Synaxon AG unterliegt im Streit mit frĂĽheren Franchisenehmern vor Gericht

Seit nunmehr sechs Jahren streiten die frĂĽhere PC-Spezialist und ehemalige Franchisenehmer vor Gericht. Eine erste Entscheidung ist gefallen, doch ausgestanden ist das Thema noch lange nicht: Die Beklagte hat Berufung eingelegt.

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Von
  • Marzena Sicking

In einem seit 2004 andauernder Rechtsstreit zwischen der Synaxon AG, die früher als PC-Spezialist Franchise AG firmierte, und der Systempartner Computervertriebs GmbH Friedberg, einem ehemaligen Franchisenehmer, ist es vor dem Landgericht Dortmund zu einer Entscheidung gekommen. Die Synaxon AG muss laut dem jetzt bekannt gewordenen Urteil (Az. 13 O 50/05, Urteil vom 18.08.2010) Auskunft zu Boni, Rabatten & Co. erteilen. Ähnlich lautende Urteile sollen dem Kläger zufolge auch in den Fällen sechs weiterer ehemalige Franchisenehmer (Hagen, Trier, Luxemburg, Erfurt, Hanau, Konstanz) ergangen sein.

Die Händlereinkaufskooperation Synaxon AG (früher PC-Spezialist) wurde vom Landgericht Dortmund im Rahmen einer Stufenklage dazu verurteilt, ihren ehemaligen Franchisenehmern Auskunft über die von den Systemlieferanten erhaltenen Einkaufsvorteile sowie die Einnahmen- und Ausgaben des gemeinschaftlichen Werbefonds zu erteilen. Damit hat der Kläger in dem Rechtsstreit, der sich seit nunmehr gut sechs Jahren hinzieht, einen ersten Etappensieg errungen. Denn ob die Synaxon AG gegebenenfalls sogar Teile der Boni und Rabatte wird rückwirkend auch auszahlen müssen, ist noch ungeklärt. Thema vor dem Landgericht Dortmund waren lediglich die Forderungen nach Auskunft und Rechenschaft.

Der Friedberger IT-Händler hatte 1996 einen Franchise-Vertrag mit PC-Spezialist abgeschlossen. Er zahlte wie alle anderen Franchisenehmer eine einmalige Aufnahmegebühr, monatliche Lizenzgebühren sowie Werbekostenbeiträge. PC-Spezialist übernahm dafür den zentralen Einkauf und die Verhandlung der Einkaufskonditionen mit den Lieferanten. Aber auch von den Herstellern und Lieferanten erhielt PC-Spezialist Werbekostenzuschüsse (WKZ) und Lieferantenprovisionen auf den Einkaufsumsatz seiner Franchisenehmer. Beim Abschluss der Vertrages teilte PC-Spezialist dem Kläger mit, man habe mit Herstellern und Lieferanten eine Lieferantenprovision von einem Prozent vereinbart. Darüber hinaus bezog PC-Spezialist Provisionen für die Vermittlung von Verträgen mit Internetprovidern, Ratenkrediten oder Leasingverträgen. Diese – so einer der Vorwürfe – wurden angeblich nicht oder nicht vollständig an die Vertriebspartner weitergeleitet. Die WKZ- und Rückvergütungsthematik wurde in der Vergangenheit schon mehrmals mit dem im Jahr 2000 gebildeten Beirat diskutiert. 2001 wurden einem Beiratsmitglied entsprechende Lieferantenrechnungen zur Prüfung vorgelegt.

Zu einer restlosen Aufklärung hat dies allerdings nicht beigetragen, denn auch danach kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen PC-Spezialist und verschiedenen Franchisenehmern, die Auskunft über Warenumsätze und den ihnen gewährten Provisionen verlangten. Schließlich reichten 2004 insgesamt 49 Franchisenehmer eine Klage vor dem Landgericht Bielefeld (Az. 16 O 210/04) ein: Sie verlangten Auskunft und Rechenschaft betreffend Einkaufsvorteilen und Rückvergütungen sowie WKZ und der Nutzung der von ihnen gezahlten Werbekostenbeiträge. Ein Kompromissvorschlag der PC-Spezialist scheiterte 2005, ein Teil der Kläger kündigte daraufhin ihr Vertragsverhältnis fristlos. Sie schlossen neue Verträge mit einer Konkurrentin der Beklagten. Darauf reagierte wiederum PC-Spezialist mit einer Klage, verlangte die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen und forderte Franchise-, Marketinggebühren sowie eine Vertragsstrafe – und bekam bis auf den Punkt mit der Vertragsstrafe recht.

Die Klage auf Auskunft (Az. 16 O 210/04) wurde auf Antrag der Kläger im Mai 2005 an die Kartellkammer für Handelssachen verwiesen und danach vor dem Landgericht Dortmund verhandelt. Die insgesamt 49 Verfahren wurden ursprünglich getrennt verhandelt, bis zum heutigen Tag blieben davon jedoch nur noch wenige übrig: Ein Teil der Klagen wurde zurückgezogen, andere durch die Insolvenz der Kläger hinfällig.

Im nun verhandelten Fall erklärte der klagende IT-Händler, er halte die frühere PC-Spezialist, die heute unter Synaxon AG firmiert, zur Herausgabe der vereinnahmten Lieferprovisionen und sonstigen Rückvergütungen für verpflichtet. Zumindest Schadenersatz müsse der Verbund bezahlen, weil er seiner Verpflichtung zur Weiterleitung sämtlicher Rückvergütungen der Systemlieferanten nicht nachgekommen sei. Es sei die Pflicht der Beklagten, günstige Einkaufsquellen zu erschließen, der Verbund trete dabei als Interessenwahrerin der Vertriebspartner auf, für die sie stellvertretend verhandle. Eine vertragliche Abrede, Rückvergütungen einzubehalten, gebe es nicht. Ab 1998 sei zwar eine entsprechende Verzichtsklausel in die Franchiseverträge eingeführt worden, diese sei aber an "überraschender Stelle" im Vertrag versteckt gewesen und daher unwirksam. Auch sei der Beirat über die tatsächliche Höhe der vereinnahmten Lieferantenprovsionen nicht informiert gewesen, habe nur eine Auswahl von Belegen zur Prüfung vorgelegt bekommen, so dass eine tatsächliche Prüfung gar nicht möglich gewesen sei.

Die Synaxon AG ließ erwidern, man halte die Klage für unzulässig, die Franchisenehmer seien schließlich selbst in der Lage gewesen, einen Zahlungsanspruch zu berechnen. Auch seien Ansprüche betreffend der Einkaufsvorteile nicht gegeben, weil die Franchisenehmer durch den Beirat über die Höhe des Beibehalts informiert worden seien. Dies sei ausdrücklich vereinbart und zugebilligt worden. Man sei rechtlich auch gar nicht zur Weitergabe von den mit dem zentralen Einkauf verbunden Vorteilen verpflichtet gewesen, es handle sich allenfalls um eine freiwillige Leistung. So habe man den Franchisenehmern genauso wie ihren Stützpunkthändlern nur die Möglichkeit zur Teilnahme an den gemeinsamen Einkaufsaktionen gegeben. Eine Verpflichtung, günstige Vertragskonditionen oder Vorteile auszuhandeln, ergebe sich weder aus dem Vertragsformulierung noch aus dem Vertragszweck. Auskunftsansprüche und Zahlungsansprüche seien außerdem verwirkt, weil sie längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht worden seien.

Der Argumentation des Einkaufsverbundes wollte das Gericht aber nicht folgen und bestätigte vielmehr den Rechenschaftsanspruch des Klägers, der sich aus § 259 BGB ergebe. Der Kläger könne Auskunft und Rechenschaft über Einkaufsvorteile und Rückvergütungen verlangen (gemäß § 242, § 666 BGB). Auch habe der Kläger gegen die Beklagte einen "durchsetzbaren vertraglichen und auftragsrechtlichen Anspruch auf Weiterleitung von Einkaufsvorteilen und Rückvergütungen", die PC-Spezialist erlangt habe, so das Gericht weiter in seiner Urteilsbegründung. Den Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch habe PC-Spezialist bislang nicht erfüllt, die im Verfahren vorgelegten Listen seien bzgl. Lieferanten und Zeitraum unvollständig. Die Auskunfts- und Rechenenschaftsansprüche seien zudem weder verjährt, noch verwirkt. Es gelte zwar eine dreijährige Verjährungsfrist (Art. 229, § 6 IV EGBGB), die durch die Klageerhebung im Dezember 2004 aber rechtzeitig gehemmt wurde (§ 204 BGB). Auch die Erklärung des Beklagten, die Fakten seien von einem Beiratsmitglied überprüft und für richtig befunden worden, wurde nicht akzeptiert, denn das genannte Beiratsmitglied sagte wiederum aus, die angebliche Prüfung sei gar nicht erfolgt. Auch die Vereinbarung, die besagte, dass PC-Spezialist eine Systemhersteller- und Lieferantenprovision in Höhe von einem Prozent einbehalten kann, sei von den Franchisenehmern so verstanden worden, dass darüber hinausgehende Mehrleistungen der Lieferanten an die Vertragspartner weitergeleitet werden. Wenn PC-Spezialist dies anders gesehen hätte, hätte man dies den Partnern deutlich erklären müssen, das sei aber nicht geschehen. Dass die Franchisenehmer einen Einbehalt von darüber hinausgehenden Einkaufsvorteilen ausdrücklich zugestimmt hätten, sei ebenfalls nicht bewiesen.

Ob PC-Spezialist diese Vorteile hätte stets in vollem Umfang oder nur zum Teil weitergeben müssen, ist allerdings noch ungeklärt. Wie das Gericht erklärte, müsse zunächst ermittelt werden, um welche Art und um welchen Umfang von nicht weitergeleiteten Leistungen es sich hier handle. Der Herausgabeanspruch sei aber weder verwirkt noch verjährt.

Auch sei es Vertragspflicht von PC-Spezialist gewesen, die Konditionen für die Rahmenverträge auszuhandeln. Die Beklagte habe damit eine sogenannte "Geschäftsbesorgung" (im Sinne von §675 BGB) vorgenommen, also eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art, die im fremden Interesse ausgeführt wird. Somit sei PC-Spezialist anders als in den vom BGH und vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Praktiker-Baumarkt-Fällen nicht selbst Weiterverkäufer oder Dienstleistungsvermittler. Insofern diene das Aushandeln der Konditionen in erster Linie den Vermögensinteressen der jeweiligen Vertragspartner.

Auch bezüglich der Werbekostenzuschüsse müsse die ehemalige PC-Spezialist Auskunft erteilen, denn sie sei vertraglich verpflichtet, die von den Franchisenehmern gezahlten Werbebeiträge und von Dritten erhaltene Werbekostenzuschüsse zweckgebunden zu verwenden. Um beurteilen zu können, ob dies auch geschehen sei, müssten aber die genauen Zahlen (Einnahmen und Ausgaben) bekannt sein, dies sei bisher nicht der Fall.

Das Urteil des LG Dortmund ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Kroll, der die Kläger vertritt, zeigt sich dennoch zufrieden: "Nach langem Ringen ist es nun so weit: Die Synaxon AG aus Bielefeld wurde dazu verurteilt, ihren ehemaligen Franchisenehmern des PC-Spezialist-Franchisesystems Auskunft und Rechenschaft über die von den Systemlieferanten vereinnahmten Einkaufsvorteile sowie die Einnahmen- und Ausgaben des gemeinschaftlichen Werbefonds zu erteilen. Das Gericht hat damit die Auffassung der Kläger bestätigt, dass den Franchisenehmern Kick-Back-Vergütungen zustehen, die von der Franchisezentrale mit den Lieferanten für die Einkäufe der Franchisenehmer ausgehandelt wurden. Bestätigt wurde zudem, dass die Franchisenehmer Rechenschaft über die vereinnahmten Werbekostenzuschüsse und deren Verwendung verlangen können. Auch über diese Einnahmen durfte die Franchisegeberin nicht frei verfügen, so das Gericht, die Mittel waren laut Franchisevertrag für gemeinsame Werbeaktionen einzusetzen."

Frank Roebers, Vorstandssprecher der Synaxon AG, gibt sich angesichts des aktuellen Urteils aber eher gelassen, kritisiert allerdings die lange Verfahrensdauer: "Das Urteil kam letztlich für uns nicht überraschend. Die vorsitzende Richterin hat in der letzten Verfahrensphase deutlich gemacht, dass sie sich in dieser Art von Fällen gegen die herrschende Rechtsprechung der Obergerichte positioniert. Das ist auch der Grund, warum wir bereits Berufung eingelegt haben. Wir dürfen davon ausgehen, dass sowohl das Oberlandesgericht als auch der Bundesgerichtshof zu einem anderen Ergebnis kommen wird. Was ich einigermaßen skandalös finde, ist die Verfahrensdauer. 6 Jahre für die erste Instanz hat mit verfassungsgemäßer Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun. In diesem Fall hat es uns nicht geschadet, aber sehr deutlich gezeigt, dass man sich besser nicht auf deutsche Gerichte verlässt, wenn man seine Ansprüche geklärt haben möchte." (Marzena Sicking) / (map)