den Teppich im Kofferraum an – undichte Rückleuchten können für weitreichende Schäden im Verborgenen sorgen. Häufig sind das Fach für die Batterie stark angegriffen und die auch im neuen Zustand nicht allzu erhellenden Ellipsoid-Scheinwerfer trübe.

Im Innenraum ist der Fahrersitz oft verschlissen, der Akku im Kombiinstrument hin und die Kurbel des optionalen Schiebedachs ausgeleiert. Differenzial und Getriebe sind selten wirklich zu 100 Prozent dicht und außen trocken, im Zweifelsfall aber schnell abgedichtet. Das alles sind keine schweren Dramen, sollten bei der Kalkulation aber natürlich berücksichtigt werden. Etwas anders sieht es mit den Buchsen an der Hinterachse aus, deren Wechsel zwar nicht zwingend extrem teuer, aber aufwendig ist. Bei BMW gab es seinerzeit dafür sogar ein Spezialwerkzeug.

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Wer sich heute mit dem E30 näher beschäftigt, wird schnell feststellen, dass der 318is nicht nur eine der besten Maschinen dieser Baureihe ist, sondern leider auch kein Geheimtipp. Erschwerend kommt hinzu, dass der auf der IAA 1989 vorgestellte 318is nur etwas mehr als ein Jahr im Programm blieb, denn ab Anfang 1991 konnte der E30-Zweitürer nicht mehr neu bestellt werden. Wenn es also unbedingt genau diese Maschine sein soll, beschränkt man sich auf ein recht kleines Angebot. Wie beim E21 empfehle ich, die Auswahl der Motorisierung nicht in erster Linie zu heftig zu beschränken.

Kaum eine Maschine bringt im zweiten Dreier Fahrleistungen und Verbrauch in ein so günstiges Verhältnis wie der 318is. Dazu ist der Vierzylinder auch ziemlich standfest.

(Bild: BMW)

Ordentliche E30 sind auf dem Markt durchaus noch zu finden, Schnäppchen allerdings inzwischen die absolute Ausnahme. Verkäufer wissen in der Regel, was sie da verkaufen, und die Zahl der checkheftgepflegten Garagenfunde geht mit den Jahren natürlich massiv zurück. Selbst für die vergleichsweise wenig gefragten M40-Vierzylinder, die nach dem 87er-Facelift kamen, sind in gutem Zustand inzwischen mehr als 8000 Euro fällig. Ein ordentlicher 318is ohne anstehende, größere Sanierung dürfte locker bei mehr als 15.000 Euro liegen. Wenn er denn auf dem Markt ist.

(mfz)