Cariad: VW-Tochter stellt eigene Software-Entwicklung weitgehend ein

Die umstrittene Softwaretochter Cariad existiert bei Volkswagen zwar weiter, fungiert aber nur noch als Integrator von Code von Partnern wie Rivian und Xpeng.

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Volkswagen in Wolfsburg

(Bild: Aerovista Luchtfotografie/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Volkswagen zieht bei seiner ambitioniert gestarteten Software-Sparte Cariad die Notbremse und hat einen radikalen Kurswechsel eingeläutet. Anstatt auf die weitgehende gescheiterte Eigenentwicklung von Programmen und Systemen fürs Auto zu setzen, baue VW nun auf Kooperationen, erklärte Konzernchef Oliver Blume jüngst auf dem "Auto x Software Summit" der Financial Times (FT) in München. Cariad werde dabei zum Koordinator und Integrator externer Partner herabgestuft, insbesondere von Rivian in den USA und Xpeng in China.

Seit Jahren gilt die interne Software-Einheit des Wolfsburger Unternehmens als eines ihrer dringendsten Probleme. Immer wieder kam es zu Rückschlägen und Verzögerungen, vor allem bei neuen E-Autos. Der seit 2022 dem Unternehmen vorstehende Blume leitete daraufhin einen kompletten Neustart der Softwarestrategie ein, um den Rückstand gegenüber Konkurrenten wie Tesla und neuen chinesischen Akteuren aufzuholen.

Laut Blume ist die "Make-Strategie" (alles selbst entwickeln) einer Kaufoption gewichen, die stark auf Partnerschaften setzt. Der neue Ansatz folgt eigenen, katastrophal gescheiterten Bemühungen, die unter Blumes Vorgänger Herbert Diess zu Produktverzögerungen und Kostenüberschreitungen führten. Die Markteinführung des vollelektrischen Porsche Macan und des Audi Q6 e-tron, die aufgrund von Cariad-Problemen zwei Jahre zu spät erfolgte, geschah nun mit der neuesten, bereits mit Partnern entwickelten Software-Architektur.

Cariad selbst habe überlebt, doch die Rolle der Sparte habe sich drastisch gewandelt, schreibt die Financial Times. Diese sei nun primär für die Wartung und Aktualisierung der bestehenden VW-Softwareplattformen sowie für die Integration neuer Architekturen zuständig, die hauptsächlich von Rivian entwickelt werden. Zudem behalte Cariad die Verantwortung für die Entwicklung von Kerntechnologien wie autonomes Fahren, Infotainment-Systeme und Cloud-Computing-Dienste, die für die Kundendatengewinnung entscheidend sind. VW und Bosch kündigten im August an, Robo-Fahrfunktionen demokratisieren zu wollen.

Cariad-Chef Peter Bosch zeigte sich erleichtert, dass die "massive Transformation" binnen zwei Jahren gelungen sei. Die Umstrukturierung, die bis Anfang dieses Jahres andauerte, führte zu einer Belastung von 400 Millionen Euro, die größtenteils durch Umstrukturierungen bei Audi und Cariad verursacht wurde.

Im Zuge der Neuausrichtung wurde das Cariad-Team, das ursprünglich mit der Entwicklung einer eigenen Architektur beauftragt war, weitgehend aufgelöst. Es sollte mit der Rivian-Entwicklergruppe fusionieren. Mehrere Mitarbeiter, darunter der 2023 von Rivian abgeworbene Chef-Softwareingenieur Sanjay Lal, verließen daraufhin das Unternehmen.

Eine Cariad-Sprecherin dementierte gegenüber heise online die Darstellung, dass die Sparte die eigene Software-Entwicklung weitgehend einstellen würde und künftig nur noch als Integrator von Code von Partnern fungieren sollte: Volkswagen habe im Rahmen der eigenen Software-Strategie "die Zusammenarbeit zwischen Cariad und den Marken neu geordnet". Die Tochter spiele dabei "weiterhin eine zentrale Rolle für die Skalierung markenübergreifender Softwarelösungen" und werde sich deutlich stärker auf wichtige Synergiebereiche für den Konzern konzentrieren wie automatisiertes Fahren, Infotainment, Cloud, "Connectivity" und Fahrdynamik. Ziel bleibe "eine schlanke Software-Einheit mit hoher Eigenentwicklungsquote".

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Blume verteidigt den Kurs und sieht VW nun in einer starken Position mit Größenvorteilen. Analysten scheint der Erhalt von Cariad als "Gatekeeper" und Architekt sinnvoll. Aber es gibt auch kritische Stimmen, die eine hohe Abhängigkeit von Rivian mit einer zugesagten Investition von über 5 Milliarden US-Dollar bemängeln. Es sei unklar, wo Cariad aufhöre und ab wann Rivian übernehme. Die höchste Priorität des US-Konzerns liegt aktuell auf der Architektur für den R2 SUV. Erst im Anschluss dürfte sich Rivian VW-Modellen widmen können, deren neue Software – etwa aufgrund der verstärkten "Technologie-Offenheit" der Tochter Porsche – auch für Benziner und Hybride angepasst werden muss.

Ob VW kĂĽnftig technologisch eine wichtigere Rolle spielen kann, wird sich laut Marktbeobachtern in den kommenden Jahren zeigen: 2026 soll ein neues Modell in China mit Xpeng-Software und 2027 ein 20.000-Euro-Elektroauto mit einer Rivian-Plattform auf den Markt kommen.

Update

Statement einer Cariad-Sprecherin gegenüber heise online im drittletzten Absatz ergänzt.

Update

Stellungnahme von Cariad erweitert und konkretisiert.

(nen)