UNIX-Entwickler erhalten Japan-Preis

Dennis Ritchie und Ken Thompson erhalten für ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Informatik insgesamt 600.000 Dollar Preisgeld.

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Von
  • Martin Kölling

Dennis Ritchie und Ken Thompson erhalten für ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Informatik insgesamt 600.000 Dollar Preisgeld.

Der Japan-Preis ist einer der wichtigsten Wissenschaftspreise der Welt. Und ohne die Preisträger in diesem Jahr würde es vermutlich viele wichtige Produkte nicht geben – vom Smartphone bis zum Internet-Server. In der Kategorie Information und Kommunikation wurden in diesem Jahr die Entwickler des Betriebssystems UNIX, Dennis Ritchie und Ken Thompson, ausgezeichnet. 600.000 Dollar Preisgeld dürfen sie mitnehmen.

Die Jury will damit die große Bedeutung der 1969 entwickelten Software sowie der parallel entstandenen Programmiersprache C für die Verbreitung von Computern, dem Internet und der Open-Source-Idee würdigen. "Es gibt wenige Software-Artefakte, die sich solange gehalten haben", sagte der 69-jährige Ritchie am Dienstag bei der Bekanntgabe der Preisgabe in Tokio per Videobeitrag. "Auch das iPhone ist im Kern Unix", brachte der heute 67-jährige Preisträger Thompson, der bei der Verleihung anwesend war, die Bedeutung ihrer Jugendtat auf den Punkt.

Die Preisträger waren sichtlich ergriffen. Er sei überrascht und geehrt gewesen, als er im Dezember den Anruf aus Japan bekam, erzählte Thompson, der heute als "Distinguished Engineer" bei Google arbeitet. Auch der Rentner Ritchie bekundete seinen Dank "für die bedeutende Ehre". Denn seitdem mehrere Japan-Preisträger, darunter auch der deutsche Peter Grünberg für seine Entdeckung des Riesenmagnetwiderstands, später den Nobel-Preis erhielten, hat der Japan-Preis international deutlich an Prestige gewonnen.

Dies ist ganz im Sinne des Stifters Konosuke Matsushita, dem Gründer des Panasonic-Konzerns. Er wollte mit dem 1985 initiierten Preis das asiatische Pendant zum Nobel-Preis schaffen. Im Unterschied zur schwedischen Auszeichnung wird bei der Auswahl der Preisträger stärker Gewicht auf die Auswirkungen einer Erfindung auf den Alltag der Menschen gelegt. Außerdem ist der Japan-Preis offen für Informatiker wie zuvor im Jahr 2008 die Entwickler des Internet-Protokolls Vint Cerf und Robert Kahn. Beim Nobel-Preis müssen Computerwissenschaftler bislang außen vor bleiben.

Offiziell lautet das Auswahlkriterium des Japan-Preises, dass die Preisträger zum Fortschritt von Wissenschaft und Technik sowie der Förderung von Weltfrieden und Wohlstand beigetragen haben müssen. UNIX erfüllt die Kriterien zweifellos, denn es bildete eine Basis, auf der sich die Computerindustrie entwickeln konnte. Die ersten Computer hatten kein Betriebssystem. In den 50er Jahren kamen die ersten Programme auf, um die Hardware einfacher nutzbar zu machen. Daraus entwickelten sich in den 60er Jahren erste Betriebssysteme, die allerdings noch sehr komplex waren.

In den berühmten, nun zu Alcatel Lucent gehörenden Bell Labs, die mehrere Nobel-Preisträger hervorgebracht haben, setzten sich daher zwei Twens an die Entwicklung eines einfacheren Betriebssystems mit einem hierarchischen Dateisystem für das Dokumentenmanagement. Dabei legten sie Wert auf Portabilität. Effizienz war nicht immer oberste Priorität, erinnerte sich Thompson. Damit legten sie den Grundstein für den Erfolg ihrer Idee.

"Die Entwicklung von Unix war einfach", erzählte Thompson. Es sei ein Produkt reiner Forschung gewesen. Es gab keine Erwartungen, keine Gewinnziele, keine Rücksichten auf Rückwärtskompatibilität. Und sie hatten Zeit, denn die Taschen der Bell Labs waren tief. In den 70er Jahren verbesserte das Team die Programmiersprache und schuf C, in dem Unix erneut geschrieben wurde. Damit konnte das System auf Computern in aller Welt genutzt werden. Gefördert wurde die Verbreitung der Software noch dadurch, dass die Bell Labs Unix und dessen Quellcode zumindest Universitäten und Forschungslaboren kostenlos zur Verfügung stellte.

Damit habe UNIX eine offene Kultur gestiftet, lobte die Japan-Preis-Jury. "Wie Bambussprossen nach dem Regen wurden Designkonzepte, die eines nach dem anderen emporklommen, als UNIX-Philosophie weiter getragen." Betriebssysteme nach diesem Baumuster sind bis heute weltweit vom Supercomputer bis zum Smartphone verbreitet. Doch für Thompson stellt sich nun die Frage, ob UNIX die nächste Entwicklungsstufe des Informationszeitalters überleben wird.

"Ich glaube von ganzem Herzen daran, dass der bisherige Weg der Computernutzung, bei dem der User quasi ein IT-Manager sein muss, am Ende ist", sagte Thompson. Nun folge Cloud Computing, bei dem der Rechner zum Terminal werde. "Wenn Unix den nächsten Schritt überleben soll, muss es zum Hirn für Hunderttausende Computer werden, die in der Wolke miteinander stellvertretend für Millionen Nutzer miteinander kommunizieren", so Thompson. Eine Prognose wagte er nicht: "Ich hinke immer der Entwicklung hinterher, ich konnte niemals vorhersagen, was im nächsten Jahr passieren würde."

Darüber hinaus wurden die japanischen Wissenschaftler Tadamitsu Kishimoto und Toshio Hirano mit dem Japan-Preis im Bereich Biowissenschaft und Medizin für die Entdeckung und Anwendung von Interleukin-6, einem Botenstoff zwischen menschlichen Zellen zur Regulierung von Entzündungsreaktionen, ausgezeichnet. Auf der Grundlage ihrer Forschung konnten Medikamente gegen rheumatoiden Arthritis entwickelt werden. ()