Infineon verkauft Handysparte für 1,4 Milliarden Dollar an Intel

Intel stand nach dem Verkauf seiner Wireless-Sparte ohne schlüsselfertige Smartphone-Lösung da und musste das lukrative Geschäft anderen überlassen. MIt der Übernahme von Infineons Handychip-Bereich soll sich das ändern, während sich Infineon auf Auto- und Industrie-Halbleiter konzentrieren will.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Chiphersteller Infineon verkauft wie erwartet seine Handysparte an den US-Chipkonzern Intel und wird dadurch erheblich kleiner. Der Kaufpreis betrage 1,4 Milliarden Dollar (rund 1,1 Milliarden Euro), die Transaktion solle im ersten Quartal 2011 abgeschlossen und bar bezahlt werden, hieß es bei Infineon. Schon seit Monaten war über den Verkauf spekuliert worden, Intel galt als möglicher Käufer.

Die mittlerweile profitable Sparte Wireless Solutions (WLS) produziert unter anderem Prozessoren für Apples iPhone; sie galt jahrelang als Sorgenkind. Dank der kräftig gewachsenen Nachfrage nach Handychips hat WLS laut dpa zuletzt aber deutlich zugelegt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/2009 hatte die Sparte mit einem Jahresumsatz von 917 Millionen Euro nur etwas weniger als ein Drittel zum Konzernumsatz von rund 3,03 Milliarden Euro beigetragen. WLS stellt unter anderem Kommunikations- Prozessoren (Baseband) für Mobiltelefone her und ist vor allem bei der Ausrüstung von Smartphones und für günstige Einsteigerhandys stark.

Das Hauptgeschäft von Infineon sind mittlerweile Chips für die Industrie- und Autobranche. Für bisherige Kunden der Infineon-Wireless-Sparte soll sich erst einmal nichts ändern. Infineon verspricht sich von dem Verkauf weitere finanzielle Mittel, um das Geschäft mit Halbleitern für Industrie- und Autobranchen auszubauen.

Laut Börsenhändlern hatten Investoren auf einen höheren Preis gehofft, berichtet dpa. Analysten der DZ Bank hatten noch am Freitag einen Wert der Sparte von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro genannt und davon gesprochen, dass sich Infineon einen Zielpreis von 1,5 Milliarden Euro gesetzt haben dürfte. Intel teilte mit, die übernommene Chip-Sparte solle künftig als eigenständige Geschäftseinheit agieren.

Intel hatte während des Dotcom-Booms Rechte und Know-how von ARM-basierten Handy-Chips und Baseband-Kommunikationshalbleitern der Firma DSP Communications für 1,6 Milliarden US-Dollar zusammengekauft. Unter anderem mit der Übernahme von DSP wollte Intel zur Jahrtausendwende eine neue Firmenära im Netzwerk- und Funkgeschäft einläuten, um die einseitige Abhängigkeit vom Geschäft mit Prozessoren für PCs zu überwinden. Allerdings veräußerte der Konzern die verlustbringende Sparte wieder – mit herben Verlusten.

Seitdem steht Intel ohne schlüsselfertige Smartphone-Lösung da und musste das lukrative Geschäft anderen überlassen. Intels Atom-Prozessor bekam in Smartphones aufgrund seines vergleichsweise hohen Stromverbrauchs noch kein Bein an die Erde. Auch durch die Kooperation mit Nokia bei MeeGo, einem Linux-basierten Betriebssystem für Smartphones, und nun durch die Übernahme der Handysparte von Infineon will Intel diese Lücke im Produktportfolio offensichtlich schließen und im boomenden Smartphone-Markt ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Am Freitag erst hatte Intel allerdings die Börsen mit schlechten Nachrichten aufgeschreckt: Weil die Nachfrage nach Computern bei Privatverbrauchern schwächer ausfalle als erwartet, müsse man die Umsatzprognose für das laufende dritte Quartal senken, erklärte der weltgrößte Chiphersteller. (jk)