Wikileaks: USA sehen Sicherheitspolitik durch FDP erschwert

Aus den Depeschen der US-Diplomaten, die auf der Online-Plattform Wikileaks veröffentlicht wurden, gehen die Ansichten der USA über das Verhältnis der FDP zum Datenschutz hervor.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die USA sehen in der Einstellung der FDP zum Datenschutz eines der größten Hindernisse für transatlantische Sicherheitskooperationen. Das geht aus den in den vergangenen Tagen auf der Whistleblower-Plattform veröffentlichten Depeschen von US-Botschaften hervor. Die "übertriebenen Datenschutzansichten" der FDP würden zu einer inländischen Diskussion beitragen, die die US-Politik verzerrt darstelle und die europäische Debatte negativ beeinflusse.

Der US-Botschafter Phil Murphy hat im Januar 2010 in einer Depesche die Unterstützung durch eine Expertengruppe aus Washington angefordert, da Deutschland nach der Bundestagswahl im September 2009 ein "schwieriger Partner in Bezug auf sicherheitsrelevante Initiativen für Informationsaustausch" geworden sei. Deutschland sei für die Debatte über Datenschutzfragen innerhalb der Europäischen Union entscheidend wichtig. Daher müsse man nun Gesprächspartner in der Regierung, Parlamentarier und Meinungsmacher angehen.

Die FDP sei nach einem zehnjährigen Ausflug in die Opposition zur Macht zurückgekehrt, schrieb Murphy. Ihr Führungspersonal habe keine Erfahrung im praktischen Umgang mit realen Sicherheitsproblemen im Internet-Zeitalter. Die "Fixierung der FDP auf Fragen des Datenschutzes" gehe "zeitweise auf Kosten verantwortungsvoller Ansichten der Partei zur Antiterror-Politik". Deutsche Gesprächspartner hätten immer wieder die Frage nach Datenschutzpolitik und -maßnahmen in den USA aufgeworfen. Dabei werde in den deutschen Ansichten oftmals die US-Politik "verzerrt" und "falsch" dargestellt. Insbesondere FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger äußere sich hier unverblümt und scheine nicht über die "starken" und "robusten" Datenschutzmaßnahmen in den USA informiert zu sein – oder informiert werden zu wollen.

Rund zwei Wochen vor der Bundestagswahl 2009 hatte die Berliner Botschaft der Datenschutzpolitik der FDP eine vertrauliche Depesche gewidmet, in der bereits die "Fixierung" der FDP auf den Datenschutz thematisiert wurde – und der ehemalige Innenminister Wolfgang Schäuble für sein "Verständnis für den Kampf gegen den Terror in einer globalisierten Welt" gelobt. Murphy befürchtete seinerzeit, dass ein FDP-geführtes Justizministerium weitere Kooperationen erschweren könnte. So wurde zu Zeiten von Innenminister Wolfgang Schäuble ein bilaterales Abkommen über den Datenaustausch mit den USA vereinbart, das einen automatisierten Austausch von Fingerabdruck- und DNA-Daten erlaubt. Das FDP-Justizministerium könne künftig die Umsetzung des Vertrags erschweren.

Auch wurde mit Schäuble bereits ein bilateraler Datenaustausch nach Maßgabe der Homeland Security Presidential Directive 6 diskutiert. Auf Basis dieser Richtlinie wurde das "Terrorist Screening Center" eingerichtet, das die US-Terrorliste, die "No-Fly-List" sowie die "Selectee List" für Personen für eine erweiterte Kontrolle erstellt. Bislang haben deutsche Sicherheitsbehörden keinen Zugang zu den Listen. Ein FDP-Ministerium könne Verhandlungen darüber verhindern, sorgte sich Murphy. Er befürchtete zudem, dass die FDP erfolgreich Vorbehalte gegen US-EU-Datenaustausch-Initiativen vorbringen könnte.

Die nächste Auseinandersetzung zwischen den USA und der Europäischen Union steht unmittelbar bevor: Der Europäische Rat wird bald der Europäischen Kommission das Mandat erteilen, die Verhandlungen um das EU-US-Datenschutzabkommen zu beginnen. Derzeit ist noch umstritten, ob das Abkommen auch bestehende Abkommen erfassen soll, die die USA mit einzelnen Mitgliedsstaaten bilateral ausgehandelt haben. Im EU-Rat sperren sich noch Großbritannien, Frankreich und Österreich dagegen. (anw)