Nortels Patentschätze als Munition für Nokia, Google und Apple

Laut Medienberichten sind aus der Versteigerung von Nortels geistigem Eigentum Erlöse bis zu einer Milliarde US-Dollar zu erwarten. Mit dem neuen Material könnten Newcomer besser im Lizenzierungsgeschäft Fuß fassen, das bisher Nokia, Motorola, Ericsson und andere Zulieferer dominieren.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Apple, Google und Nokia sollen zu der Gruppe von Mobilfunkunternehmen gehören, die zurzeit um Netzwerk-Patente bietet, die der bankrotte US-Netzwerkzulieferer Nortel hinterlässt. Laut US-Medienberichten sind aus der nun laufenden Versteigerung von Nortels geistigem Eigentum Erlöse von bis zu einer Milliarde US-Dollar zu erwarten – das Geld fließt dann Nortels Kreditgebern zu. Die rund 4000 Patente aus Nortels Nachlass sind in sechs Gruppen aufgeteilt und betreffen unter anderem LTE, die Mobilfunktechnik der vierten Generation. Die finalen Gebote seien in den nächsten Wochen zu erwarten. Nach Nortels Pleite im Jahr 2009 wurden bereits diverse Teile des Geschäfts verkauft, um Kreditgeber auszuzahlen. Zu den Käufern gehört beispielsweise der Netzwerkzulieferer Ericsson. Die Patente gehören zu den letzten Stücken aus dem Nachlass.

Obwohl Schlüsselpatente durchaus gelegentlich verkauft werden, ist die nun schiere Menge an zum Verkauf stehenden Patenten einzigartig. Patente stellen für viele Hersteller eine grundlegende Komponente dar, wenngleich keine scharf umrissene – Mobilfunk- oder Netzwerkhersteller müssen für viele Geschäftsbereiche zunächst Lizenzen aus dem Mobilfunkbereich erwerben, um bestimmte Geräte oder Komponenten überhaupt bauen zu dürfen. Auf der anderen Seite stehen Unternehmen wie InterDigital oder auch QualComm, die die Lizenzierung ihrer Patente zum Hauptgeschäftszweig ausgebaut haben. InterDigital hat inzwischen wie der Blackberry-Hersteller Research in Motion bestätigt, zu den Bietern um Nortels Nachlass zu gehören. Man sei an Patenten interessiert, die die Mobilfunkgeschwindigkeit und -kapazität erhöhen.

Vor diesem Hintergrund erscheint durchaus plausibel, dass auch Apple und Google zu den Bietern gehören. Mit dem neuen Material könnten sie besser im Lizenzierungsgeschäft Fuß fassen, das lange Zeit Nokia, Motorola, Ericsson, Qualcomm, Alcatel-Lucent und andere Zulieferer dominiert haben. Die Patente kann man aber auch als neue Munition im juristischen Kampf um Lizenzverletzungen sehen. Aktuell liegen diverse Unternehmen mit einem oder mehreren Mobilfunkmitspielern im Clinch, darunter Nokia, Qualcomm, HTC, Apple, Microsoft und Motorola. Die juristischen Auseinandersetzungen sehen manche Beobachter mittlerweile als richtungsweisend im Kampf um Marktanteile im Mobilfunkbereich.

Kürzlich hat beispielsweise der US-Computerhersteller Apple im Smartphone-Streit mit Motorola in einem von mehreren Verfahren vor US-Bundesgerichten seine Klageschrift um weitere zwölf Patente ergänzt. Apple wirft nun Motorola vor, insgesamt 24 Patente zu verletzen. Zusammen mit den von Motorola in einem weiteren Verfahren geltend gemachten 18 Patenten stehen in dem Zwist insgesamt 42 Patente zur Debatte. Den Patentstreit hatte Anfang Oktober Motorola mit mehreren Schlägen eröffnet.

Zu den Auseinandersetzungen um Smartphone-Patente siehe auch:

  • Florian Müller: Smart Wars. Um Smartphone-Technologien ist ein regelrechter Patentkrieg entbrannt.c't 24/10.

(dz)