CMIS - neuer Standard für die ECM-Industrie

CMIS soll einen einheitlichen Zugriff von Unternehmens-Anwendungen auf die oft proprietären Content-Repositorys im ECM-Markt ermöglichen und damit die Einführung und Integration von Content-Management-Systemen bei Unternehmen vereinfachen.

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Von
  • Christian Thiede
Inhaltsverzeichnis

Mit CMIS ist in der Welt des Enterprise Content Management (ECM) eine neue Spezifikation für die Content-Management-Interoperabilität im Gespräch. Der OASIS-Standard soll einen einheitlichen Zugriff von Unternehmensanwendungen auf die oft proprietären Content-Repositorys im ECM-Markt ermöglichen und damit die Einführung und Integration von Content-Management-Systemen bei Unternehmen vereinfachen. Sind die hohen Erwartungen gerechtfertigt und ist ihre Umsetzung realistisch?

Allein die Namensliste der Unternehmen, die das CMIS-Projekt angestoßen haben, liest sich wie das "Who's who" der Software- und insbesondere der ECM-Branche: EMC, IBM, Microsoft, Open Text, Oracle und SAP sind nur ein kleiner Auszug der Initiatoren und Unterstützer. Sie haben 2007 damit begonnen, die Content Management Interoperability Services unter dem Dach des Standardisierungsgremiums OASIS zu spezifizieren.

Seit Mai 2010 ist der Standard in der Version 1.0 offiziell verabschiedet. Der Vorteil dieses von den Herstellern getriebenen Prozesses ist, dass im Rahmen der Ratifizierung jeder der Hersteller bereits Umsetzungen des Standards auf seinen Produkten durchgeführt hat. Mit seiner Freigabe existieren für alle Repositorys funktionierende CMIS-Adaptionen. Aktuell pflegen unterschiedliche Hersteller die CMIS-Implementierungen in die Releases der Repositorys ein. Einige Hersteller wie Alfresco, IBM und Microsoft haben ihre Umsetzungen schon für ihre Kunden zur Verfügung gestellt.

Die Reputation der Namen ist jedoch noch kein alleiniges Qualitätskriterium und sagt nichts über den Nutzen und die Existenzberechtigung des Standards aus. Es bestehen allerdings eindeutige inhaltliche Gründe, und es gibt ein großes Potenzial des CMIS-Standards für die Content-Management-Branche. Alle Unternehmen stehen mit voller Überzeugung hinter den vier Buchstaben, die die Welt des Content-Managements mittelfristig ein großes Stück nach vorne bringen sollen.

Manche sehen dahinter schon jetzt einen Treiber für die ECM-Branche, der für erhebliches Wachstum sorgen und völlig neue Unternehmen und Märkte schaffen wird. Ob der Optimismus berechtigt ist, wird sich zeigen. Die Hoffnung, die hinter den Annahmen steckt, basiert jedoch auf einem Fundament von Argumenten und Fakten.

In vielen Unternehmen kommt eine große Zahl Dokumenten-Management-Systeme zum Einsatz. Denn unterschiedliche Unternehmensteile wie Vertrieb, Entwicklung oder Finanzen und Beschaffung setzen
individuell ausgeprägte Systeme ein, die ihren jeweiligen Anforderungen am besten gerecht werden. Das hat aber den Nachteil, dass Dokumente nicht für andere Nutzer zur Verfügung stehen und sich so Synergieeffekte, zum Beispiel durch den Zugriff auf Lieferanteninformationen von allen Tochtergesellschaften, nicht nutzen lassen oder zumindest der Aufwand wesentlich höher ist.

Die übergreifende Nutzung einzelner Dokumenten-Repositoriys in Form eines einheitlichen System kann große Vorteile mit sich bringen – CMIS-Implementierungen sollen hierfür als Transportmittel fungieren. Durch die Verwendung des Standards lassen sich alle bisherigen Systeme weiternutzen – der Zugriff in die bisher isolierten Repositorys ist aber nun einfacher zu realisieren. CMIS definiert hierfür ein Domain Model und regelt, welche Content-Objekte man verwalten und wie man auf sie zugreifen kann.

Das Domain Model der ersten CMIS-Version (Abb. 1)

Der Standard ermöglicht, dass sich der Zugriff auf Ordner, Dokumente und deren Beziehungen untereinander regeln lässt. Mit AtomPub- und Webservices-Bindings, dem Domain Model, unterschiedlichen Funktionen für Content-Handling und -Versionierung sowie einem Sicherheitsmodell ist CMIS groß genug angelegt, um viele Applikationen anzusprechen. Es ist dadurch nicht mehr notwendig, das Programm an das Repository eines bestimmten Anbieters zu binden.

Die Version 1.0 des CMIS-Standards berücksichtigt grundlegende Funktionen des Dokumenten-Managements. Die Uses Cases sind kollaborative Content-Applikationen, Verwendung in Portalen, Mashups, Content as a Service und die Suche innerhalb unterschiedlicher, CMIS-kompatibler Repositorys. Zukünftige Versionen thematisieren Themen wie Workflow, Records- und Digital Asset Management (Wiedergabe, Streaming).

CMIS 1.0 Model