Fußball-WM: Von Hooligans und "asymmetrischem Terror"

Aus Anlass der FIFA-Sicherheitskonferenz erläuterten deutsche Vertreter das Sicherheitskonzept zur WM, unter anderem mit Videoüberwachung beim "Public Viewing" von Live-Übertragungen der Spiele auf öffentlichen Plätzen.

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Von
  • Detlef Borchers

Auf der internationalen Pressekonferenz zum Abschluss der Fußball-WM-Sicherheitstagung des Bundesinnenministeriums erklärte August Hanning, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, dass Deutschland bestens auf die Fußball-WM vorbereitet sei. "Wir haben München 1972, wir haben den 11. September und wir haben die Ausschreitungen zur Fußball-WM in Frankreich im Hinterkopf, all das gilt es zu verhindern", betonte Hanning. Die Sicherheitstagung der Fußball- und Terrorismusexperten aller an der WM teilnehmenden Mannschaften wertete Hanning als vollen Erfolg. Jeder habe das in Deutschland erarbeitete Sicherheitskonzept verstanden und akzeptiert. Hanning betonte, dass der Bundesregierung keine konkreten Hinweise auf terroristische Bedrohungen vorliegen, man aber solche Bedrohungen ins Kalkül ziehen müsse: "Das liegt in der Natur des asymmetrischen Terrors."

Nach der definitiven Absage an alle Pläne, die Bundeswehr über das vorgesehene Kontigent von 7000 Einsatzkräften zum Schutz der WM einzusetzen, hatte sich die Gewerkschaft der Polizei zur Sicherheitstagung zu Worte gemeldet und eine stärkere Einbeziehung des Zolls bei den Überwachungsaufgaben gefordert. Zu dieser Forderung nahm Hanning nicht Stellung. Er zeigte sich jedoch erleichtert darüber, dass die Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr durch die Exekutive vorerst beendet ist. Gegenüber den ausländischen Journalisten erklärte er: "Vielleicht haben Sie den Eindruck, dass bei uns ideologische Kämpfe geführt werden. Wir müssen jedoch die deutsche Geschichte und die Rolle der Reichswehr beachten. Die Väter des Grundgesetzes haben nicht ohne Grund die Rolle der Bundeswehr beschränkt."

Auf der Sicherheitstagung wurde Hanning zufolge intensiv über das "Public Viewing" auf Großleinwänden diskutiert. "Wir haben das zum ersten Mal auf der EM in Portugal erlebt, dass Leute ohne Eintrittskarten anreisen, einfach um den Genius Loci zu spüren." Alle Kommunen seien durch die Innenministerien der Bundesländer angehalten worden, den Veranstaltern scharfe Auflagen aufzuerlegen. Vor allem die Videoüberwachung spielt Hanning zufolge eine große Rolle, vor allem bei der Täterverfolgung. "Leute, die keine Eintrittskarten bekommen haben und mit einem Emotionsstau zu einer öffentlichen Veranstaltung kommen, können natürlich ein Problem sein", erklärte Hanning im Anschluss an die Pressekonferenz. Insgesamt sei man jedoch zuversichtlich, weil viele Kommunen zur WM ohnehin langfristig geplante Maßnahmen zur Videoüberwachung vorgezogen haben: "In Berlin ist das Public Viewing wie ein Ersatzstadion abgesichert."

Min Jing, Hannings Pendant vom südkoreanischen Innenministerium, schilderte auf der Pressekonferenz, wie man dort zur letzten Fußball-WM mit dem Public Viewing umgegangen ist. "Wir haben dies als Festival für die gesamte Bevölkerung gesehen und jeden Platz einfach wie ein Stadion behandelt, mit Polizeikontrollen, Taschenkontrollen und absolutem Alkoholverbot. Besonders wichtig war uns aber die Rolle der Medien. Sie mussten sich selbst verpflichten, dass diese Veranstaltungen ohne Gewalt ablaufen, dass keine Gewaltszenen gesendet werden."

Gefragt, welche Rolle der digitale Polizeifunk bei der WM spielen wird, erklärte Hanning: "Alles in allem sind wir noch nicht so weit, wie wir heute eigentlich sein sollten." Er verwies darauf, dass die Ausschreibungsphase zwar abgeschlossen sei, dass aber möglicherweise noch Klagen gegen das Verfahren anstehen können.

Zur Technik und zum Datenschutz bei der Fußball-WM 2006 siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)