Nokia plant Schließung des Standorts München bis 2030
Der Netzwerkausrüster Nokia will seinen Standort München bis 2030 schließen. Die IG Metall spricht von einem Fehler.
(Bild: Nokia)
Der Netzwerkausrüster Nokia plant die Schließung seines Standorts München bis zum Jahr 2030. Wie die IG Metall mitteilt, seien allein in München über 700 Beschäftigte von der Entscheidung betroffen. Der Abbau solle in zwei Wellen erfolgen: Bereits 2026 fallen bundesweit über 300 Stellen weg, bis 2030 sollen dann weitere Arbeitsplätze in München wegfallen. Nokia bestätigte die Schließung auf Anfrage von heise online. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, damit Nokia langfristig wettbewerbsfähig bleiben könne.
Nokia beschäftigt in Deutschland laut IG Metall derzeit rund 2500 Menschen und gilt als einer der wenigen europäischen Netzwerkausrüster. Die Gewerkschaft wertet den Rückzug als problematisches Signal für die digitale Souveränität Deutschlands und Europas. "Gerade in Zeiten geopolitischer Herausforderungen ist es ein fatales Signal, wenn ein Schlüsselunternehmen seine Präsenz in Deutschland zurückfährt", sagte Daniele Frijia, Geschäftsführer der IG Metall München und Mitglied im deutschen Aufsichtsrat von Nokia.
Nokia erklärte, dass das Unternehmen im Rahmen seiner globalen Standortstrategie seine Investitionen auf wichtige nachhaltige Zentren in Deutschland und weltweit konzentrieren will. "Damit wollen wir unsere Kapazitäten für langfristiges Wachstum und Kundenbindung stärken und gleichzeitig sicherstellen, dass unsere Teams die für ihren Erfolg erforderlichen Rahmenbedingungen vorfinden."
Die Entscheidung fällt in eine Zeit, in der die EU-Kommission den Druck auf Mitgliedsstaaten erhöht, chinesische Netzwerkausrüster wie Huawei und ZTE aus kritischer Infrastruktur auszuschließen. Nokia gehört neben Ericsson zu den wenigen europäischen Alternativen zu den chinesischen Anbietern. Der Teilrückzug aus Deutschland "könnte die Abhängigkeit von außereuropäischen Lieferanten paradoxerweise verstärken."
Gewerkschaft kritisiert strategischen Fehler
Frijia bezeichnete den Rückzug aus München als strategischen Fehler, der die Wettbewerbsfähigkeit und technologische Führerschaft des Konzerns gefährde. Der Standort München biete mit seiner Infrastruktur, den Universitäten und der Nähe zu Forschungseinrichtungen ideale Bedingungen für Innovation. "Statt Arbeitsplätze abzubauen, sollte Nokia in die Zukunft investieren", so Frijia.
Videos by heise
Von der bundesweiten Abbauwelle 2026 sind laut IG Metall neben München auch die Standorte Düsseldorf, Stuttgart, Ulm und Nürnberg betroffen. Carsten Riedl, Betriebsratsvorsitzender am Standort München, zeigte sich entsetzt: "Die Beschäftigten haben über Jahre hinweg Spitzenleistungen erbracht. Wir fordern, dass Nokia Verantwortung für seine Beschäftigten übernimmt."
Nokia selbst nannte gegenüber heise online keine Zahlen, erklärte aber, an den anderen Standorten festzuhalten: "Nürnberg bleibt ein wichtiger Standort für die Forschung und Entwicklung im Bereich optischer Netzwerke, Ulm bleibt ein wichtiger Standort für die Forschung und Entwicklung im Bereich Mobilfunknetze, Stuttgart bleibt ein wichtiger Standort für Nokia Bell Labs und optische Netzwerke, und Bonn und Düsseldorf bleiben wichtige Standorte mit Kundenkontakt."
München als Patent- und Standardquelle
Clemens Suerbaum, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, warnte vor den Folgen für die gesamte deutsche Nokia-Präsenz. "Wenn in Europas High-Tech- und KI-Stadt München Nokia ohne Sinn und Verstand die eigene Hauptquelle für Patente und Standards austrocknet, dann wissen auch die anderen deutschen Standorte in Stuttgart, Düsseldorf, Ulm und Nürnberg, wie es um ihre Zukunft bestellt ist." Die Beschäftigten hätten Nokia mit großen Anstrengungen auf die Erfolgsspur gebracht. "Nun sitzt der Schock tief, nicht nur in München."
Die IG Metall fordert das Unternehmen auf, Verantwortung für die Beschäftigten zu übernehmen und Alternativen zur kompletten Schließung zu prüfen. Nokia teilte mit, alle betroffenen Mitarbeiter während der Übergangsphase unterstützen zu wollen.
(mki)