"Ein spannendes und erfolgreiches Jahr"

Axel E. Fischer ist der Vorsitzende der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Deutschen Bundestags. Ein Jahr nach Einsetzung der Expertenkommission zieht der Christdemokrat im Gespräch mit c't eine erste Bilanz.

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Von
  • Falk Lüke

Axel E. Fischer ist der Vorsitzende der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Deutschen Bundestags. Ein Jahr nach Einsetzung der Expertenkommission zieht der Christdemokrat im Gespräch mit c't eine erste Bilanz.

c't: Herr Fischer, vor einem Jahr wurde die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft eingesetzt. Wie würden Sie die Arbeit des vergangenen Jahres bewerten?

Fischer: Die 34 Mitglieder der Enquete-Kommission haben sich schnell zusammengefunden und arbeiten konstruktiv zusammen. Der Zwischenbericht wird die Arbeit des ersten Jahres dokumentieren. Alles in allem war es ein sehr spannendes und erfolgreiches Jahr. Wir haben neun öffentliche Sitzungen veranstaltet, davon vier als öffentliche Anhörungen. Außerdem haben wir mit der Internet-Kommission des französischen Parlaments eine Videokonferenz abgehalten, die wie unsere Sitzungen ebenfalls im Internet übertragen wurde. Die vier eingesetzten Projektgruppen Netzneutralität, Urheberrecht, Datenschutz und Medienkompetenz sind im Endspurt und werden bald ihre Ergebnisse vorlegen. Und nicht zuletzt haben wir die Öffentlichkeit in einer Art und Weise in unsere Arbeit einbezogen, wie das noch nie ein parlamentarisches Gremien zuvor getan hat.

Manchmal scheint es, als ob die Kommission sich etwas zu viel Arbeit aufgeladen hat. Ist das Restprogramm überhaupt innerhalb des kommenden Jahres zu schaffen?

Fischer: Wie alle Enquete-Kommissionen befasst sich natürlich auch die Internet-Enquete mit einem "weiten Feld". Die thematische Vielfalt ist groß und der Zeitplan ist sicherlich eine Herausforderung. Im Mai werden wir zunächst den Zwischenbericht vorlegen – die nächsten Projektgruppen sitzen schon in den Startlöchern. Denn der Deutsche Bundestag hat der Enquete-Kommission mit dem Einsetzungsbeschluss Aufgaben zugewiesen und Fristen gesetzt, die die Kommission einhalten wird.

Vor dem Start gab es die Befürchtung, dass die Kommission zwar zu den wichtigen Themen beraten könne, die wichtigen fachlichen Entscheidungen wie zum Beispiel zur Zukunft des Urheberrechts oder Datenschutzes aber in anderen Gremien getroffen werden. Hat sich die Enquete hier bewährt?

Fischer: Enquete-Kommissionen des Bundestages haben grundsätzlich die Aufgabe, Empfehlungen für den Gesetzgeber zu erarbeiten. Der laufende Gesetzgebungsprozess wird in anderen Gremien gestaltet, das wird von der Internet-Enquete auch nicht erwartet. Zu meinen persönlichen Erwartungen gehört aber, dass die Enquete sich mit übergeordneten Fragestellungen und grundsätzlichen Perspektiven auseinandersetzt. Dabei profitiert die Enquete-Kommission in besonderem Maße vom Expertenwissen ihrer sachverständigen Mitglieder. Wir führen vielfältige fruchtbare Diskussionen, die das gesamte Spektrum der gesellschaftlichen Veränderung durch die Digitalisierung und das Internet abdecken. Wer in all diesen Bereichen konkrete Gesetzesbeschlüsse erwartet, liegt allerdings falsch.

Das Thema Bürgerbeteiligung hat die Kommission, aber auch die Menschen außerhalb des Parlaments in den vergangenen Monaten sehr bewegt. Vor kurzem warf Ihnen ein Ältestenrat-Ausschuss, der für Anschaffungen im Soft- und Hardwarebereich zuständig ist, einen Knüppel zwischen die Beine: der geplante Einsatz von Adhocracy, einer Partizipationssoftware, wurde versagt - formal, weil es zu teuer war. Ist die Enquete-Kommission einfach zu jung und experimentell für den Deutschen Bundestag und seine Abläufe?

Fischer: Der Deutsche Bundestag hat vor einem Jahr in seinem Einsetzungsbeschluss für die Enquete einstimmig beschlossen, Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten, die Anregungen aus der Öffentlichkeit in geeigneter Weise in der Arbeit der Kommission einfließen lassen können. Der Einsatz einer Beteiligungs-Software wie Adhocracy ist ein Novum in der Arbeit einer Enquete-Kommission, und auch der Deutsche Bundestag als Verfassungsorgan betritt damit Neuland. Im Vorfeld war es mir deshalb wichtig, für Rechtssicherheit zu sorgen. Mit Adhocracy startet die Enquete-Kommission ein spannendes Experiment. Der experimentelle Charakter ist zugleich eine Chance, denn so können wir erproben, welche Beteiligungsformen geeignet sind. Die Erfahrungen der Enquete-Kommission werden Aufschluss über die Vorzüge und Nachteile dieses Instrumentes geben und eine fundierte Bewertung ermöglichen.

Sie haben in Ihrer Zeit als Vorsitzender der Kommission auch selbst einige Popularität erlangt, nicht immer nur nett gemeinte Kommentare im Internet bekommen. Wie gehen Sie selbst mit dem Meme "Axel E. Fischer fordert" um?

Fischer: Teilweise kann ich dem Humor im Internet durchaus etwas abgewinnen. Die Leute haben witzige Ideen. Wenn manches davon übers Ziel hinaus schießt, sehe ich das gelassen. Grundsätzlich sollten wir das Internet mit seinen mannigfaltigen Angeboten jedoch möglichst allen Menschen öffnen, und nicht diejenigen ausschließen, gerade auch von der politischen Teilhabe, die Wert auf gute Umgangsformen und die Beachtung des geltenden Rechtsrahmens legen.

Gibt es etwas, was Sie sich für die Enquete wünschen würden?

Fischer: In erster Linie wünsche ich mir, dass wir inhaltlich etwas vorlegen, das über den Tag hinaus weist. Das ist bezogen auf das Internet ein ziemlich unbescheidener Wunsch, denn die Politik ist den Entwicklungen bisher ja eher hinterher gelaufen. Insofern hielte ich es für einen großen Erfolg, wenn es uns gelingen würde, das Wissen und die Erfahrung unserer externen Sachverständigen möglichst effektiv für eine gute Politik nutzbar zu machen. Dabei schließe ich übrigens den 18. Sachverständigen, also die interessierte Öffentlichkeit, ausdrücklich mit ein. (vbr)