Fahrradmesse in der Krise: Bosch und der ZIV brechen mit der Eurobike

Europas größte Fahrradmesse, die Eurobike in Frankfurt, steht nach der Absage von Bosch und dem ZIV vor einer ungewissen Zukunft.

vorlesen Druckansicht 67 Kommentare lesen
Blick auf die Eurobike-Messe

Eurobike 2025

(Bild: Steffen Herget/heise medien)

Lesezeit: 4 Min.
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Es knirscht gewaltig im Getriebe der Eurobike, Europas Leitmesse für die Fahrradindustrie. Schon länger Kritik aus den Reihen der Unternehmen der Branche zu hören, nun ziehen nach einigen ersten Absagen in diesem Jahr die großen Namen für 2026 die Reißleine. Der Branchenverband ZIV, der bedeutende Zukunft Fahrrad e.V. und Bosch verlassen die Eurobike und werden 2026 nicht auf der Messe in Frankfurt vertreten sein.

"Nach intensiven Gesprächen mit den Gesellschaftern der Eurobike haben wir uns entschieden, die Zusammenarbeit zu beenden. Wir konnten nicht erkennen, dass beide Gesellschafter mit derselben Konsequenz Maßnahmen unterstützen, die nötig wären, um die Messe zukunftsfähig für die Fahrradbranche aufzustellen", erläutert Bernhard Lange, ZIV – Die Fahrradindustrie-Präsidiumsmitglied und geschäftsführender Gesellschafter der Paul Lange GmbH & Co. KG, deutscher Generalvertreter von Shimano, die Entscheidung.

CEO von Bosch eBike Systems Claus Fleischer, ebenfalls im ZIV-Präsidium vertreten, schlägt in die gleiche Kerbe: "Die Branche erwartet grundlegende Änderungen als Voraussetzung und klares Signal für eine erfolgreiche Zukunft der Eurobike – im Ergebnis sehen wir diese nicht." Aus den in der Pressemitteilung des ZIV dargelegten Gründen werde man daher von einer Teilnahme an der Eurobike 2026 absehen, so das Unternehmen gegenüber heise.

Videos by heise

Der ZIV, der mit seinen rund 140 Mitgliedern nach eigenen Angaben etwa 90 Prozent der Fahrradproduktion in Deutschland abdeckt, spricht davon, dass man "klare Vorstellungen zu notwendigen strukturellen und inhaltlichen Anpassungen [der Messe] formuliert" habe. Ulrich Prediger, Zukunft Fahrrad-Vorstandsvorsitzender und Gründer von JobRad, ergänzt: "Leider sehen wir keine realistische Chance, diese zu erreichen."

Das Zerwürfnis kommt nicht aus dem Nichts. Schon auf der Messe war von zahlreichen Ausstellern vernehmliches Grummeln über die Organisation zu vernehmen. Der Rückgang bei den Besucherzahlen und den ausstellenden Unternehmen war merklich. Grund genug für den ZIV und Zukunft Fahrrad, Mitte Juli einen Forderungskatalog mit zehn zentralen Punkten an den Veranstalter, die fairnamic GmbH in Friedrichshafen, zu richten. In diesem wurde unter anderem die Abkehr von der wichtigsten Metrik "mehr Besucher und Aussteller" thematisiert, aber auch der Verzicht auf die Trennung von Pedelecs und unautorisierten Rädern, eine stärkere Kontrolle von in Deutschland illegalen Fahrzeugen und Dienstleistungen auf der Messe, und ein stärkerer Fokus auf die Vielfalt des Ökosystems. Das öffentlich einsehbare Schreiben liest sich wie die Forderung nach einem kompletten Richtungswechsel

Die fairnamic GmbH reagiert mit einem Statement auf die prominenten Absagen und zeigt sich darin überrascht von der Entscheidungen des ZIV und Zukunft Fahrrad. Viele der Anregungen habe man "umgehend aufgegriffen und bereits kommuniziert", etwa die Anpassung der Messedauer, mehrere Beteiligungsoptionen für Ausstellende sowie eine Neuausrichtung des Kongressprogramm. Ein Messebeirat unter Leitung von Stephan Kurzawski von der Messe Frankfurt solle zudem die Entwicklung der Eurobike begleiten. "Vor diesem Hintergrund überrascht uns der Vorstoß der Verbände, da der Dialog auf sachlicher und lösungsorientierter Grundlage geführt wurde", so das Statement weiter.

Angesichts dieser Entwicklungen erscheint die Zukunft der Eurobike als Leitmesse fĂĽr die Fahrradindustrie unsicher. Eigene Events der Hersteller, schon jetzt wie in vielen Branchen an der Tagesordnung, dĂĽrften auch in der Zweiradbranche zunehmen und wichtiger werden. Wie sich der Trend, der unweigerlich an der Relevanz der Eurobike nagt, entwickelt, liegt in der Hand aller Beteiligten. FĂĽr die ohnehin kriselnde Branche kommt der Streit zur Unzeit.

(sht)